Aggressive Werbung für Kleinkredite soll verboten werden
Wer aggressiv für Kleinkredite wirbt, muss dafür möglicherweise bald eine happige Busse bezahlen. Der Nationalrat will mit einem neuen Gesetz insbesondere Jugendliche vor Verschuldung schützen.

Der Nationalrat will aggressive Werbung für Kleinkredite verbieten. Damit will er besonders Jugendliche vor Verschuldung schützen. In der Sondersession hat der Nationalrat eine entsprechende Gesetzesvorlage angenommen. Wer gegen das Verbot aggressiver Werbung verstösst, soll mit Bussen von bis zu 100'000 Franken bestraft werden.
Was aggressive Werbung ist, legt das Gesetz allerdings nicht fest. Der Nationalrat setzt auf Selbstregulierung: Was als aggressive Werbung gilt, soll die Branche selbst definieren.
Stimmt nach dem National- auch der Ständerat dem Gesetz zu, muss die Branche eine Konvention verfassen. Die Kreditbranche will gemäss dem Entwurf für die Konvention beispielsweise Werbung für Sofortkredite unterlassen, die darauf hindeutet, dass der Kredit ohne Kreditfähigkeitsprüfung erhältlich ist. Verzichten will die Branche auch auf das Verteilen von Kreditantragstalons auf der Strasse oder von Werbecoupons, die an Banknoten erinnern. Kommt innert angemessener Frist keine Vereinbarung zustande, regelt der Bundesrat, was unter das Verbot fällt.
Auszug aus dem Betreibungsregister
Der Nationalrat ist weitgehend den Vorschlägen der Wirtschaftskommission gefolgt und hat auch Verschärfungen bei der Kreditfähigkeitsprüfung beschlossen. Bisher muss die Kreditfirma einzig bei Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben der Konsumenten deren Richtigkeit überprüfen.
Neu soll die Kreditfirma generell Unterlagen einfordern können; etwa einen Auszug aus dem Betreibungsregister oder einen Lohnnachweis. Dazu verpflichten wollte der Nationalrat die Kreditfirmen aber nicht, einen entsprechenden Antrag lehnte er ab.
Nein sagte er ausserdem zu Verschärfungen bei Expresskrediten, die rasch zurückgezahlt werden müssen. Die Befürworter argumentierten vergeblich, hier gebe es eine Gesetzeslücke
SVP und FDP dagegen
Gegen die Regulierung stellten sich die SVP und die FDP. Sie wollten gar nicht erst auf die Vorlage eintreten. Die Branche handle auch ohne Gesetz, argumentierte Hansjörg Walter (SVP, TG). Andrea Caroni (FDP, AR) sprach von einem «unnötigen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit».
Caroni gab zu bedenken, dass Jugendliche gemäss Statistiken kein besonders hohes Verschuldungsrisiko hätten. Ausserdem seien die Regeln für die Kreditvergabe schon heute streng. Wenn schon, sollte man bei der Bildung ansetzen. Viele, die sich verschuldeten, unterschätzten nämlich den Zinseszinseffekt. Im Zentrum stehe die Eigenverantwortung der Kreditnehmer.
Flat-TV und Himmelbett
Für die Regulierung sprachen sich die Mehrheit der CVP-Fraktion, BDP, Grünliberale sowie SP und Grüne aus. «Wir leben in einer verlockenden Konsumwelt», stellte Prisca Birrer-Heimo (SP, LU) fest. «Reicht's für einen Flat-TV und ein Himmelbett?», frage ein Kreditunternehmen auf einem Werbeplakat. Die Antwort: «Es gibt immer eine Lösung. Credit now.»
Ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung lebe mit Schulden, gab die Konsumentenschützerin zu bedenken. Konsumkredite spielten dabei eine grosse Rolle. Das Gesetz sei eine Light-Version, es beinhalte kein generelles Verbot.
Justizministerin befürwortet Verbot
Das Gesetz sei nötig, befand auch Louis Schelbert (Grüne, LU). Zwar liege ein Selbstregulierungsentwurf aus der Branche vor. Aber die Branche mache am Ende nur, was sie müsse. Thomas Maier (GLP, ZH) betonte, dem Rat liege eine «echt liberale Lösung» vor statt des ursprünglich geplanten radikalen Verbots. Umso unverständlicher sei es, dass die liberalen Partner diesen Königsweg nicht beschreiten wollten.
Für die Regulierung sprach sich auch Justizministerin Simonetta Sommaruga aus. Die Gesellschaft zahle bei Überschuldung nicht nur die sozialen Kosten, sondern auch die finanziellen, gab sie zu bedenken. Wer überschuldet sei, zahle nämlich als erstes die Krankenkassen und die Steuern nicht mehr. Manche seien am Ende auf Sozialhilfe angewiesen.
19 Prozent mit Konsumkredit
Der Nationalrat hiess die Vorlage, die auf eine parlamentarische Initiative von Josiane Aubert (SP, VD) zurückgeht, mit 123 zu 58 Stimmen bei 3 Enthaltungen gut. Nun ist der Ständerat am Zug.
Gemäss dem Bundesamt für Statistik lebten im Jahr 2008 19 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren in einem Haushalt, der mindestens einen Konsumkredit aufgenommen hat. Bei den 30- bis 49-Jährigen waren es 18,2 Prozent. In beiden Altersgruppen lebten rund 9 Prozent in einem Haushalt mit einem kritischen Volumen an Kontoüberzügen oder Zahlungsrückständen.
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