Schwitzt Federer? Jubelt Bencic?
Die acht brennendsten Fragen vor dem US Open, bei dem am ersten Tag gleich vier Schweizer auftreten.

Hat Federers Startgegner (Sumit) Nagal Ähnlichkeiten mit (Rafael) Nadal?
Durchaus! Vier der fünf Buchstaben seines Nachnamens. Zudem spielt der 22-jährige Inder auch am liebsten auf Sand. Da erreichte er seit Mai in fünf von sieben Challenger-Turnieren mindestens den Halbfinal. Die Parallelen hören da aber auf. Nagal ist nicht Links-, sondern Rechtshänder. Und kam erst recht spät, mit acht, zum Tennis. Vorher hatte er leidenschaftlich Cricket gespielt. Entdeckt wurde er von Mahesh Bhupathi, 2015 gewann er in Wimbledon das Juniorendoppel, seit einem Jahr trainiert er in Deutschland in der Akademie von Sascha Nensel. Das hat sich ausbezahlt: In der Weltrangliste ist er auf Platz 190 geklettert, in New York qualifizierte er sich erstmals für ein Grand-Slam-Turnier.
Ist Novak Djokovic zu stoppen?
Dass es möglich ist, ihn zu bezwingen, wurde in dieser Saison schon siebenmal aufgezeigt.Zuletzt von Daniil Medwedew. Doch an Grand Slams ist Djokovic noch fokussierter, noch schwerer zu schlagen. Seit Wimbledon 2018 hat er vier von fünf Major-Titeln geholt, und inzwischen ist sein erklärtes Ziel, Federer und Nadal in dieser Kategorie zu übertreffen. Er steht bei 16, Nadal bei 18, Federer bei 20. Selbst wenn Djokovic nicht sein bestes Tennis spielt, wie phasenweise im Wimbledon-Final, wenn er unter Druck gerät, liefert er stets. Und auf Hardcourts wie in New York kommen seine Stärken am besten zur Geltung. Kurz: Es wird sehr schwierig.
Fordert das feuchtheisse Wetter erneut so viele Opfer?
Tennis wurde am letztjährigen US Open zum Extremsport, über ein Dutzend Spieler gab wegen der feuchtheissen Bedingungen auf. Der Amerikaner John Isner schwitzte in einem Match elf Leibchen durch, auch Roger Federer wurde im Achtelfinal gegen John Millman zum «Hitzeopfer». Er habe kaum mehr Luft gekriegt, klagte er. Als er vom Court kam, musste er in ärztliche Behandlung. Das Problem sind weniger die Temperaturen als die hohe Luftfeuchtigkeit. Gemäss Wetterprognosen soll es diesmal zumindest anfangs nicht so schwül sein. In der zweiten Woche nimmt die Luftfeuchtigkeit aber wieder zu. Der mögliche Halbfinal zwischen Federer und Djokovic könnte also zum Abnützungskampf werden.
Wie wird sich Serena Williams diesmal aufführen?
Ganz artig. Im Final 2018 sorgte die Amerikanerin mit ihrem flegelhaften, rechthaberischen Getue für einen Eklat. Siewollte die Verwarnung wegen Coachings von Patrick Mouratoglou (Handzeichen) nichtakzeptieren, beschimpfte Schiedsrichter Carlos Ramos als «Lügner» und «Dieb» und brachte Naomi Osaka um eine würdige Siegerzeremonie. Inzwischen ist sogar eine Doku darüber erschienen, in der sich Williams wenig einsichtig zeigt. Trotzdem: Einen solchen Aussetzer wird sie sich nicht mehr leisten. In Wimbledon zeigte sie sich jedenfalls als faire Finalverliererin. Eine Lehre aus dem Debakel ist, dass am US Open neu die Begründungen für Schiedsrichterentscheide auf der Grossleinwand eingeblendet werden – damit sie das Publikum versteht und nicht grundlos pfeift.
Wieso hat Federer in New York seit 2008 nie mehr gesiegt?
Das US Open ist das Grand Slam, an dem der Schweizer am längsten auf den Titel wartet. Dabei ist er ja ein ganz passabler Hartplatzspieler. Eine Kombination aus fehlendem Wettkampfglück und fortschreitendem Alter hat zur fast elfjährigen Durststrecke geführt. Zuerst musste er gegen Del Potro und zweimal Djokovic knappe Niederlagen einstecken, dann plagten ihn jeweils im Herbst vermehrt Blessuren, die seine Performance im Big Apple beeinträchtigten. 2015 verpasste er im Final gegen Djokovic seine Chancen. Nun sagt der 38-Jährige, er fühle sich so gut wie schon lange nicht mehr vor dem US Open. Es klingt wie eine Kampfansage.
Wer kann das Frauenturnier gewinnen?
Man könnte, etwas polemisch, auch anders fragen: Wer kann es nicht gewinnen? Das Frauentennis ist derzeit so offen, dass sich mehr als ein Dutzend Spielerinnen Chancen ausrechnen darf. Vor zwölf Monaten hatten Naomi Osaka und Ashleigh Barty noch nie den Viertelfinal eines Grand Slams erreicht, dann siegte Osaka in New York und Melbourne, Barty in Paris. Und auf einen Wimbledon-Sieg von Simona Halep, bis da nicht gerade eine Rasenliebhaberin, hatten auch nicht viele gesetzt. Wer nutzt diesmal die Gunst der Stunde? Die Kanadierin Bianca Andreescu? Oder gar Belinda Bencic?
Schafft Stan Wawrinka endlich wieder den Durchbruch?
Eine Frage mit kritischem Unterton. Immerhin hat sich der Romand zurückgearbeitet auf Rang 24, erreichte in Paris den Viertelfinal gegen Federer. Doch wer drei Grand Slams gewonnen hat, darf höhere Ansprüche haben und mehr Konstanz zeigen. Zuletzt wechselten sich bei ihm Sieg und Niederlage ab. Dabei fühlt sich der 34-Jährige körperlich und im Training so gut wie zu seinen besten Tagen. Vielleicht braucht er wirklich nur einen grossen Sieg, damit es bei ihm wieder Klick macht. In New York könnte sich ihm diese Chance im Achtelfinal gegen Novak Djokovic bieten. 2015 schlug er den Serben hier im Final.
Was läuft in der Tennispolitik?
Roger Federer und Rafael Nadal sind in den Spielerrat zurückgekehrt, um für Ordnung zu sorgen. Unter der Ägide von Novak Djokovic hatten diesen vor Wimbledon mehrere Spieler unter Protest verlassen. In New York stieg in neuer Besetzung die erste Sitzung, die gemäss Djokovic sehr konstruktiv und effizient war. Sie habe nur 2 Stunden und 15 Minuten gedauert, weil alle so gut vorbereitet gewesen seien. Ins Detail ging der Serbe aber nicht. Die Top 3 dürften sich einig sein, dass mehr Geld von den Turnieren an die Spieler fliessen soll. Fragt sich nur, nach welchem Schlüssel es generiert und wie es verteilt werden soll.
Schweizer in der 1. Runde, heute Montag:
Männer: Federer (3) - Nagal (IND) in der Nacht auf Dienstag (ca. 02.30 MEZ), Wawrinka - Sinner (ITA) ca. 01.00 MEZ. – Frauen: Golubic – Zhang (CHN) circa 21.00 MEZ, Bacsinszky – McNally (USA) ca. 22.15.
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