Selbstverliebt, überheblich? Sie sind der ideale Chef!
Narzisstische Menschen übernehmen in ungeführten Gruppen fast automatisch die Führungsrolle, wie neue Studien aus den USA belegen – doch bessere Chefs sind sie deshalb nicht.
Chef zu werden, ist vor allem eine Charaktersache, fabulieren Personalberater gerne – und liegen damit richtig, auch wenn die Charakterzüge nicht immer die besten sind, wie Amy Brunell von der Ohio State University bestätigt hat. In drei getrennten Studien hat die Psychologin untersucht, welche Art von Menschen in ungeführten Gruppen gerne die Führung übernehmen.
Versuche mit hunderten Menschen durchgeführt
Für das erste Experiment absolvierten 432 Studentinnen und Studenten zunächst einen psychologischen Test, der unterschiedliche Persönlichkeitseigenschaften erfasste. Darunter auch narzisstische Züge, die sich bei vielen Menschen finden und erst ab einer starken Ausprägung als krankhaft gelten: ein ausgeprägter Selbstbezug, überzogene Darstellung der eigenen Stärken infolge geringen Selbstwertgefühls und ein Mangel an Einfühlungsvermögen für andere Menschen.
Brunell teilte die Probanden in Vierergruppen ein und bat sie sich vorzustellen, sie seien ein Hochschulkomitee und müssten für das kommende Jahr einen Direktor wählen – nach einer Debatte mit Hilfe unterschiedlicher Kandidatenprofile, von denen jeder Student eines vertreten musste. Die Auswertung und anschliessend ausgefüllte Fragebögen zeigten, dass Studenten mit ausgeprägtem Machthunger, einem narzisstischen Charakterzug, drei Einschätzungen teilten: Häufiger als andere gaben sie an, die Gruppe führen zu wollen und behaupteten, sie hätten die Debatte geprägt – und sie wurden auch von den übrigen Mitgliedern der Gruppe als Anführer gesehen. Ein anderer narzisstischer Zug, nämlich der Wunsch nach Aufmerksamkeit, korrelierte dagegen weniger stark mit einer Führungsrolle.
Führungsanspruch – doch keine besseren Resultate
Mit einem zweitem Versuch nahm Brunell auch die Führungsqualitäten unter die Lupe. Mehr als 400 Studenten, wieder in Vierergruppen eingeteilt, stellten sich vor, sie würden Schiffbruch erleiden und müssten 15 Dinge auswählen, mit deren Hilfe sie auf einer einsamen Insel überleben könnten. Wie im ersten Experiment drängten sich die narzisstisch geprägten Persönlichkeiten in die erste Reihe – doch die Auswertung bewies, dass die Resultate der Gruppen, in denen sie geführt hatten oder in der Mehrheit waren, keineswegs glänzend waren. Im Vergleich mit einer Liste eines Experten der US-Armee, der Soldaten jahrelang im Überlebenstraining erteilt hatte, waren ihre Ergebnisse nur durchschnittlich.
Dominant auch unter echten Managern
Dass sogar Arbeitspsychologen narzisstische Menschen als Führungspersönlichkeiten einschätzen, zeigte schliesslich eine dritte Versuchsreihe mit 153 Managern, die ebenfalls in Vierergruppen eine Entscheidungssituation nachspielten. Anhand des jeweiligen «Führungsanteils» stuften die geschulten Beobachter mehrheitlich narzisstische Menschen als «geborene Chefs» ein. Dies zeigt laut Brunell, «dass Narzissmus auch bei der Führung von wirklichen Managern eine Rolle spielt».
Wichtig sei, so betont die Studienleiterin, narzisstische Züge nicht mit echtem Selbstwertgefühl zu verwechseln. «Eine Person mit hohem Selbstwertgefühl ist selbstsicher und charmant, hat aber auch eine fürsorgliche Komponente», sagt Brunell, «Narzissten überschätzen dagegen ihre Fähigkeiten massiv. Für sie dreht sich alles um sie selbst, und sie geben nicht viel auf andere.»
Bei extremer Ausprägung solcher Eigenschaften schätzt die Psychologin solche Menschen sogar als gefährlich ein. «Es gab schon viele Studien, laut denen narzisstische Führungspersönlichkeiten zu riskanten Entscheidungen neigen», so die Psychologin, «sie können ineffiziente oder potenziell zerstörerische Chefs sein.»
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