Schwuler Seelsorger ist unerwünscht
Der Basler Bischof Felix Gmür hat einem Theologen die Stelle verwehrt, weil er in eingetragener Partnerschaft mit einem Mann lebt.

«Bistum Basel heisst Homosexuelle explizit willkommen» – so und ähnlich titelten die Medien Mitte Mai. Auch in den sozialen Medien gab es viel Lob für das Bistum Basel, das eine Willkommenskultur für Schwule und Lesben verkündete. Mit dem Segen von Bischof Felix Gmür trat der von ihm gegründete Arbeitskreis Regenbogenpastoral an die Öffentlichkeit.
Wie es auf der Homepage des Bistums heisst, will er Schwule, Lesben und Intersexuelle seelsorgerlich begleiten, deren Lebensrealität ernst nehmen, «alle Menschen in ihrem eigenen Sein als Geschöpfe Gottes annehmen und wertschätzen» sowie «Vorurteile und Diskriminierung abbauen». Auch berät der Arbeitskreis Bischof Gmür.
Nicht anerkannte Lebensform
Just an dem Tag, als die Gründung des Arbeitskreises öffentlich wurde, erfuhr der Theologe T. R., dass seine Bewerbung für die teilzeitliche Seelsorgestelle an der psychiatrischen Klinik St. Urban in Luzern von Bischof Gmür abgelehnt worden war. Grund: Der Theologe lebt in einer eingetragenen Partnerschaft mit einem Mann. T. R. ist Laientheologe und darum nicht an die zölibatäre Lebensform gebunden. Die Klinik, welche den erfahrenen Spitalseelsorger gerne angestellt hätte, hatte routinemässig beim Bistum Basel um die Erteilung der Missio, die bischöfliche Beauftragung, ersucht.
Der für Luzern zuständige Bischofsvikar Ruedi Heim liess wissen, Bischof Gmür könne die Missio aus genannten Gründen nicht erteilen. Mitte Mai fragte der Theologe selber bei Heim schriftlich nach, ob das wirklich zutreffe. Heim schickte ihm daraufhin die Bistums-Richtlinien: «Missio: Voraussetzungen für die Erteilung». Diese halten fest, dass die Missio nur an Seelsorger erteilt wird, die in einer «kirchlich anerkannten Lebensform» leben. Kirchlich anerkannt ist ausser dem Zölibat einzig die heterosexuelle Ehe.
Der Theologe verzichtete daraufhin auf das Antreten der Stelle. Die Nicht-Erteilung der Missio ist für ihn eine eklatante Diskriminierung, völlig im Widerspruch zu den Zielen des bischöflichen Arbeitskreises. Dieser ist für ihn deshalb unglaubwürdig, «ein Etikettenschwindel». Felix Gmür hatte sich bei der Gründung des Arbeitskreises auf die Theologie der Barmherzigkeit von Papst Franziskus berufen.
Kein Kommentar aus Solothurn
Barmherzigkeit aber hat für den Seelsorger etwas Herablassendes: «Schwule und Lesben wollen keine Barmherzigkeit, vielmehr Respekt und Anerkennung ihrer Rechte», sagt er. Letztlich suchten sie aber auch eine Versöhnung mit der Kirche. T. R. sagt, er kenne in seinem beruflichen Umfeld zahlreiche Schwule und Lesben, die unter der Grausamkeit der Kirche litten und deshalb psychologische Unterstützung brauchen würden.
Das Bistum mag sich zu seiner doppelzüngigen Politik gegenüber Homosexuellen nicht äussern. Die Bitte um ein klärendes Gespräch übergeht es. Bischof Gmür lässt über seine Mediensprecherin Anouk Hiedl lapidar ausrichten: «Die Regenbogenpastoral betrifft die kirchlichen Anstellungen von pastoralen Mitarbeitenden nicht.» Und: «Personalentscheide diskutieren wir nicht in der Öffentlichkeit.»
«Schwule und Lesben wollen keine Barmherzigkeit, sie wollen die Anerkennung ihrer Rechte.»
Das Bistum Basel weiss, wie heikel Konflikte um die Missio sein können. 2005 entzog der damalige Bischof Kurt Koch dem Röschenzer Pfarradministrator Franz Sabo die Missio, weil er sich kritisch über ihn geäussert hatte. In einem singulären Urteil kam dann aber das Kantonsgericht Baselland 2007 zum Schluss, Koch habe das rechtliche Gehör von Sabo missachtet und ihm zu Unrecht die Missio entzogen.
Bei Sabo war damals die Kirchgemeinde die anstellende Behörde. Im Fall des Spitalseelsorgers in Luzern wäre es eine kirchenunabhängige staatliche Klinik gewesen. Er sehe nicht ein, weshalb die Klinik als kantonale Einrichtung den Seelsorger nicht auch ohne Missio des Bischofs hätte anstellen können, erklärt auf Anfrage der Staatskirchenrechts-Experte und frühere Bundesrichter Giusep Nay. Bei all seinen seelsorgerischen Handlungen hätte aber wohl auf die Anerkennung durch das Bistum verzichtet werden müssen.
Deutschland fortschrittlicher
In der Schweiz gibt es kein ausgebautes katholisches Arbeitsrecht wie in Deutschland, auch keine ähnlich intensive Debatte darüber. 2015 hatten die deutschen Bischöfe ihr Arbeitsrecht teilweise liberalisiert. Danach dürfen sie wiederverheirateten Geschiedenen oder Mitarbeitern in eingetragener Partnerschaft nicht mehr automatisch kündigen respektive die Missio entziehen. Für Justizminister Heiko Maas halten sich die Bischöfe jedoch zu wenig daran. Ende 2015 verlangte er dringend eine Änderung der kirchlichen Praxis, Wiederverheirateten und Homosexuellen zu kündigen.
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