Clown-TheaterSie ist die lustigste Feministin der Schweiz
Gardi Hutter feiert ihr 40-Jahr-Bühnenjubiläum. Eine neue Biografie erzählt aus ihrem Leben. Zürich spielt auch eine Rolle.

Die Clownin Gardi Hutter hat Zürcher Politikerinnen gezeigt, wie man sauber macht. Und auch sonst gibt es in ihrer Bühnenkarriere viele Bezüge zur Stadt. Hier hat Gardi Hutter ihre Ausbildung zur Theatermacherin begonnen, hier hat sie als tapfere Wäscherin Hanna ihr erstes Debakel am Theater Spektakel erlebt. Ein paar Zürcher Aspekte, herausgelesen aus ihrer neuen Biografie.
Die Animateurin
Sie habe Talent, sagte man ihr, aber sie sei zu klein: «Sie werden nie eine Hauptrolle spielen.» 1974 spricht Gardi Hutter, damals 21, in Zürich für die Schauspielschule vor – und wird angenommen. Denn sie will auch nicht nach Hollywood oder auf die grosse Bühne, sondern mit Jugendlichen Theater machen. Ihr erstes Stück, aufgeführt mit Realschülerinnen und Realschülern in Garagen an der Culmannstrasse, ist ein grosser Erfolg. Gardi Hutter kauft sich eine neue Honda 125.
Die Ratgeberin
Gardi Hutters Elternhaus steht in Altstätten. Ihr Freund (und späterer Ehemann) Ferruccio Cainero will sie besuchen – und nimmt den Zug nach Altstetten. Im Zürcher Aussenquartier gibt es keine Parkstrasse. Gardi Hutter klärt ihn auf: Altstätten liegt ganz woanders.
Die Spektakuläre

«Giovanna d’Arppo» hat im Juli 1981 Zürcher Premiere am Theater Spektakel. Zwei Vorstellungen gehen gut über die Freilichtbühne, der dritte Auftritt drinnen im Esszelt ist ein Desaster. Niemand schaut richtig zu. Gardi Hutter will im nächsten Jahr wieder am Festival auftreten, man sagt ihr ab: «Du warst schon mal da.» Sie könnte schreien vor Wut.
Die Philosophin
«Eine grosse Clownin als kleine Maus.» 1998 schreibt die NZZ das erste Mal im Lokalteil über Gardi Hutter (vorher trat sie im Veranstaltungskalender auf). Ins Feuilleton schafft sie es mit einem Verriss zu «Sekretärin gesucht». Sie habe ein komisches Stück serviert, das weder Fisch noch Vogel, vor allem aber zäh sei. Später wird die Zürcher Zeitung jubeln. «Gardi ist gar kein Clown, sie ist eine Philosophin. Und eine Feministin. Und eine Ahnenforscherin. Und bildende Künstlerin.»
Die grosse Schauspielerin
An Silvester 1997 steht Gardi Hutter als tragische Kaisertochter Rea auf der Pfauenbühne, zusammen mit Anne-Marie Blanc, der Grande Dame der Schweizer Theaterszene. Gespielt wird «Romulus der Grosse» von Dürrenmatt. Gardi Hutter hats also doch auf eine grosse Zürcher Bühne geschafft. «Trotz allem» ist auch der Titel ihrer höchst lesenswerten Biografie.
Die Eroberin

Auftritt im Nationalratssaal, Frauensession 1991. Gardi Hutter ruft, als Wäscherin Hanna, in den Saal: «Meine Damen, mir scheint, Sie haben noch nie einen Besen in der Hand gehabt.» Sie macht dann den Zürcher Politikerinnen Lilian Uchtenhagen, Monika Stocker und Hedi Lang vor, wie man sauber macht. Ein legendärer Auftritt. «Gardi Hutter ist nicht nur die lustigste Schweizerin, sie ist auch die witzigste Feministin», schreibt ihre Biografin.
Die Zwischenruferin
Schauspieler Mathias Gnädinger bekommt im Federlos-Zelt auf dem Platzspitz den Hans-Reinhart-Ring. Moritz Leuenberger hält die Laudatio. Mit «Wer ist denn der da, was redet der so lange?» platzt Gardi Hutter in die Ehrung hinein und macht für das Publikum ein paar Spässe. Sie weiss bis heute nicht so recht, ob ihr Auftritt Moritz Leuenberger gefallen hat.
Die Gipfelstürmerin

Im Theater am Hechtplatz hätte im März ihre tapfere Hanna zum 40-Jahr-Bühnenjubiläum wieder auftreten sollen. Zu Theaterleiter Dominik Flaschka hat Gardi Hutter ein gutes Verhältnis, er schrieb ihr ein paar Rollen auf den Leib. In «Wanderful – There’s no Piz like Show Piz» spielt sie eine Frau mit Gumminasenallergie und träumt von einer neuen Karriere, in der niemand mehr über sie lacht. Wird nie passieren.
Denise Schmid: Trotz allem. Gardi Hutter. Biografie. Hier&Jetzt, 455 S., 44 Fr.
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Ich erinnere mich an die TV-Auftritte Anfangs 90er, in meiner Erinnerung lief Gardi Hutter damals in allen Sendungen. Zu jener Zeit schaute noch die ganze Familie zusammen SF1 und als Kind hatte man kein Vetorecht, was die Familie zu schauen hat. Ich dachte, das muss ein Generationenkonflikt sein – unvorstellbar, dass man diese Auftritte als lustig empfinden kann. Jetzt, 30 Jahre später sind die Auftritte (z.B. jener im Nationalratssaal) glücklicherweise auch online noch verfügbar. Nun kann ich ganz ehrlich sagen: das finde ich immer noch nicht lustig.