Armeechef kündigt überraschend seinen Rücktritt an
Nach gerade mal gut zwei Jahren beantragt Philippe Rebord aus gesundheitlichen Gründen seine Entlassung. Gleichzeitig kommt es zu einem weiteren Abgang im hohen Kader.

Der Chef der Armee muss vor seinem Hüftgelenk kapitulieren. Philippe Rebord hat bei Verteidigungsministerin Viola Amherd aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt eingereicht. Vorgesehen ist, dass der 62-jährige Korpskommandant aus dem Unterwallis sein Amt auf Ende 2019 abgibt, ein Jahr früher als geplant. Das Verteidigungsdepartement (VBS) bestätigte entsprechende Recherchen dieser Zeitung.
Für weitere Erklärungen zu Rebords überraschendem Rücktritt verwies VBS-Kommunikationschef Renato Kalbermatten auf eine Medienkonferenz, die am Donnerstag ausserplanmässig einberufen werden soll. Eigentlich wollte Amherd den Bundesrat und die Öffentlichkeit erst nächste Woche informieren.
Rebords Gesundheitszustand sorgte bereits vor einigen Wochen für Schlagzeilen. Über Weihnachten hatte er auf einem Ferienflug eine Venenthrombose im Bein erlitten, welche zu ernsthaften Komplikationen führte. Diese Erkrankung hat er nun aber offenbar weitgehend überwunden. Zum Rücktritt führt nicht die Beinvene, sondern ein kaputtes Hüftgelenk.
Zwar könne Rebord arbeiten, aber das Stehen und Gehen sei ihm fast unmöglich, heisst es in seinem Umfeld. Das sei mit dem Job eines militärischen Führers, der ständig bei der Truppe und an unzähligen Anlässen auftreten müsse, nicht vereinbar. In absehbarer Zukunft wird sich Rebord ein künstliches Gelenk einsetzen lassen müssen.
Auch Baumgartner geht
Doch Amherd muss nicht nur Rebord ersetzen: Praktisch gleichzeitig tritt auch Daniel Baumgartner vom Kommando Ausbildung zurück, das er erst seit gut einem Jahr führt. Dem Vernehmen nach hat Baumgartner selber um seine Versetzung gebeten. Im Gespräch ist für den 57-jährigen Korpskommandanten demnach offenbar der Posten des Verteidigungsattachés in Washington.
Er tritt heute mit VBS-Chefin Viola Amherd vor die Medien: Philippe Rebord. (Keystone/Anthony Anex)
Damit verbleibt der Armee ein einziger Korpskommandant: der 60-jährige Aldo C. Schellenberg, der Kommandant Operationen sowie Stellvertreter des Armeechefs. Der Doppelrücktritt trifft die Armee in einer heiklen Phase. Die Streitkräftereform namens Weiterentwicklung der Armee (WEA) ist erst vor einem Jahr angelaufen und in vollem Gange. Zudem leitete Rebord die Totalerneuerung der Luftwaffe und der Fliegerabwehr ein, mit 8 Milliarden Franken das grösste Rüstungsgeschäft der Geschichte.
Um in dieser Phase Kontinuität zu ermöglichen, hatte der Bundesrat Rebords Vertrag im September 2018 eineinhalb Jahre über sein ordentliches Rentenalter hinaus verlängert, bis Ende 2020. Dieser Wunsch nach Stabilität wird nun zunichtegemacht. Sein Amt als Armeechef trat Rebord vor erst gut zwei Jahren an – als Nachfolger von André Blattmann.
Aufgrund seines Alters war von Beginn weg klar, dass er ein Übergangs-Chef sein würde. Die Armeereform WEA war bereits beschlossene Sache; am Unterwalliser lag es, sie bei der Truppe umzusetzen. Mit der WEA wird der Armeebestand auf 100'000 Mann reduziert. Im Gegenzug sollen die Truppen voll ausgerüstet sein und rascher mobilisiert werden können als in der alten Armee XXI.
Das zackige militärische Auftreten seiner Vorgänger Christophe Keckeis, Roland Nef und André Blattmann gehört nicht zu Rebords Eigenschaften; vielmehr wirkt er als freundlicher und zurückhaltender Intellektueller. Viel Gewicht legte er auf das persönliche Gespräch mit allen möglichen Interessengruppen und Machtblöcken in- und ausserhalb der Armee. So gelang es ihm unter anderem, die traditionelle Konkurrenz zwischen Heer und Luftwaffe einzudämmen – und dies in einer Zeit, in der das Gros der Geldmittel in die Luftwaffe fliesst.
Die «Alpenbitter-Orgie»
In seiner kurzen Amtszeit versuchte Rebord auch, die Armee mit kleinen, aber symbolträchtigen Reformen an die Lebenswelt heutiger junger Männer heranzuführen. So erlaubte er zusammen mit Ausbildungschef Baumgartner den neuen Rekruten, in den ersten RS-Wochen Turnschuhe zu tragen, und gewährte ihnen «Handy-Viertelstunden». Auch muslimische Militärseelsorger könne er sich vorstellen, sagte Rebord in einem Interview.
Daniel Baumgartner wäre ebenfalls gerne Armeechef geworden, unterlag aber Rebord. Später wurden seine Aussichten, allenfalls Rebords Nachfolger zu werden, durch eine Spesenaffäre beeinträchtigt. Baumgartner war unter anderem verantwortlich für ein internes Kaderseminar im Glarnerland, das als «Appenzeller-Alpenbitter-Orgie» in die Militär-Annalen einging.
Rebord geriet gleichzeitig in die Kritik, weil er zu Seminaren der Armeespitze die Partnerinnnen mit dem Helikopter für Golfkurse und andere Freizeitakti- vitäten einfliegen liess. Eine Administrativuntersuchung entlastete Philippe Rebord aber weitgehend, während sie Daniel Baumgartner zusätzlich belastete. Er hatte auch Goldmünzen an Mitarbeiter verschenkt und selber eine bekommen.
Die Doppelvakanz wird zur zusätzlichen Herausforderung für die Verteidigungsministerin, die ihr Amt selber erst Anfang Jahr antrat. Erwartet wird, dass Viola Amherd eine Findungskommission einsetzt.
Erstellt: 03.04.2019, 23:45 Uhr
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