«Nature» schlägt AlarmSelbst vom Tierschutz vernachlässigt: 20 Prozent der Reptilien akut bedroht
Für Schlangen, Krokodile und andere Reptilien gibt es kaum Artenschutzprojekte. Dabei sind sie fast genauso stark vom Aussterben bedroht wie Säugetiere.

Reptilien haben kein gutes Image. Zwar gelten zumindest Schildkröten als Symbol für Langlebigkeit und Weisheit. Vor Schlangen dagegen fürchten sich die meisten Menschen, genauso wie vor Krokodilen. Selbst Naturschützer haben diese Tiergruppe bislang vernachlässigt.
Anders als für Säugetiere, Vögel und Amphibien gebe es für Reptilien nur wenige Artenschutzprojekte, schreiben die Autoren einer Studie, die in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsjournals «Nature» erschienen ist. Für die Untersuchung haben Wissenschaftler aus 24 Ländern zusammengearbeitet, um herauszufinden, wie stark diese Tiergruppe überhaupt gefährdet ist.
Das Ergebnis: Mindestens 20 Prozent aller Reptilien sind weltweit vom Aussterben bedroht, also etwa jede fünfte Art. Am schlechtesten geht es Krokodilen, bei denen fast 60 Prozent aller Spezies bedroht sind, sowie Schildkröten, von denen die Hälfte ums Überleben kämpft. Grundsätzlich scheinen Reptilien, die in Wäldern leben, die grössten Probleme zu haben. 30 Prozent dieser Arten sind der Untersuchung zufolge vom Aussterben bedroht. Bei Spezies in Wüsten und Steppen sind es 14 Prozent.
Landwirtschaft und Abholzung schaden auch Reptilien
Die Wissenschaftler haben Daten von mehr als 10’000 verschiedenen Reptilienarten zusammengetragen und nach denselben Kriterien bewertet, die auch für die Rote Liste gefährdeter Arten gelten, die von der Weltnaturschutzunion IUCN herausgegeben wird. Dabei wird berücksichtigt, wie viele Exemplare einer Art es noch gibt, wie gross das Verbreitungsgebiet ist und wie schnell sich eine Art fortpflanzt.
Doch was sind die Ursachen für den Schwund dieser extrem vielfältigen Tiergruppe, in der es Schildkröten gibt, die durch ihre Genitalien atmen, und Chamäleons, die nicht grösser sind als eine Kichererbse? «Weil Reptilien so unterschiedlich sind, haben sie auch mit vielen verschiedenen Bedrohungen zu kämpfen», sagt Neil Cox von der IUCN, einer der Studienautoren.
Die Hauptfaktoren für den Schwund seien aber dieselben, die auch Säugetiere, Vögel und Amphibien treffen, heisst es in «Nature»: Landwirtschaft, Abholzung, Städtebau und invasive Arten. Welche Rolle der Klimawandel für den Reptilienschwund spielt, ist den Autoren zufolge noch unklar. Dennoch haben die meisten Bedrohungen wie bei anderen Tieren auch mit dem Menschen zu tun.
Schutz für Orang-Utans hilft auch Schlangen
Die gute Nachricht ist, dass deshalb Artenschutzprojekte für andere Tierklassen, wie etwa für Säugetiere, auch den Reptilien zugutekommen. Wo Wälder beispielsweise für Orang-Utans erhalten werden, geht es auch den dortigen Schlangen besser. «Ich war überrascht, in welchem Ausmass Säugetiere, Vögel und Amphibien als Stellvertreter für Reptilien dienen können», sagt der Umweltschützer Bruce Young, der an der Leitung der Studie beteiligt war.
Doch um das Aussterben vieler Reptilien noch zu verhindern, muss es nach Ansicht der Autoren in Zukunft zudem auch Schutzprojekte speziell für diese Tiergruppe geben.
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