Schweizer Hooligans sind aktiver denn je
Ausschreitungen in Aarau und in Thun, ein Angriff auf einen Fanzug in Ostermundigen: Gewaltexzesse von militanten Fussballfans haben einen neuen Höchststand erreicht. Polizei und Politik schlagen Alarm.
Gewalttätige Fussballfans fallen in Schweizer Fussballstadien derzeit vermehrt negativ auf. Das bestätigt Pius Valier, Kommandant der St. Galler Stadtpolizei und Koordinator des runden Tisches «Gewalt im Umfeld von Sportveranstaltungen» auf Bundesebene, gegenüber der «SonntagsZeitung» «In der laufenden Rückrunde gab es wieder mehr Vorfälle als im Vorjahr», sagt er.
Marco Cortesi, Medienchef der Stadtpolizei Zürich und Sprecher der Zentralstelle für Hooliganismus, liefert Zahlen: «Haben wir in der ganzen Rückrunde der Fussballsaison 2009/10 bei acht Spielen Sachschäden verzeichnet, sind es diesmal – vier Runden vor Schluss – schon doppelt so viele. Verletzte gab es in diesem Frühjahr am Rande von 16 Fussballspielen, gleich viel wie in der ganzen Rückrunde vom vergangenen Jahr.»
Zu früh an eine Trendwende geglaubt
Für Roger Schneeberger, Generalsekretär der Polizeidirektorenkonferenz (KKJPD), ist klar, wo die Verantwortung liegt: «Fussballclubs und die Liga haben zu früh an eine Trendwende geglaubt und bei der Bekämpfung der Gewalt nachgelassen», sagt er zur «SonntagsZeitung». Ein Beispiel dafür sei die Senkung der Bussen für Pyros auf Anfang Saison. «Es ist ein völlig falscher Ansatz, Bussen zu senken, wenn das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in den Stadion noch nicht zurückgegangen ist.» Schneeberger geht wegen der wieder zunehmenden Gewalt von Mehrkosten bei der öffentlichen Sicherheit aus.
Die Liga ist sich der Problematik bewusst und prüft Massnahmen. Laut Thomas Grimm, Präsident der Swiss Football League, sollen künftig allenfalls nur noch Fans mit gültiger Saisonkarte des jeweiligen Clubs in den Gästesektor gelassen werden.
«Erhebliche kriminelle Energie»
Spielabsagen, Matchs ohne Zuschauer oder mit ausgesperrten Gästefans: Das fordert Reto Nause, Gemeinderat und Sicherheitsdirektor der Stadt Bern laut der Zeitung «Sonntag» nach der Attacke vom vergangenen Wochenende von YB-Fans auf einen Zug mit Thun-Fans in Ostermundigen. Fans bewarfen den Zug mit Steinen, es gab mehrere Verletzte. «Das ist eine neue Qualität von Gewalt», sagt Nause. «Für einen solchen Vorfall braucht es erhebliche kriminelle Energie.»
Es brauche jetzt eine Saison, «in der man rigoros durchgreift». Ins Visier nimmt er die Swiss Football League. «Sie als Veranstalterin der Meisterschaft kann die Probleme effizient und rasch lösen», glaubt Nause. Seine Forderungen: «Halten sich Fangruppierungen nicht an Auflagen von den Behörden, muss die Liga Spiele absagen, sie vor leeren Rängen stattfinden lassen oder das Stadion für die Gästefans schliessen.» Die Swiss Football League habe die Kompetenzen und die Regelwerke für solch drastische Massnahmen.
Nause droht mit eidgenössischer Bewilligungspflicht
Ist die Liga dazu nicht bereit, droht Nause mit einer faktischen Entmachtung der Liga. «Dann streben wir auf gesamteidgenössischer Ebene eine Bewilligungspflicht für Sportgrossveranstaltungen an», sagt er. Die Behörden müssten dann Spiele im Einzelfall bewilligen, mit entsprechenden Auflagen. «Werden die Auflagen nicht eingehalten, sagen die Behörden die Spiele ab», sagt Nause zum «Sonntag».
Bei der Swiss Football League reagiert man mit Kopfschütteln auf Nauses Attacke. Die Forderungen seien «einseitig und nicht zielführend», sagt Kommunikationschef Roger Müller. Nause sehe die Welt «sehr einseitig und einfach».
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