«Sie haben ihn umgebracht»
Es war eine Sternstunde der Raumfahrt, als Juri Gagarin vor 50 Jahren als erster Mensch im Weltraum war. Der frühe Tod des Kosmonauten ist Anlass für Verschwörungstheorien – auch in einer neuen Biografie.
Als die sowjetische Rakete «Wostok I» am 12. April 1961 startete, bebte der Boden beim Kosmodrom Baikonur in Kasachstan. Kurze Zeit später bebte auch die Welt, als sie von der spektakulären Mission im All erfuhr, wie es ein Journalist schön umschrieb. Vor 50 Jahren wurde der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin der erste Mensch im Weltraum, in 108 Minuten umkreiste er die Erde. Damit schrieb der 27-Jährige Raumfahrtgeschichte – vor allem für die UdSSR, die mit dem ersten Satelliten, Sputnik, und dem ersten Hund im All, Laika, bereits mehrere Triumphe über die USA gefeiert hatte. Gagarin, der Mann mit dem netten Lächeln, wurde zum «Helden des Sozialismus» ernannt. Der Luftwaffenoffizier wird immer noch verehrt, auch im heutigen Russland ist Gagarin ein Held.
Zum Mythos Gagarin hat auch beigetragen, dass die wildesten Gerüchte darüber kursieren, wie er ums Leben kam. Fest steht nur, dass er bei einem Übungsflug mit einem Kampfjet am 27. März 1968 abstürzte. Die einen wollen wissen, Gagarin sei betrunken im Cockpit eines MiG-15-Flugzeugs gesessen. Die sowjetische Regierung teilte nur mit, dass der Unfall auf «eine unglückliche Verkettung verhängnisvoller Umstände» zurückzuführen sei.
Verschwörungstheorien
Andere sehen Gagarin als Opfer eines Komplotts des damaligen sowjetischen Geheimdienstes KGB, weil er Kritik am Kommunismus geäussert haben soll. Sogar Berichte von einer Entführung durch Ausserirdische machten die Runde.
Zu den Verschwörungstheoretikern gehört Ludmila Pavlova-Marinsky, die kürzlich eine Gagarin-Biografie veröffentlicht hat und deren Vater ein enger Freund des berühmten Kosmonauten war. «Mein Vater sagte immer: Sie haben ihn umgebracht», erklärt Pavlova-Marinsky in einem «Bild»-Interview.
Gemäss einer französischen TV-Dokumentation aus dem Jahr 2007 befanden sich neben Gagarins MiG-15 am Unfalltag auch noch vier weitere Jets vom Typ Suchoi Su-15 in der Luft, einer davon kam Gagarins Flugzeug bis auf wenige Meter nahe. Durch die Turbulenzen, die von der doppelt so schnellen und grossen Suchoi verursacht worden sein sollen, sei die MiG mit Gagarin an Bord ins Trudeln geraten und abgestürzt.
Zeuge bei Autounfall gestorben
Zur Rolle der Suchoi-Maschine, die Schuld an Gagarins Tod haben könnte, gibt es offenbar keine Informationen. «Offiziell schweigt man zu diesem Flugzeug», sagt Gagarin-Biografin Pavlova-Marinsky im «Bild»-Interview. «Mein Vater hat jahrelang danach geforscht und die Spur des Piloten in Sibirien gefunden. Aber der Mann kam angeblich bei einem Autounfall ums Leben.»
Laut Pavlova-Marinsky litt Gagarin unter dem Heldenstatus, in den ihn die Führung der kommunistischen Partei aus propagandistischen Gründen gedrängt hatte. Deswegen habe er sich auch beschwert. Ausserdem habe er gegen die Verhältnisse in der sowjetischen Raumfahrt rebelliert. «Das war natürlich ein Eklat», sagt Pavlova-Marinsky. «Das System liess ihn fallen.»
Während die Sowjetpropaganda Gagarin zum Helden hochstilisieren wollte, zeigt die Biografie von Pavlova-Marinsky eher das Bild eines jungen Mannes, der das Leben genoss. Seine Leidenschaft war ein Sportwagen der Marke Matra Bonnet Djet VS. «Er liebte den Wagen und raste damit durch Moskau», sagt Pavlova-Marinsky, die Gagarin persönlich kannte.
Buchhinweis: Ludmila Pavlova-Marinsky: «Juri Gagarin – Das Leben», Verlag Neues Leben, 2011, Berlin.
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