Der Pegida-Hype
Wenn politische Energie auf der Strasse sichtbar wird, erhält sie überproportionale Beachtung.
Es ist Wahljahr in der Schweiz. Doch was hiesige Politjournalisten am meisten umzutreiben scheint, ist nicht der Formstand von SP, CVP oder Grünliberalen. Es ist eine rechtskonservative Bewegung aus Dresden. Pegida ist in der Schweiz noch nicht viel mehr als eine Verlautbarung, aber sie erhält die Aufmerksamkeit einer Grosspartei. Das Muster ist immer dasselbe: Bereits bei den Bahnhofsprotesten «Stuttgart 21» wurde nach einem Revival des Bürgerprotests bei uns gesucht und der Begriff des «Wutbürgers» importiert. Der Schweizer Ableger der in Deutschland kurzzeitig erfolgreichen Piratenpartei erhielt grosszügig mediale Aufmerksamkeit – und blieb dennoch auf dem Wähleranteil einer Spasspartei sitzen.
Ganz abwegig ist unsere Fixierung auf Deutschland und die USA natürlich nicht. Nur schon deshalb, weil wir Trends von dort als relevant erachten und entsprechend nachzuahmen versuchen. Doch – und das ist entscheidend – in der Politik gelingt das Nachahmen meist viel schlechter als etwa bei Konsumgütern oder beim Lifestyle. Nach Obamas ebenso unwahrscheinlichem wie erfolgreichem Lauf ins Weisse Haus gab es kaum eine politische Kampagne im alten Europa, die seine Erfolgsrezepte nicht kopieren wollte. Und doch ist die Ausbeute, gerade in der Schweiz, mehr als bescheiden geblieben. Die Unterschiede zum amerikanischen Präsidialsystem sind einfach zu gross. Trotz Globalisierung bleibt die Politik wie kein anderes Feld vom nationalen Kontext bestimmt.