Lieferengpässe bei Medikamenten
Spitalapotheker schlagen Alarm: Immer häufiger werden in Schweizer Spitälern wichtige Medikamente knapp. Sorgen bereitet ihnen auch die mangelnde Qualität der Arzneimittel.

Schweizer Spitäler beklagen einen negativen Trend: Immer häufiger haben sie zu wenige Medikamente an Lager. Betroffen sind hauptsächlich Arzneimittel mit abgelaufenen Patenten – vor allem gegen Krebs. Vielfach kommen die Rohstoffe aus China und aus Indien.
«Diese beiden Länder produzieren zwischen 70 und 80 Prozent der aktiven Generika-Wirkstoffe, sagte André Pannatier, Chef des Arzneimitteldienstes des Universitätsspitals in Lausanne (CHUV), heute zu Berichten der «SonntagsZeitung» und «Matin Dimanche».
Vorübergehend aus Deutschland geliefert
Weil die Margen immer kleiner würden, müsse sich die Pharmaindustrie dem Markt beugen. Die Unternehmen arbeiteten immer mehr «just in time». War es früher selten, dass die Lagerbestände ausgingen, kommt dies laut Pannatier heute immer öfter vor. Seit 2011 nähmen die Probleme schnell zu.
Am CHUV beispielsweise ist der Vorrat an Cisplatin ausgegangen, ein seit langem bekanntes und oft verwendetes Krebsmedikament. Wie andere grosse Spitäler in der Schweiz hat das CHUV das Medikament vorübergehend aus Deutschland anliefern lassen müssen. Mit etwa 15 Medikamenten gebe es Probleme, sagte Pannatier. Grosse Kliniken seien öfter betroffen, weil sich der Gebrauch von Krebsmedikamenten dort konzentriere.
«Grosses Problem»
Das Genfer Universitätsspital (HUG) wartet derzeit auf die Lieferung von etwa 50 Medikamenten. «Es ist ein grosses Problem, das uns jeden Tag für einige Stunden beschäftigt», sagt Laurence Cingria. Sie ist in der Spitalapotheke für die Qualitätssicherung verantwortlich.
Betroffen seien in Genf verschiedene Präparate, darunter Impfstoffe, die regelmässig fehlten. In einigen Fällen ist das Spital gezwungen, auf das Originalpräparat auszuweichen, auch wenn dieses mehr kostet als das Generikum. Oder das Medikament wird in Deutschland bestellt.
Nachfrage schnell gestiegen
Das Heilmittelinstitut Swissmedic veröffentlichte heute im Internet eine Mitteilung von Sandoz Pharmaceuticals an Schweizer Onkologen und Spitalapotheker. Das Unternehmen informierte über die Versorgungsknappheit für mehrere Zytostatika, darunter Cisplatin. Diese werden bei Chemotherapien für Krebskranke eingesetzt.
In den letzten Monaten sei die Nachfrage nach diesen Medikamenten weltweit schnell gestiegen, schrieb Sandoz. Im Werk Unterach (A) müsse die Kapazität erweitert und die Produktion vorübergehend verlangsamt werden. Sandoz sei sich bewusst, dass die betroffenen Medikamente unerlässlich seien und werde alles daran setzen, dass sich die Lage wieder normalisiere.
Probleme mit der Qualität
Zur Sorge um die Lieferungen kommen in den Spitalapotheken Sorgen um die Qualität der Arzneimittel. In 75 Prozent der Fälle, in denen Zulassungen wegen Qualitätsmängeln zurückgezogen oder suspendiert werden müssen, sind Indien oder China betroffen, wie Pannatier ausführt.
Die politischen Behörden müssten sich des Problems über die Landesgrenzen hinweg bewusst werden, um Druck auf die Herstellerländer zu machen, forderte er. Die wahrscheinliche Konsequenz seien höhere Preise.
In der Dezember-Ausgabe der Zeitschrift der Gesellschaft Schweizerischer Amts- und Spitalapotheker (GSASA) machte Pannatier seinem Ärger Luft. Er schlägt vor, bei mangelnder Kommunikation oder Transparenz systematisch bei der Pharmaindustrie und den Gesundheitsbehörden nachzuhaken, damit Medikamente wieder echte therapeutische Instrumente und nicht nur Profitquelle seien.
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