Bundesamt ignorierte den Rat des Richters
Das Bundesamt für Migration fährt eine scharfe Rüge ein: Es hat sich bei der Ausweisung von Ausländern nicht an die Vorgaben der Richter gehalten – und damit Rekurse provoziert.

Das Bundesamt für Migration (BFM) wird in einem Entscheid des Bundesverwaltungsgericht harsch kritisiert. Es soll bei der Wegweisung von Ausländern in Risikogebiete die Vorgaben des Gerichts missachtet haben.
Das Bundesverwaltungsgericht hält laufend fest, in welche Länder Ausweisungen nach aktueller Lage zumutbar sind. Das BFM wird nun aufgefordert, künftig diesen Vorgaben des Gerichts zu folgen und so unnötige Rekurse zu vermeiden.
BFM war bereits gewarnt
Der konkrete Fall betrifft einen Afghanen aus der Bergregion Hazarajat im Zentrum des Landes, dessen Asylgesuch 2006 vom BFM abgewiesen worden war. Das BFM hatte gleichzeitig seine Wegweisung verfügt. Der Mann gelangte dagegen an das Bundesverwaltungsgericht.
Bereits im Laufe des Verfahrens hatte ein Experte des Gerichts das BFM darauf hingewiesen, dass gemäss aktueller Rechtspraxis Wegweisungen in den Hazarajat unzumutbar seien. Das BFM verfügte trotztdem die Wegweisung des Mannes. Es begründete dies damit, dass es die Hinweise des Gerichts zwar als wichtigen Orientierungspunkt sehe, letztlich aber als unverbindlich erachte.
Das Bundesverwaltungsgericht hat nun die Beschwerde des Mannes gutgeheissen und die vom BFM angeordnete Wegweisung als unzumutbar aufgehoben. Die Richter in Bern fordern das BFM ausserdem auf, bei der Länderbeurteilung künftig den Vorgaben des Gerichts zu folgen.
Rekurse provoziert
Das BFM halte sich des Öftern bewusst nicht an die publizierte Länderpraxis der gerichtsinternen Experten. Neben Afghanistan betreffe dies etwa die Wegweisung von Kurden in die türkischen Ostprovinzen oder von Angehörigen ethnischer Minderheiten in den Kosovo.
Für eine eigene Beurteilung der Zumutbarkeit von Wegweisungen durch das BFM, die der Praxis des Gerichts widerspreche, sei jedoch kein Raum. Rund die Hälfte der Gutheissungen von Asylbeschwerden durch das Bundesverwaltungsgericht seien darauf zurückzuführen sein, dass das BFM von den verbindlichen Vorgaben des Gerichts abweiche.
Mit seiner Praxis provoziere das BFM also eine Vielzahl unnötiger Rechtsmittelverfahren, die angesichts der klaren Lage allesamt mit Gutheissungen enden würden. Dies verursache unnötige Kosten für die Behandlung dieser Beschwerden. Hinzu kämen die Entschädigungen, mit denen die Parteikosten zu vergüten seien.
BFM muss Neubeurteilung beantragen
Dass das BFM mit seinem eigenen Kurs falsch liege, zeige sich auch an dem mit Blick auf Rechtsgleichheit, Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit unhaltbaren Ergebnis: Ob eine ausländische Person letztlich in eine lebensgefährliche Situation ausgewiesen werde, hänge einzig davon ab, ob sie Beschwerde erhebe.
Halte das BFM die Vorgaben des Gerichts bei bestimmten Ländern oder Regionen für anpassungsbedürftig, bleibe es ihm unbenommen, in Pilotverfahren mit einlässlicher Begründung eine Praxisänderung zu beantragen. Abweichungen durch das BFM seien zudem zulässig, wenn sich die Lage in einem Land schnell und dramatisch verändert habe.
Sollte das BFM die Länderpraxis des Bundesverwaltungsgerichts ausserhalb dieses Rahmens künftig missachten, werde das Gericht bei Rekursen entsprechende Verfügungen des BFM im vereinfachten Verfahren unter Verweis auf das aktuelle Urteil aufheben. Vorbehalten bleibe zudem eine Aufsichtsbeschwerde gegen das BFM.
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