Schweiz soll «Folter-Kommandanten» ausliefern
Die gambische Regierung möchte den früheren Innenminister Ousman Sonko vor Gericht stellen. Seine Auslieferung kommt für das Bundesamt für Justiz nicht in Frage. Die Gründe.
Die Schweiz solle Sonko an die gambischen Behörden ausliefern, damit er für seine Vergehen verfolgt werden könnte, sagte Aussenminister, Ousainou Darboe im Gespräch mit der «Rundschau» des Schweizer Fernsehens SRF vom Mittwoch, dessen Manuskript der Nachrichtenagentur sda vorliegt. «Die Zeugen sind hier, die Betroffenen sind hier. Sie hätten die Befriedigung, dass ihm Gerechtigkeit widerfährt.»
Sonko könne mit einem «fairen und nüchternen Prozess» rechnen, sagte Gambias neuer Innenminister Mai Fatty. Mit der Hilfe Sonkos könnte man viele offene Fragen klären. In Gambia gebe es keine Todesstrafe mehr. Sollte eine Auslieferung an Gambia nicht möglich sei, so hoffen die Minister gemäss einem Beitrag auf der Webseite der «Rundschau», dass die Schweizer Behörden Sonko an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGh) in Den Haag überstellen.
Noch kein Gesuch eingegangen
Dass die Hoffnungen der Regierung um den neuen gambischen Präsidenten Adama Barrow erfüllt werden, scheint zur Zeit eher unwahrscheinlich. Ein Auslieferungsgesuch aus Gambia ist beim Bundesamt für Justiz (BJ) bisher noch nicht eingegangen, wie BJ-Sprecher Folco Galli auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte.
Auf jeden Fall sei die Auslieferung einer gesuchten Person «bei drohender Todesstrafe» ausgeschlossen, hiess es beim BJ weiter. Die Auslieferung wäre nur dann möglich, wenn Gambia eine glaubwürdige Garantie abgeben könnte, dass das Land die Todesstrafe weder beantragen noch aussprechen oder vollziehen werde.
Letzte Hinrichtung
Die letzte Hinrichtung führte Gambia 2012 durch. Seither existiere ein Moratorium und es seien offiziell auch keine Hinrichtungen mehr durchgeführt worden, sagte Alexandra Karle, Kommunkationschefin von Amnesty Schweiz, auf Anfrage. Eine rechtlich verbindliche Garantie, dass Gambia die Todesstrafe nicht mehr verhängen oder vollstrecken werde, gebe es in ihren Augen jedoch nicht.
Damit Sonko ausgeliefert werden könnte, müsste gemäss BJ das Land ausserdem über ein unabhängiges Justizsystem verfügen, und die dem Mann zur Last gelegte Straftat müsste auch in der Schweiz strafbar sein. In den letzten 30 Jahren habe es keine derartige Ersuchen aus Gambia mehr gegeben, hiess es beim BJ weiter.
Schweiz oder Den Haag
Gegenüber der «Rundschau» stellte Gambias Präsident Barrow «ernsthafte Reformen» im Justizsystem in Aussicht. Es gehe darum sicherzustellen, «dass die Gesetze eingehalten werden und die Unabhängigkeit der Justiz in höchstem Masse respektiert wird», sagte Barrow.
Sollte keine Auslieferung möglich sein, könnte Gambia die Schweiz noch um die Übernahme der Strafverfolgung gegen Sonko ersuchen. Damit könnte dem ehemaligen Innenminister unter gewissen Bedingungen im eigenen Land der Prozess gemacht werden, ohne dass er ausgeliefert werden müsste. Für eine Überstellung an Den Haag hingegen müsste das Gericht ein Ersuchen für eine Zusammenarbeit einreichen. Auch ein solches ist gemäss BJ noch nicht eingegangen.
Drei Monate Untersuchungshaft
Sonko war Ende Januar in einem kantonalen Durchgangszentrum im bernischen Lyss als Asylbewerber festgenommen worden. Seither befindet er sich in der Schweiz in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft klärt zur Zeit ab, ob ihm Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt werden können.
Die in Genf ansässige Nichtregierungsorganisation TRIAL wirft Sonko vor, an Folterungen in dem westafrikanischen Land beteiligt gewesen zu sein. Als Innenminister von 2006 bis 2016 und Chef von Polizei und Hafteinrichtungen habe er davon mindestens wissen müssen. Sonko sei einer der starken Männer im Regime von Yahya Jammeh gewesen, der kürzlich zurücktreten musste und ins Exil ging.
SDA/oli
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