«Ich bin nur ein einfacher Strafverfolger»
Das Verfahren gegen die Roma-Zuhälter soll eine abschreckende Wirkung entfachen. Dies erhoffen sich die Prozessführer. Gleichzeitig ist auch eine Ohnmacht spürbar gegenüber einem Gewerbe, das zusehends ausser Kontrolle gerät.

Der laufende Prozess um die beiden angeklagten Roma-Zuhälter Samurai und Johnny könnte «eine abschreckende Signalwirkung» haben, sagte Andreas Brunner, der leitende Zürcher Oberstaatsanwalt, am Mittwoch gegenüber der «Rundschau». Weil den beiden Schreckenszuhältern langjährige Strafen drohen, könnte bei Prostituierten, Zuhältern aber auch Freiern «ein Umdenken» stattfinden, meint Brunner.
Brunner gab sich in der «Rundschau» bei Antworten auf spezifische Fragen eher vage. Auf die Frage, weshalb es erst jetzt gelinge, einen solchen Fall der Zuhälterei zur Anklage zu bringen, wies er auf die Schwierigkeit der Ermittlungen hin: Über zwei Jahre habe die Polizei ermittelt und laufend Telefone abgehört. Solange sich keine Zeugen melden würden, nütze dies alles nichts. Eben diese Zeuginnen, die Prostituierten selbst, seien oft traumatisiert und würden sich fürchten, ihr Leid an der Öffentlichkeit zu präsentieren. Zudem sei es schwierig, die Geschäfte der Prostitution nachzuweisen, da die Zuhälter für ihre Geschäfte keine Quittungen ausstellten.
«Ein einfacher Strafverfolger»
Die Moderatorin der Rundschau warf ein, ob es nicht klüger wäre, den Strassenstrich am Sihlquai ganz zu verbieten. Jetzt wo man nach den Zeugenaussagen wisse, wie Brutal die Prostituierten teilweise misshandelt würden. Brunner äusserte sich dazu erst nicht konkret und antwortete: «Ich bin nur ein einfacher Strafverfolger. Das müssen andere beurteilen.» Als die Moderatorin nachhakte lenkte Brunner doch noch ein: «Ich finde es müssen Massnahmen ergriffen werden. Unter den Augen unserer Gesellschaft, könne dies nicht weiter geduldet werden.»
Für den Hauptangeklagten beantragte die Staatsanwaltschaft zuvor eine Freiheitsstrafe von 16 Jahren sowie Verwahrung. Der mutmassliche Anführer der Organisation habe mit einer besonders ausgeprägten Hinterhältigkeit, Kaltblütigkeit und Gefühlskälte das Vertrauen der Opfer missbraucht, sagte die zuständige Staatsanwältin vor Gericht. Mit seinem egoistischen Handeln habe er das Leben der betroffenen Opfer zerstört.
Bereits in Ungarn verurteilt
Der heute 41-jährige Hauptangeklagte stand im Mittelpunkt des ersten Prozesstages. Er war bereits in Ungarn wegen der Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden.
Ab Sommer 2007 hielt er sich in Zürich auf. Mit den Mitangeklagten holte er Prostituierte aus Ungarn und Rumänien nach Zürich, schickte sie am Sihlquai auf den Strassenstrich und misshandelte sie regelmässig brutal.
Vor Gericht wies der Angeklagte die Hauptvorwürfe zurück. Er gab aber zu, dass er sich als Zuhälter betätigt hatte. Für die drei weiteren Zuhälter aus Ungarn verlangt die zuständige Staatsanwältin Freiheitsstrafen von 4,5 bis 11 Jahren. Auch sie sind in ihrer Heimat bereits vorbestraft.
Seit mindestens einem Jahr in U-Haft
Die vier angeklagten Zuhälter sind seit einem beziehungsweise zwei Jahren in Untersuchungshaft. Ebenfalls angeklagt ist eines der 15 Opfer, das gemäss Anklage als «Aufpasserin» eines Zuhälters auch «Kontrollaufgaben auf dem Strassenstrich» übernommen hatte. Die Frau war 2008 vorübergehend in U-Haft.
Anklagepunkte sind gewerbsmässiger Menschenhandel, Körperverletzung, Gefährdung des Lebens, Förderung der Prostitution, Drohung und Nötigung. Zwei der Angeklagten sind auch wegen Abtreibung angeklagt. Sie sollen schwangere Prostituierte gegen den Bauch geboxt und getreten und dadurch Fehlgeburten herbeigeführt haben.
Die beantragten Geldstrafen liegen zwischen 180 beziehungsweise 240 Tagessätzen à 50 Franken. Der Strafantrag für die angeklagte Frau ist noch nicht gestellt worden.
Hohe Schmerzensgelder für Opfer gefordert
Am Mittwochnachmittag kamen die Rechtsvertreter der Opfer zu Wort. Sie verlangten Schmerzensgelder in der Höhe von bis zu 120'000 Franken und verwiesen auf die traumatischen, aber auch gesundheitliche Folgen, unter denen die Opfer zu leiden hätten.
Die Hauptverhandlung hatte am Mittwochmorgen begonnen und findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit, aber in Anwesenheit von Gerichtsberichterstattern statt. Am Donnerstag werden die Verteidiger die Gegenanträge stellen. Die Verhandlung dauert voraussichtlich bis am Donnerstagabend. Das Urteil dürfte später folgen.
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