Sie bringen Wandervögel zusammen
Monika Frepp und Edi Bühler werden morgen eine Hundertschaft von Wanderfreunden durchs Jonental nach Bremgarten führen. Ein Ausflug, auf dem auch heftig geflirtet wird.
Affoltern - Immer im Frühling kommt das Programm der «Zürcher Wanderwege» (ZAW) heraus. Für eingefleischte Wanderfreunde ist es so wichtig wie das Panini-Album für die Fussballfans vor der WM. Die publizierten Routen im gelben Büchlein werden alle unter fachkundiger Führung in Gruppen absolviert - zum Beispiel morgen Samstag im Säuliamt durchs Jonental und dann die Reuss entlang nach Bremgarten. Monika Frepp (60), gelernte Praxisassistentin, wird die Schar anführen. Sie erwartet hundert Personen. Aus Erfahrung weiss sie: Im Frühling sind die Leute besonders wanderfreudig.
Herausforderung Schlussläufer
Begleitet wird Monika Frepp von Edi Bühler (72), einem ehemaligen Bankangestellten. Er wird den Schluss machen und die Markierfähnchen, die Frepp an der Spitze am Wegrand eingesteckt hat, hinten wieder einsammeln. Bühler hat aber noch eine weit anspruchsvollere Aufgabe, denn es sollen alle hundert Wandervögel ans Ziel gebracht werden, und zwar gesund und rechtzeitig.
Am Schluss der Gruppe braucht es eine Portion Menschenkenntnis und Feingefühl, wie Bühler betont: «Wenn die Leute erschöpft sind, kann man sie auf einer freiwilligen Wanderung nicht antreiben wie im Militär.» Ein Problem seien zum Beispiel Frauen, die aus Angst vor dem Harndrang unterwegs zu wenig trinken und dann das Tempo nicht mehr halten können. «Es braucht Charme, Überredungskünste und Ortskenntnisse, um solche Probleme zu lösen», sagt Bühler. Charme und Überredungskünste, um die Frauen zum Trinken zu animieren, Ortskenntnisse, um sie zur nächsten öffentlichen Toilette zu führen - oder an die nächste Postauto-Haltestelle, wenn die Kraft nicht mehr reicht.
Eine hundertköpfige Gruppe zu leiten, kann anstrengend sein, das haben letztes Jahr die ZAW-Leiter erfahren, die im Tessin mit über hundert Leuten mit der Standseilbahn zum Ritomsee hochfahren wollten. Weil die Bahn den Ansturm nicht innert nützlicher Frist bewältigen konnte, mussten etliche auf die angekündigte Bergwanderung verzichten. Die Leiter improvisierten - und boten kurzerhand eine Alternative im Tal und eine abgekürzte Variante am Berg an.
Unter Singles beliebt
Was ist der Reiz, für eine bescheidene Entschädigung einen Massenausflug zu leiten? Monika Frepp und Edi Bühler antworten, ohne zu zögern. Ihre Wanderungen seien mehr als Wanderungen, für sie sind das gesellschaftliche Anlässe. «Etwa drei Viertel der Teilnehmenden sind Singles im gesetzteren Alter», sagt Bühler, «ihre Freude am Gemeinschaftserlebnis ist für uns Entschädigung genug.» Öfters hat er in seiner 10-jährigen Karriere erlebt, wie sich zwei näher kamen, bis sie schliesslich Hand in Hand in den Zug stiegen.
Die Route wird «vorgelaufen»
Die Vorbereitungszeit kann bis zu zwei Jahre dauern. Monika Frepp denkt bei jedem privaten Ausflug daran, ob daraus eine ZAW-Wanderung werden könnte. Wenn ja, müssen die Routen ein Jahr im Voraus entworfen, die Marschzeiten festgelegt, An- und Abreise geplant, Umgehungsrouten und Schlechtwettervarianten einberechnet sein. Die Wanderung durchs Jonental ist ideal für den Frühling, weil sie ohne grosse Anstrengung zu bewältigen ist. Mit Schnee muss nicht mehr gerechnet werden.
Wenn der ZAW-Obmann die Route bewilligt hat, beginnt die Rekognoszierungsphase. Mindestens einmal muss das Leiterteam die Route «vorlaufen». Monika Frepp hat sich als Begleiter Edi Bühler ausgesucht, der als Kreisleiter im Säuliamt für die Beschilderung der Wege zuständig ist. Er kennt das Jonental aus dem Effeff, wenigstens bis zur Kantonsgrenze. Erst auf der Besichtigung hat er gemerkt, dass die Aargauer ein Wegstück bei der Kapelle Jonental erneuert haben. Neu kann am steilen Hang den Bach entlang marschiert werden wie vor den letzten grossen Unwettern. Am Samstag wird sich die Wanderzeit auf diesem Weg um einige Minuten verringern.
Unbedingt telefonieren
Monika Frepp und Edi Bühler sind voller Vorfreude. Morgen wird alles blühen, und angesichts der guten Wetterprognosen müssen sie kaum auf die Reservewanderung im Tessin ausweichen. Dennoch betonen sie, dass man unbedingt vor der Abreise aufs Wandertelefon anrufen soll. Dort wird Monika Frepp heute Freitag ab 13 Uhr die letzten Neuigkeiten durchgeben: Sie hat nämlich kurzfristig umdisponiert. Der Start ist nicht mehr in Affoltern am Albis, sondern in Hedingen - weil von dort aus weniger Wegkilometer auf Teerstrassen zurückzulegen sind. ZAW-Gruppenwanderung im Säuliamt und im Reusstal, Samstag, 24. April. Auskunft Tel: 056 496 85 49. Edi Bühler und Monika Frepp erkunden das Jonental. Wo ist der beste Rastplatz? Wo gäbe es eine Abkürzung? Foto: Dominique Meienberg
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