Krieg in der Ukraine im News-Ticker: Mehrere Tote im Süden nach russischem Raketenangriff | Kriegsprotest: Razzia bei Moskauer Journalistin
Krieg in der Ukraine im News-Ticker – Mehrere Tote im Süden nach russischem Raketenangriff | Kriegsprotest: Razzia bei Moskauer Journalistin
Russland führt Krieg gegen die Ukraine. Wir berichten laufend.
Das Wichtigste in Kürze:
Gewaltige Explosionen haben am Dienstag eine wichtige russische Luftwaffenbasis auf der 2014 annektierten Halbinsel Krim erschüttert.
Nach diesen Detonationen auf der Krim hat der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski seinen Landsleuten eine Heimholung der verlorenen Halbinsel versprochen.
Moskau soll laut ukrainischen Angaben das besetzte AKW Saporischschja nach an die annektierte Halbinsel Krim anschliessen.
Russische Raketenangriffe haben im Süden der Ukraine mindestens 13 Menschen getötet.
Die USA liefern Kiew weitere Waffen und Munition im Wert von einer Milliarde Dollar. Unter anderem geht es um weitere Raketen für die Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars.
Visuelle Übersicht – Der Ukraine-Krieg in Grafiken und Karten
Nach dem Beschuss des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja hat das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bislang keine Hinweise auf freigesetzte Radioaktivität. «Es liegen keine Hinweise vor, dass in der Ukraine radioaktive Stoffe freigesetzt worden sein könnten», teilte das Amt den Zeitungen der Funke Mediengruppe mit. Alle vorliegenden radiologischen Messwerte bewegten sich demnach «im normalen Bereich». «Das BfS sieht keine akute Gefahr einer Freisetzung von radioaktiven Stoffen, teilt aber die Sorge um einen dauerhaft sicheren Betrieb des AKW Saporischschja.»
Saporischschja ist das grösste Akw Europas. Die von russischen Verbänden besetzte Anlage wurde in den vergangenen Tagen mehrfach beschossen. Kiew und Moskau geben sich gegenseitig die Schuld.
Nach den Angriffen auf das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja hat Präsident Wolodimir Selenski vor einer atomaren Katastrophe gewarnt und Vergleiche zur Tschernobyl-Katastrophe 1986 gezogen. «Die Welt sollte Tschernobyl nicht vergessen und sich daran erinnern, dass das Atomkraftwerk Saporischschja das grösste in Europa ist», sagte der ukrainische Staatschef am Montag. «Die Tschernobyl-Katastrophe war die Explosion eines Reaktors. Saporischschja hat sechs Reaktoren.»

Zugleich forderte Selenski neue Sanktionen gegen Russland. «Nötig sind neue Sanktionen gegen den terroristischen Staat und die gesamte russische Atomindustrie wegen der Schaffung der Gefahr einer atomaren Katastrophe.» (AFP)
Einer Gruppe gefangener ukrainischer Verteidiger des Stahlwerks Azovstal in Mariupol droht vor einem Gericht der von Russland kontrollierten Separatistenregion Donezk die Todesstrafe. In dem Strafprozess forderte die Staatsanwaltschaft am Montag die Höchststrafe, wie die offizielle Nachrichtenagentur der sogenannten Volksrepublik Donezk meldete. Ein Urteil solle am Mittwoch fallen.
Den Angeklagten, deren genaue Zahl nicht genannt wurde, werde die Tötung von mehr als 100 Menschen zur Last gelegt. Die Ukrainer gehörten zu einer Gruppe von Neonazis, die in dem nationalistischen Regiment Asow als eigene Einheit für Überfälle und Sabotage gedient hätten. In der ukrainischen Öffentlichkeit wird die Gruppe «Bären» genannt, in der russischen Presse ist von «Bären SS» die Rede.
Soldaten des Regiments Asow hatten sich noch bis Ende Mai in dem Stahlwerk verschanzt gehalten, als der Rest der Hafenstadt Mariupol schon von russischen Truppen erobert war. Dann gingen die letzten Verteidiger in Gefangenschaft. Die Ukraine bemüht sich seitdem um ihre Freilassung. Nach ukrainischen Berichten wurden viele Gefangene in russischer Hand misshandelt. Etwa 50 von ihnen wurden Ende Juli unter noch ungeklärten Umständen in dem Gefängnis Oleniwka bei Donezk bei einem Angriff getötet. (sda)
Der ukrainische Geheimdienst hat nach eigenen Angaben einen Anschlag russischer Spione auf Verteidigungsminister Oleksij Resnikow und den Chef des Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, vereitelt. Es seien «Mörder der russischen Spezialdienste verhaftet worden, die Attentate planten», teilte der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU am Montag auf dem Onlinedienst Telegram mit. Ein zugleich veröffentlichtes SBU-Video zeigt, wie eine bewaffnete Gruppe zwei Männer in Zivil überwältigt und mit Handschellen fesselt.
Die beiden Männer wurden den Angaben zufolge in Kowel im Nordwesten der Ukraine verhaftet. Einer der mutmasslichen Verschwörer sei aus Russland über Belarus ins Land gekommen. Sie sollen die «physische Liquidierung» von Resnikow und Budanow vorbereitet haben. Dafür sollen sie für jeden «Mord» bis zu 150'000 Dollar Belohnung in Aussicht gestellt bekommen haben. (afp)
Die USA wollen die Ukraine mit zusätzlicher Militärhilfe im Umfang von einer Milliarde Dollar unterstützen. Dies gab am Montag das US-Verteidigungsministerium bekannt. Unter anderem sollten weitere Raketen für die Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars geliefert werden, welche von der ukrainischen Armee als besonders wirkungsvoll im Kampf gegen die russischen Invasionstruppen angesehen werden.

Die Mehrfachraketenwerfer Himars, die auf bis zu 80 Kilometer entfernte Ziele schiessen können, sind aus ukrainischer Sicht entscheidend im Kampf gegen Russland. Mit ihnen können auch Stützpunkte jenseits des Frontverlaufs angegriffen werden. Die neue US-Militärhilfe umfasst nach Pentagon-Angaben zudem Boden-Luft-Raketen zur Abwehr von russischen Flugzeugen und Raketen, Panzerabwehrraketen sowie andere Munition.
Die Weltbank teilte ihrerseits am Montag mit, dass sie die durch den russischen Angriffskrieg vielerorts massiv zerstörte Ukraine mit weiteren 4,5 Milliarden Dollar unterstützen wolle. Mit dem von den USA gestellten Geld solle die Regierung in Kiew unter anderem Renten und Gehälter zahlen können.
Um eine weitere Verschlechterung der Lebenssituation der Menschen zu verhindern, müssten unter anderem die Gesundheits-, Bildungs- und Sozialdienste in der Ukraine aufrechterhalten werden, erklärte die Weltbank. Dazu sollten die neuen Hilfsgelder beitragen. Diese sind Teil eines von den USA über die Weltbank zugesagten Hilfspaketes für die Ukraine im Gesamtumfang von 8,5 Milliarden Dollar. (afp)
Im Ukraine-Krieg sind nach Schätzungen des US-Verteidigungsministeriums auf russischer Seite 70'000 bis 80'000 Menschen getötet oder verletzt worden. Die russische Armee habe ausserordentliche Verluste gemacht, weil das ukrainische Militär gut funktioniere und viel Unterstützung bekommen habe, sagte der Pentagon-Spitzenbeamte Colin Kahl am Montag. Er bezeichnete den Krieg als den «intensivsten konventionellen Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg». Aktuelle Angaben der offiziellen Stellen in Russland zu Opferzahlen gibt es nicht.

Die Ukrainer sehe er derzeit klar im Vorteil, insbesondere weil sie den russischen Streitkräfte hinsichtlich ihrer Moral und ihres Kampfeswillen überlegen seien, sagte Kahl. «Für sie steht existenziell viel auf dem Spiel. Sie kämpfen um das Überleben ihres Landes.» Kahl sagte weiter, der russische Präsident Wladimir Putin habe keines seines Ziele erreicht. «Sein übergeordnetes Ziel war es, das gesamte Land zu überrennen, einen Regimewechsel in Kiew herbeizuführen und die Ukraine als unabhängige, souveräne und demokratische Nation auszulöschen. Nichts von alledem ist geschehen.» (sda)
Durch die Kampfhandlungen um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist es nach Erkenntnissen der USA bislang nicht zu einer Freisetzung von Radioaktivität gekommen. «Wir beobachten die Aktivitäten weiterhin genau: Das Kraftwerk, das Energieministerium und die Nationale Behörde für nukleare Sicherheit berichten, dass die Strahlungssensoren weiterhin Daten liefern – und glücklicherweise haben wir keine Anzeichen für erhöhte oder abnormale Strahlungswerte festgestellt», sagte die Sprecherin des Weissen Hauses, Karine Jean-Pierre, am Montag.
Die USA forderten Russland auf, alle militärischen Operationen in oder in der Nähe von ukrainischen Atomanlagen einzustellen und die volle Kontrolle an die Ukraine zurückzugeben. Zudem unterstützten die USA weiterhin die Bemühungen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), ihr Mandat zur technischen Sicherheitsüberwachung zu erfüllen und die Ukraine bei Massnahmen zur nuklearen Sicherheit zu unterstützen, sagte Jean-Pierre.
Laut Ukraine verkabeln Russen AKW mit Sprengstoff
Wie das ukrainische Zentrum für strategische Kommunikation und Informationssicherheit im Ministerium für Kultur und Informationspolitik am Montagmittag mitteilte, sollen russische Truppen Energieeinheiten des Kernkraftwerks Saporischschja mit Sprengstoff verkabelt haben.
Demnach soll der Befehlshaber der im AKW stationierten Truppe erklärt haben, dass man nun jederzeit bereit sei das AKW in die Luft zu sprengen. «Das wird entweder russisches Land sein oder verbrannte Erde», wird Generalmajor Wassiljew zitiert.
Zudem soll er seine Soldaten dazu aufgefordert haben, dass sie jeden noch so schwierigen Befehl «ehrenvoll» ausführen müssten. Auch der Direktor des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Andrij Jusow, sagte, glaubwürdigen Quellen zufolge hätten russische Soldaten Sprengstoff im Kernkraftwerk deponiert. Unabhängig lassen sich die Angaben derzeit jedoch nicht überprüfen.
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Russlands Präsident Wladimir Putin verzichtet in diesem Jahr auf eine Rede vor der UNO-Vollversammlung im September.
Die russische Delegation für die diesjährige Sitzung führt Aussenminister Sergej Lawrow an, wie aus einem am Montag veröffentlichten Präsidentenerlass hervorgeht. Der Kremlchef werde in diesem Jahr auch keinen virtuellen Auftritt vor der Versammlung haben, teilte sein Sprecher Dmitri Peskow zudem mit.

Zuletzt trat Putin bei der 75. UNO-Vollversammlung im September 2020 aufgetreten und machte Werbung für den russischen Covid-Impfstoff Sputnik V. In diesem Jahr dürfte der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine eins der zentralen Themen der Versammlung sein. Kurz nach Kriegsbeginn hatten die Vereinten Nationen schon eine Dringlichkeitssitzung einberufen, bei der die grosse Mehrheit der Nationen Russland zur Einstellung der Kampfhandlungen aufrief. Bei der regulären Vollversammlung sollen US-Präsident Joe Biden und der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski auftreten.
Putins Verzicht auf die Reise nach New York ist allerdings noch kein sicheres Indiz dafür, dass der russische Präsident auch nicht zum G20-Gipfel in Indonesien erscheint. Westliche Politiker wollen sein Erscheinen dort verhindern, der Kreml selbst hat eine Teilnahme bislang offen gelassen. (sda)
Der Ende Juli vereinbarte Gas-Notfallplan der EU wird am Dienstag in Kraft treten. Der Plan wurde am Montag im Amtsblatt der EU veröffentlicht und soll demnach ab dem Folgetag gelten. Die Verordnung sieht freiwillige Einsparungen im Winter in Höhe von 15 Prozent pro Land vor, verglichen mit dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre dieser Periode.
Wie die 27 EU-Länder ihre Nachfrage senken, bleibt ihnen überlassen. In der Verordnung sind zahlreiche Ausnahmen für Staaten sowie «kritische Wirtschaftszweige» wie etwa die Lebensmittelindustrie vorgesehen. Ob das geplante Einsparziel von insgesamt 45 Milliarden Kubikmeter Gas so erreicht werden kann, ist unklar.
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Der frühere deutsche Kanzler Gerhard Schröder hat mit seinem Engagement für russische Staatskonzerne nicht gegen die Parteiordnung der SPD verstossen. Ein Verstoss könne dem 78-Jährigen nicht nachgewiesen werden, entschied die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover am Montag in erster Instanz.
Die Kommission sieht damit keine Grundlage für eine Rüge oder gar einen Parteiausschluss. Gegen die Entscheidung kann binnen zwei Wochen Berufung eingelegt werden. Schröder hatte Deutschland von 1998 bis 2005 regiert. Er steht seit langem wegen seiner Nähe zu Russland in der Kritik: Schröder gilt als enger Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin und war über Jahre für russische Energiekonzerne aktiv. Nach Kremlangaben war Schröder Ende Juli in der russischen Hauptstadt Moskau.
Schröder noch nicht über dem Berg
Gleich 17 SPD-Gliederungen hatten das Parteiordnungsverfahren gegen Schröder beantragt, hinzu kamen weitere Anträge, die den formalen Vorgaben nicht entsprachen. Die Schiedskommission in Hannover hatte das Verfahren Mitte Juli parteiöffentlich, aber unter Ausschluss der Medien verhandelt. Schröder selbst war zu dem Termin weder persönlich erschienen noch hatte er einen Anwalt geschickt.

Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover ist für das Verfahren zuständig, weil Schröder Mitglied des dazu gehörenden SPD-Ortsvereins Oststadt-Zoo ist. Es sind jedoch noch bis zu zwei weitere Instanzen möglich: beim SPD-Bezirk Hannover sowie bei der SPD-Bundesschiedskommission. Eine Berufung müsste innerhalb von zwei Wochen schriftlich eingelegt und binnen eines Monats schriftlich begründet werden.
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Ungeachtet des seit bald einem halben Jahr dauernden Kriegs gegen die Ukraine verzichtet der Kreml bislang auf eine offene Mobilisierung für die Armee – in der Provinz hingegen bilden die Behörden regionale Freiwilligenbataillone. «Nach unseren Berechnungen wurden in mindestens 20 Regionen Russlands schon mehr als 40 solcher Einheiten aufgestellt», berichtete die Tageszeitung «Kommersant» am Montag. Regionale Behörden und Veteranenverbände machen schon seit Monaten dafür Werbung.
Die Grösse der Einheiten unterscheidet sich nach Angaben des «Kommersant» mitunter deutlich. So werden für ein motorisiertes Schützenbataillon des Amurgebiets in Russlands Fernem Osten 400 bis 500 Kämpfer gesucht. Das Gebiet Perm nahe dem Ural wirbt Freiwillige für gleich zwei Einheiten; ein Schützenkompanie mit 90 Mann und ein Panzerbataillon mit 160 Mann. Auch die Bezahlung variiert. Am meisten verspricht Perm mit umgerechnet 5000 Euro pro Monat.

Expertinnen und Experten sehen in den Initiativen den Versuch von Gouverneuren, dem Kreml ihre Loyalität zu beweisen. Eine mögliche Generalmobilmachung im ganzen Land schätzen viele als problematisch für Präsident Wladimir Putin ein, da er damit Probleme beim Krieg eingestehen könnte, der in Moskau nur als «militärische Spezial-Operation» bezeichnet wird und offiziell «nach Plan» läuft. Die Rekrutierung auf regionaler Ebene soll Experten zufolge helfen, Personalmangel an der Front zu verringern.
Der Kreml sieht die Schuld für die Eskalation rund um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja bei der Führung in Kiew. Der Westen müsse Präsident Wolodimir Selenski unter Druck setzen, hiess es am Montag aus Moskau. «Wir rechnen damit, dass die Länder, die absoluten Einfluss auf die ukrainische Führung haben, diesen nutzen, um weiteren Beschuss auszuschliessen», sagte Kremlsprecher Dimitri Peskow am Montag in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Das in der südukrainischen Stadt Enerhodar gelegene und von Russlands Truppen besetzte Kraftwerk war in den vergangenen Tagen mehrfach beschossen worden. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld.
Aus Kiew hiess es, die Russen hätten das Gelände selbst beschossen und ihre eigenen Mitarbeiter zuvor in Bunkern in Sicherheit gebracht. Das Verteidigungsministerium in Moskau hingegen sprach mit Blick auf den jüngsten Beschuss vom Sonntag von einem «neuen atomaren Terroranschlag des Selenski-Regimes». Durch die Angriffe habe die Leistungskraft zweier Blöcke von Europas grösstem Kraftwerk gesenkt werden müssen. Unabhängig können die Angaben beider Seiten nicht überprüft werden. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) beklagt seit längerem, auf Zugang zu dem Gelände zu warten.
Kremlsprecher Peskow selbst sprach von einer «höchst gefährlichen Aktivität» mit schlimmstenfalls katastrophalen Folgen für ganz Europa. Mit seiner Forderung an den Westen, auf die ukrainische Führung einzuwirken, machte er einmal mehr deutlich, dass es zwischen Moskau und Kiew nach dem Abbruch der Friedensverhandlungen im Mai keinen Draht mehr gibt. Neue Verhandlungen seien nicht in Sicht.
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Im Rahmen des internationalen Getreideabkommens hat erstmals seit Kriegsbeginn wieder ein Frachtschiff im ukrainischen Hafen Piwdennyj abgelegt. Die «Sacura» sei nun auf dem Weg nach Italien, teilte die ukrainische Regierung am Montag auf Facebook mit.
Das Schiff fahre in einem Konvoi mit dem Frachter «Arizona», der vom Hafen Tschornomorsk in Richtung Niederlande unterwegs sei. Insgesamt befinden sich demnach 60'000 Tonnen Agrarprodukte an Bord der Schiffe.
Damit werden nun alle drei in dem Abkommen erwähnten Häfen in der südukrainischen Grossstadt Odessa und Umgebung wieder genutzt. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar waren Agrarexporte über die ukrainischen Schwarzmeerhäfen blockiert.
In der ostukrainischen Provinz Donezk toben weiter schwere Kämpfe bei den Städten Bachmut und Awdijiwka. Östlich und südlich der Nachbarstädte Soledar und Bachmut seien russische Angriffe abgewehrt worden, teilte der ukrainische Generalstab am Montag auf Facebook mit.
Ebenso seien russische Vorstösse östlich von Siwersk und südwestlich der Stadt Awdijiwka gescheitert. Unabhängig überprüfen liessen sich diese Angaben zunächst nicht.
Bei der von russischen Truppen besetzten Grossstadt Cherson im Süden startete die ukrainische Armee erneut Gegenangriffe mit Raketen auf die strategisch wichtige und bereits zuvor beschädigte Antoniwka-Brücke über den Fluss Dnipro. Das bestätigte die Sprecherin des ukrainischen Südkommandos, Natalija Humenjuk.
Zudem sei die Strasse über den Dnipro-Staudamm bei Nowa Kachowka mit Raketen beschossen worden. Seit der Beschädigung der drei einzigen Flussquerungen beim russisch besetzten Unterlauf des Dnipro Ende Juli ist der Nachschub für die russischen Truppen auf dem rechten Ufer erheblich gestört.
Erstmals seit Abschluss des internationalen Getreideabkommens hat ein Frachter mit Mais aus der Ukraine seinen Zielhafen in der Türkei erreicht. Das unter türkischer Flagge fahrende Schiff «Polarnet» sei am Montag in Kocaeli am Marmara-Meer angekommen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.
Die Wiederaufnahme der ukrainischen Getreideexporte gilt als wichtig für die Stabilisierung von Lebensmittelpreisen auf dem Weltmarkt. Die Ukraine zählte bislang zu den wichtigsten Getreide-Exporteuren. Die mit 12'000 Tonnen beladene «Polarnet» war am Freitag im Hafen Tschornomorsk gestartet.
Bisher haben dem türkischen Verteidigungsministerium zufolge zehn Getreideschiffe ukrainische Häfen verlassen. Der Frachter «Razoni» war am Montag vergangener Woche als erster mit dem Ziel Libanon aufgebrochen. Dessen Ankunft verzögert sich jedoch weiter.
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste setzt Russland in der Ukraine höchstwahrscheinlich hochgefährliche Antipersonenminen ein. Moskau wolle damit wohl seine Frontlinien in der ukrainischen Donbass-Region verteidigen, hiess es am Montag in einem Tweet des britischen Verteidigungsministeriums. Die Minen seien sowohl für Truppen als auch die lokale Zivilbevölkerung extrem gefährlich.
Die Minen des Typs PFM-1 – auch Schmetterlingsmine genannt – seien «zutiefst umstritten», hiess es. Im Afghanistan-Krieg hätten sie furchtbare Auswirkungen gehabt, Kinder hätten sie dort für Spielzeuge gehalten. Es sei ausserdem wahrscheinlich, dass Russland seinen Bestand aus Sowjetzeiten nutze, der über die Jahre marode geworden und damit nun noch unberechenbarer sei, hiess es in der Mitteilung der Briten. Dies stelle ein erhebliches Risiko für Spezialkräfte dar, die die Gebiete entminen.

Die weissrussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja rechnet mit starkem Widerstand gegen eine mögliche volle Teilnahme ihres Landes an Russlands Krieg gegen die Ukraine. «Unsere Partisanenbewegung wird das sabotieren. Es werden Befehle verweigert werden. Oder die weissrussischen Soldaten ergeben sich dort gleich», sagt die Politikerin.

Zum Artikel: Tichanowskaja rechnet mit Widerstand gegen Ukraine-Krieg
UNO-Generalsekretär António Guterres hat jegliche Angriffe auf Atomanlagen als «selbstmörderisch» verurteilt. Er hoffe, dass die Angriffe auf das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja aufhörten und die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) Zutritt zu dem Kraftwerk erhalte, sagte Guterres am Montag in Tokio nach einem Besuch in Hiroshima am Wochenende, wo er an einer Gedenkfeier zum 77. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf die japanische Stadt im Zweiten Weltkrieg teilgenommen hatte.

IAEA-Generalsekretär Rafael Grossi hatte am Wochenende vor einer «sehr realen Gefahr einer Atomkatastrophe» gewarnt, nachdem das Akw Saporischschja beschossen worden war. Teile der Atomanlage wurden laut Betreiber Energoatom bei dem Angriff «erheblich beschädigt», ein Reaktor wurde heruntergefahren. Russland und die Ukraine machen sich gegenseitig für den Beschuss verantwortlich.
Präsident Wolodimir Selenski deutete an, dass weitere Waffen an die Ukraine geliefert werden könnten. «Nächste Woche erwarten wir Neuigkeiten von Partnern bezüglich der Hilfspakete. Gute Nachrichten!», sagte Selenski am Sonntag in seiner Videoansprache. Schlüssel der erfolgreichen Verteidigung seien nach wie vor Waffenlieferungen aus dem Westen.
Nach Angaben Selenskis verlaufen die härtesten Kämpfe im Donbass. Die Lage dort bleibe schwierig. Die Verteidigung von Orten wie «Awdijiwka, Pisky, Marjinka und Bachmut erfordern unsere Hauptanstrengung und leider viele Leben», sagte er.
Eskalation um AKW Saporischschja droht
Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage warfen sich Moskau und Kiew gegenseitig den Beschuss der Anlage vor. Die ukrainische Armee habe in der Nacht zum Sonntag eine Rakete auf das AKW-Gelände abgefeuert, meldete die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf die Besatzungsverwaltung der Stadt Enerhodar, in der das Kraftwerk liegt.

Die ukrainische Atombehörde Enerhoatom hingegen beschuldigte die Russen, das unter ihrer Kontrolle stehende Gelände selbst beschossen zu haben. Die Angaben beider Seiten liessen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Die Internationale Atombehörde fordert von beiden Seiten, unabhängigen Atomexperten den ungehinderten Zugang zu der Anlage zu ermöglichen.
Erster Frachter kommt in ukrainischem Hafen an
Nach dem Ende der russischen Seeblockade hat erstmals wieder ein Frachtschiff in einem ukrainischen Hafen angelegt. «Der Schüttgutfrachter Fulmar S ist im Hafen Tschornomorsk angekommen und bereit zum Beladen», teilte das ukrainische Infrastrukturministerium auf seinem Telegram-Kanal mit. Die in den letzten Tagen aus den ukrainischen Häfen ausgelaufenen Schiffe hingen dort bereits seit Kriegsbeginn fest.
Die Wiederaufnahme des Schiffsverkehrs und der damit verbundenen Getreidelieferungen aus der Ukraine sind wichtig für die Stabilisierung der Lebensmittelpreise weltweit. Mit dem Einlaufen der Fulmar S habe der Getreidekorridor nun einen «Ein- und Ausgang», erklärte Infrastrukturminister Olexander Kubrakow.
Amnesty bedauert «Schmerz» in Kiew nach umstrittenen Bericht
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verteidigte ihren umstrittenen Bericht zur Kriegsführung der ukrainischen Armee und erklärte zugleich ihr Bedauern über dessen Auswirkungen. «Amnesty International bedauert tief den Schmerz und Ärger, den unsere Pressemeldung über die Kampftaktiken des ukrainische Militärs ausgelöst hat», heisst es in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Statement der Organisation. Amnesty hält dabei an den wichtigsten Erkenntnissen des Berichts fest.
In dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht hatte Amnesty der ukrainischen Armee vorgeworfen, sich in Wohnvierteln zu verschanzen und damit Zivilisten unnötig in Gefahr zu bringen.
Roger Waters versus Jessica Chastain
Derweil sorgte der britische Musiker Roger Waters, Ex-Frontman von Pink Floyd, mit Äusserungen zum russischen Angriffskrieg für Empörung in Kiew und für Beifall in Moskau – und rief ansonsten Irritationen hervor. Hatte er zu Kriegsbeginn den russischen Angriff noch als Akt eines Gangsters bezeichnet, schob er nun die Schuld auf US-Präsident Joe Biden, was Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew freute. «Es gibt noch adäquate Leute im Westen. Pink Floyd forever», schrieb dieser auf seiner Seite im sozialen Netzwerk vkontakte.

Oscar-Preisträgerin Jessica Chastain blieb ihrer proukrainischen Haltung treu. In Kiew besuchte sie ein Kinderkrankenhaus und später die Kiewer Vorstadt Irpin, die durch russische Kriegsverbrechen bekannt wurde. Am Abend wurde sie wie andere Hollywood-Grössen zuvor von Präsident Selenski empfangen.
Das wird am Montag wichtig
Im Gebiet Donezk verteidigt die ukrainische Armee weiter den letzten grossen Ballungsraum, der im Donbass noch unter ihrer Kontrolle steht. Insbesondere die strategisch wichtige Kleinstadt Bachmut steht stark unter Druck russischer Angriffe. In den USA wird derweil Medienberichten zufolge ein neues Hilfspaket für die Ukraine geschnürt. Erwartet wird, dass Joe Biden heute weitere Waffenlieferungen im Wert von einer Milliarde Dollar ankündigt.
Libanon wartet hingegen weiter auf das erste mit ukrainischem Getreide beladene Schiff. Der Frachter «Razoni» war am vergangenen Montag aus dem ukrainischen Schwarzmeerhafen von Odessa ausgelaufen.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat angesichts schwerer Kämpfe im Donbass seinen Landsleuten neue Waffenlieferungen angedeutet. «Nächste Woche erwarten wir Neuigkeiten von Partnern bezüglich der Hilfspakete. Gute Nachrichten!», sagte Selenski am Sonntag in seiner täglichen Videoansprache. Schlüssel der erfolgreichen Verteidigung seien nach wie vor Waffenlieferungen aus dem Westen, mahnte er.
Nach Angaben Selenskis toben die härtesten Kämpfe im Donbass. Die Lage dort bleibe schwierig. Die Verteidigung von Orten wie «Awdijiwka, Pisky, Marjinka und Bachmut erfordern unsere Hauptanstrengung und leider viele Leben», konstatierte er.
Zudem erneuerte er seine Vorwürfe an Russland, das Atomkraftwerk Saporischschja beschossen zu haben. Darauf müsse eine «prinzipielle Antwort der Weltgemeinschaft» erfolgen, forderte er. Das Kraftwerk war am Sonntag erneut unter Feuer geraten. Russland und die Ukraine geben sich gegenseitig die Schuld für den Beschuss. Die Internationale Atombehörde fordert von beiden Seiten, internationalen Atomexperten den ungehinderten Zugang zu der Anlage zu ermöglichen.

Auf das Treffen mit Oscar-Preisträgerin Jessica Chastain ging der ukrainische Präsident nur am Rande ein. Sie habe sich in der Kleinstadt Irpin mit eigenen Augen ein Bild von den Folgen der russischen Besatzung verschafft. «Ihre Geschichte über den Krieg wird definitiv Gehör finden», gemeinsam werde eine wichtige humanitäre Aktion vorbereitet, kündigte Selenski an, ohne Details zu nennen. In den vergangenen Wochen waren mehrfach bekannte internationalen Schauspieler in Kiew zu Gast.
SDA/AFP/Redaktion Tamedia / SDA / AFP
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