Schweizer Botschafter intervenierte in Ankara
Die Schweiz hat offiziell gegen die Festnahme der Leiter von Amnesty International in der Türkei protestiert. Parlamentarier fordern eine schärfere Kritik.

Nach zahlreichen Politikern, Richtern und Journalisten sitzt in der Türkei nun auch die Spitze der türkischen Sektion von Amnesty International in Untersuchungshaft. Präsident Taner Kiliç wurde im Juni in seiner Wohnung festgenommen, Direktorin Idil Eser vor kurzem während eines Workshops zusammen mit neun weiteren Menschenrechtsaktivisten, darunter einem Deutschen und einem Schweden.
Während Deutschland, Schweden und die USA die Verhaftungen öffentlich verurteilten und eine Freilassung der Betroffenen forderten, ist eine scharfe Reaktion der Schweiz bisher ausgeblieben. Hinter den Kulissen blieb Bern aber nicht untätig: Wegen der Festnahme der zehn Menschenrechtsaktivisten habe der schweizerische Botschafter in Ankara bei den türkischen Behörden interveniert, teilt das schweizerische Aussendepartement (EDA) auf Anfrage mit. Über die Festnahme Kiliçs habe die Schweiz zudem bereits am 14. Juni im Europarat «Besorgnis ausgedrückt».
Druck aus dem Parlament
Auf eine Unterstützung der Verhafteten durch die Schweiz pocht auch die parlamentarische Gruppe für Menschenrechte, der rund 60 National- und Ständeräte angehören. Sie forderte am Dienstag, dass die Schweiz den Druck auf die Türkei erhöhen müsse – sowohl im Rahmen von Gremien wie dem Europarat wie auch auf bilateralem Weg. «Diese Verhaftungen sind inakzeptabel und überschreiten eine rote Linie», sagt Co-Präsident Carlo Sommaruga. Der Vorwurf der türkischen Staatsanwaltschaft, die Amnesty-Vertreter würden Terroristen unterstützen, entbehre jeder Grundlage.
Die türkischen Behörden werfen den Amnesty-Mitgliedern die Unterstützung von Terrororganisationen vor. In erster Linie betrifft dies die Bewegung des Predigers Fetullah Gülen, die hinter dem Putschversuch von letztem Jahr stecken soll. Mit Gülen in Verbindung gebracht wird Kiliç laut Amnesty, weil er eine Messenger-App heruntergeladen haben soll, die von Putschisten verwendet worden sei. Eser wiederum solle via Kiliç mit den Gülenisten in Verbindung stehen. Darüber hinaus wird den Aktivisten laut Amnesty die Unterstützung der kurdischen PKK und der marxistischen Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front DHKP-C vorgeworfen.
Mit der Intervention in Ankara hat die Schweiz einen Teil der Forderungen der parlamentarischen Gruppe für Menschenrechte erfüllt. Sommaruga hält darüber hinaus aber eine öffentliche Stellungnahme für angebracht. Ebenso fordert er vom Bundesrat, dass dieser den türkischen Botschafter einbestellt. Dies sei ein geeignetes Mittel, um eine klare Botschaft zu überbringen.
«Eine Säuberungsaktion»
Die Schweizer Sektion von Amnesty ist froh über die Reaktion des Bundesrats. Doch auch ihr ist diese zu zaghaft. Den richtigen Umgang mit der Türkei zu finden, sei schwierig, räumt Beat Gerber von Amnesty International Schweiz ein. «Wir verlangen keinen Abbruch der Beziehungen mit der Türkei.» Der Bundesrat müsse aber Klartext sprechen. «Er muss in aller Deutlichkeit sagen, dass es der Türkei nicht mehr um die Putschisten geht, sondern um eine Säuberungskampagne», sagt Gerber. Hoffnungen setzt Amnesty auch auf ein Treffen der EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini mit dem türkischen Aussenminister Cavusoglu am 25. Juli in Brüssel.
Das EDA hält fest, dass die Schweiz die Türkei mehrfach sowohl auf multilateraler Ebene als auch im Rahmen bilateraler Treffen dazu aufgerufen habe, ihren internationalen Verpflichtungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte nachzukommen. Derzeit würden weitere Schritte geprüft.
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