Ein kritischer Bericht und ein Löschbefehl
Von den Problemen mit dem AHV-Rechner weiss die Ausgleichsstelle seit Jahren.
Die Ausgleichskassen nutzen den elektronischen AHV- und IV-Rechner Acor der Zentralen Ausgleichsstelle (ZAS) in Genf für komplexeste Rentenberechnungen. Ein ZAS-interner Auditor durchleuchtete im Jahr 2014 das Tool und geriet mit dem Erfinder von Acor in einen Streit. Er betont im Prüfbericht, er habe eine unparteiische Haltung eingenommen, was man vom Acor-Erfinder nicht behaupten könne. Gemäss Recherchen dieser Zeitung hat der Acor-Erfinder den Auditor in E-Mails beleidigt. Der ZAS-Direktor soll den Auditor via dessen Vorgesetzten mündlich angewiesen haben, die E-Mails zu löschen.
ZAS-Direktionsadjunkt Markus Odermatt sagt: «Der Bericht hat in der ZAS zu materiellen Diskussionen geführt.» Die Direktion habe die Unabhängigkeit des Prüfers aber sichergestellt.
Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) ist über die Löschorder informiert und im Besitz der E-Mails. Direktor Michel Huissoud sagt jedoch: «Die EFK hat keine Spur für einen Löschbefehl, sieht aber auch keine Motive, die einen solchen rechtfertigen würden.»
Die ZAS hat den Prüfbericht auf der Grundlage des Öffentlichkeitsgesetzes ausgehändigt. Der Auditor stellt fest, dass nur der Acor-Entwickler weiss, wie das Tool als Ganzes funktioniert. Wäre er erkrankt, gestorben oder hätte er die ZAS verlassen, wäre Acor während Monaten führungslos gewesen. Auch waren Dokumentationen über die Funktionsweise von Acor unvollständig und seit Jahren nicht nachgeführt. Der Acor-Erfinder sagt dazu, heute wisse sein gesamtes Team über sämtliche Funktionsweisen des Tools Bescheid, und die Dokumentation zu Acor sei vollständig. Programmierfehler und falsch berechnete Renten fand der Auditor keine. Er weist aber darauf hin, er habe nicht zu allen Informationen Zugang gehabt und Kriterien wie Exaktheit und Gründlichkeit nicht überprüfen können. Zugang zum Quellcode bekam er offenbar nicht.
Das Bundesamt für Sozialversicherungen, die Aufsichtsbehörde der Ausgleichskassen, hat «erst seit kurzem Kenntnis vom Bericht», wie Sprecher Harald Sohns mitteilt. Bundesamt und die ZAS betonen, der Bericht stelle Acor gute Noten aus. Gesetzeswidrigkeiten würden keine festgestellt.
Die ZAS-Direktion wies 2014 sieben von fünfzehn im Bericht abgegebene Empfehlungen für Verbesserungen zurück, darunter jene, Acor zu zertifizieren. Inzwischen hat sie nahezu alle Empfehlungen akzeptiert und umgesetzt. Warum dieses zögerliche Vorgehen? ZAS-Direktionsadjunkt Odermatt führt dies darauf zurück, dass der Prüfer keine Empfehlung mit hoher Wichtigkeit abgab. «Eine gewisse Anzahl der Empfehlungen entsprach nicht der damaligen Strategie der ZAS», so Odermatt. Andere Empfehlungen hätte gemessen am Nutzen viel gekostet. (phr)
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