Der Blick fürs Ganze fehlt
Mehr Gemeindeautonomie ist nicht die Lösung bei hohen Sozialhilfe- und Betreuungskosten.
Die Empörung in Hagenbuch ZH ist gross, und sie ist nachvollziehbar. Die Gemeinde mit 1000 Einwohnern muss voraussichtlich die Steuern erhöhen, um Sozialhilfe- und Betreuungskosten für eine unkooperative Flüchtlingsfamilie zu bezahlen. Auch wenn es sich um einen krassen Einzelfall handelt, weist er auf ein strukturelles Problem hin: Die Massnahmen der nun auch in den Dörfern professionalisierten Sozialbehörden können Kosten verursachen, die kleine Kommunen überfordern. Hier setzen die Vorschläge der SVP an: Wenn die Gemeinden schon einen beträchtlichen Teil ihrer Finanzen für Sozialausgaben aufwenden müssen, sollen sie auch bestimmen, wie viel Geld genau fliesst.
Nicht zu wenig Gemeindeautonomie ist das Hauptproblem bei der Sozialhilfe, sondern der fehlende Blick fürs Ganze. Abhilfe schaffen könnten ein nationales Rahmengesetz mit verbindlichen Mindeststandards, ein sozialer Lastenausgleich in den Kantonen oder eine höhere Legitimation der Skos-Richtlinien dank deren Genehmigung durch die Sozialdirektoren. Diese Ideen liegen vor und verdienen eine vertiefte Prüfung. Ziel muss sein, den Negativwettbewerb und das Abschieben von Sozialhilfeempfängern zu unterbinden, ohne die Gemeinden aus der Verantwortung für die Sozialhilfe zu entlassen. Mit den SVP-Vorschlägen ist diese schwierige Aufgabe nicht zu lösen.