Antisemitismus? Vorwürfe gegen Professor laut EGMR übertrieben
Die Richter in Strassburg haben der Schweiz recht gegeben. Das Recht auf Meinungsäusserung wurde nicht verletzt.

Die Genfer Organisation Cicad verletzte die Persönlichkeitsrechte eines Universitätsprofessors, als sie diesen des Antisemitismus bezichtigte. Die Schweizer Justiz hat die Vereinigung, die sich selbst gegen Antisemitismus einsetzt, deshalb zivilrechtlich verurteilen dürfen. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden.
In dem am Dienstag publizierten Urteil hält der EGMR fest, dass die Schweiz nicht das Recht auf Meinungsäusserung verletzt habe. Es hat darüber befinden müssen, wie der Schutz der Persönlichkeitsrechte und die Meinungsäusserungsfreiheit in diesem Fall zu gewichten sind.
Vorwort eines Buchs antisemitisch?
Die Organisation «Coordination intercommunautaire contre l'antisémitisme et la diffamation» (Cidad) hatte einen Genfer Professor der Politikwissenschaften des Antisemitismus bezichtigt. Er hatte das Vorwort des Buchs «Israël et l'autre» geschrieben. Darin wird in Aufsätzen verschiedener Autoren das Verhältnis der jüdischen Religion in der Politik des Staates Israel erörtert.
Der Professor hielt fest, dass die Identität des israelischen Staates mit der jüdischen Religion dazu führe, dass Israel nicht als ein Staat wie jeder andere betrachtet werden könne. Präsentiere sich Israel in der internationalen Szene, so werde auch der jüdische Glaube präsentiert.
Diese Äusserung bezeichnete die Cicad in einem Newsletter auf ihrer Internetseite im Jahr 2005 als antisemitisch. Der Professor erhielt darauf hin die Möglichkeit, auf der gleichen Website dazu Stellung zu nehmen. Die Cicad publizierte andernorts aber praktisch die gleichen Anschuldigungen gegen den Politikwissenschaftler.
EGMR: Cicad hat übertrieben
Dieser klagte wegen Persönlichkeitsverletzung und erhielt Recht von der Schweizer Justiz. Auch der EGMR kommt zum Schluss, dass die Persönlichkeit des Betroffenen verletzt wurde. Insbesondere deshalb, weil dem Universitätsprofessor unterstellt wurde, dass er mit dem Inhalt seines Vorworts gegen Schweizer Recht verstossen habe.
Das EGMR hält fest, dass die kritisierten Passagen des Vorworts sich nicht gegen die jüdische Glaubensgemeinschaft wendeten. Es scheine zudem, dass die Cicad übertrieben habe, als sie die Textstellen als antisemitisch bezeichnete.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch