Schwellenländer im Sog der Türkeikrise
Der Dollar ist gefragt, das ist fatal für Schwellenländer: Sie haben in Zeiten des billigen Geldes hohe Schulden in Dollar angehäuft.

Die Türkeikrise zog die Währungen anderer Schwellenländer in die Tiefe. Der südafrikanische Rand fiel diese Woche um 10 Prozent auf den tiefsten Stand seit 2016. Die indische Rupie sackte auf ein Rekordtief ab, bevor sie Boden fasste. Der russische Rubel ist so wenig wert wie vor zweieinhalb Jahren. Der brasilianische Real und der argentinische Peso sind ebenfalls unter Druck. Gestern legte die türkische Lira zwar 6 Prozent zu, auch die Währungen besagter Schwellenländer erholten sich leicht.
Die Gefahr, dass die Türkeikrise auf andere Schwellenländer überspringt, ist damit aber nicht gebannt. Denn verloren haben die Währungen vieler Schwellenländer vorab, weil Investoren im grossen Stil Gelder aus Schwellenländern abziehen und in Dollar anlegen, da in Amerika die Zinsen rasch steigen – der Dollar ist gefragt und hat seit dem Frühling kräftig zugelegt. Präsident Trump heizt die Nachfrage nach Dollar zusätzlich an, da er Steuersenkungen durchsetzte, die er auf Pump finanzieren will.
In den nächsten Jahren droht der Schuldenberg die Schwellenländer zu ersticken.
Für Schwellenländer ist das fatal. Anders als etwa die Europäische Zentralbank hebt die US-Notenbank die Zinsen zielstrebig Schritt für Schritt an. Zu Ende geht damit zunächst in den USA ein Jahrzehnt der lockeren Geldpolitik westlicher Notenbanken, als Schwellenländer sich reichlich mit billigen Krediten vorab in Dollar, aber auch in Euro eindecken konnten.
Verunsicherte Investoren
Wovon sie reichlich Gebrauch machten. Der Schuldenberg der Schwellenländer in Dollar sei auf 3680 Milliarden Dollar angestiegen, warnte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) im Frühling. Der Höhenflug des Dollar erhöht die Zinslast in Ländern, deren Währung markant an Wert verloren. Hinzu kommt, dass die steigenden US-Zinsen die Refinanzierung auslaufender Schulden, die mit neuen Krediten abgelöst werden müssen, verteuern.
In den nächsten Jahren droht dieser Schuldenberg sie zu ersticken. Regierungen, Banken und Unternehmen in Schwellenländern müssen bis 2025 rund 2700 Milliarden Dollar Schulden, die sie in US-Währung aufgenommen haben, entweder zurückzahlen oder mit neuen Krediten oder Anleihen ablösen, rechnet das Institute of International Finance.
US-Präsident Trump sorgt mit Strafzöllen für China und die EU, mit Sanktionen gegen den Iran, Russland und die Türkei für Verunsicherung bei Investoren. In solch unsicheren Zeiten sei «alles eine Frage der Glaubwürdigkeit», sagte ein Vermögensverwalter der «Financial Times». Die türkische Lira etwa habe seit Anfang Jahr 45 Prozent ihres Werts verloren, weil «Investoren null Vertrauen in die Institutionen» der Türkei hätten.
Flucht in den Franken
Im Fall von Argentinien war dieses Vertrauen trotz Reformkurs so weit gefallen, dass Präsident Mauricio Macri den Internationalen Währungsfonds um ein Rettungspaket ersuchen musste. Südafrika und Brasilien machen ihre hohen Schulden ebenfalls verletzlich.
Auch die Türkei dürfte um massiv höhere Zinsen und Hilfsgelder vom Währungsfonds nicht herumkommen, wenn das Land einen Kollaps vermeiden will. Anstatt schmerzhafte Reformen anzupacken, beschuldigt Präsident Erdogan lieber die USA. Im Hintergrund schwelt in Italien ein Streit um ein defizitäres Staatsbudget, der das hoch verschuldete Land schon in diesem Herbst in eine Finanzkrise stürzen kann. Italien ist viertgrösstes Abnehmerland für Schweizer Exporte.
Schwache Währungen mindern die Nachfrage nach Waren etwa aus der Schweiz. Die Flucht in den Franken wird erneut zum Problem – der Euro fiel gestern erstmals seit einem Jahr unter die Marke von 1.13 Franken, Schweizer Exporte werden noch teurer.
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