Schweizer Behörden arbeiten mit gestohlenen Daten
Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess gestützt auf Daten aus einer gestohlenen CD 180 Verfahren einleiten. Dies obwohl sich der Bundesrat gegen die Verwendung von solchen Informationen ausgesprochen hat.

Der Bundesrat hat entschieden, dass Amtshilfe basierend von gestohlenen Informationen nicht gewährt wird. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass die Schweizer Behörden selber gestohlene Kundendaten nutzen, wie die «Tagesschau» des «Schweizer Fernsehens» berichtet.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV liess gestützt auf eine Daten-CD, die im liechtensteinischen Vaduz gestohlen wurde, 180 Steuerverfahren einleiten. Die Daten-CD lagert seit 10 Jahren im Archiv der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Bern. Beat Furrer von der Eidgenössischen Steuerverwaltung bestätigt gegenüber der Sendung: «Unsere Ermittler sahen, dass es steuerlich relevante Daten auf der Daten-CD hatte, dass es auch Schweizer hat, die offenbar Steuerdelikte begangen haben.»
Deshalb habe man die Daten an die kantonalen Steuerbehörden weitergeleitet. Hier wäscht man die Hände in Unschuld. Bruno Knüsel von der Steuerverwaltung Kanton Bern zur «Tagesschau»: «Wir erhielten die Daten von der Eidgenössischen Steuerverwaltung und nicht von einem Dieb. Insofern war das für uns unproblematisch, obschon es ursprünglich gestohlene Daten sind.»
Gerichte widersprechen Bundesrat diametral
Die Schweizer Gerichte stützen diese Sicht, welche der offiziellen Haltung der Schweiz gegenüber dem Ausland diametral widerspricht. Die Steuerrekurskommission des Kantons Bern schreibt in ihrem Entscheid, «der Verwertung der Beweise, insbesondere wenn sowohl die aufgedeckte wie auch die aufdeckende Handlung strafbar sind», stehe nichts entgegen. Im Klartext: Diebstahl von Daten sei erlaubt, wenn damit eine strafbare Handlung aufgedeckt werden könne.
Damit erlaubt die Justiz der Eidgenössischen Steuerverwaltung, gegenüber Schweizer Steuersündern gestohlene Daten einzusetzen. Gegenüber Steuersündern, die im Ausland steuerpflichtig sind, untersagt der Bundesrat hingegen diese Methode.
Problematische Begründung des Bundesgerichts
Nur nebenbei erwähnt sei, dass die Begründung des Bundesgerichts im wesentlichen Punkt inhaltlich problematisch ist. Das Bundesgericht argumentiert, die Eidgenössische Steuerverwaltung hätte die gestohlenen Informationen leicht auch legal erhalten können – der bestohlene Treuhänder unterstehe nicht dem Geschäftsgeheimnis. Recherchen des Schweizer Fernsehens belegen, dass dies nicht zutrifft. Sowohl der betroffene Treuhänder als auch Steuerexperten widersprechen dem Bundesgericht.
Zum fraglichen Zeitpunkt leistete Liechtenstein, so schreibt die Steuer-Revue in ihrer Ausgabe 4/2008, «der Schweiz in Steuersachen weder Rechts- noch Amtshilfe». Folglich, so der Schluss von Steuerexperte Daniel Holenstein, sei es mehr als zweifelhaft, ob die Steuerbehörden die Daten «direkt vom liechtensteinischen Treuhänder hätten erlangen können».
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