Sie ist zurück in ihrem Goldkäfig
Zehn Monate nach ihrer gescheiterten Flucht aus Dubai ist Prinzessin Latifa erstmals wieder auf offiziellen Fotos zu sehen. Doch das Rätsel um die junge Frau ist nicht gelöst.

Es ist das erste Lebenszeichen der verschwundenen Prinzessin Latifa, der Tochter des Emirs von Dubai, seit im vergangenen Frühjahr ihr spektakulärer Fluchtversuch gescheitert und sie zurück nach Dubai gebracht worden war. Die junge Prinzessin floh damals nach eigenen Angaben vor der Willkür ihres autoritären Vaters, Mohammed bin Rashid al-Maktoum, den sie in einem Video als «das Böse in Person» beschreibt. Nun, zehn Monate später, veröffentlichen die Emirate erstmals Bilder von Latifa. Sie zeigen sie gemeinsam mit Mary Robinson, der früheren UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte und einstigen Präsidentin Irlands.
Latifa trägt bei dem offiziellen Besuch eine Kapuzenjacke, Jeans und Sneaker. Das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Vereinigten Arabischen Emirate betonte, die Fotos seien mit beider Einverständnis verbreitet worden. Robinson sei bei ihrem Besuch am 15. Dezember versichert worden, dass Latifa die Versorgung und Unterstützung erhalte, die sie brauche. Robinson habe sich auf Bitten der Familie mit Latifa getroffen. Es gehe darum, falsche Behauptungen zu widerlegen und zu beweisen, dass Latifa mit ihrer Familie in Dubai lebe.
Dabei zeigen die neuen Fotos von Latifa vor allem eins: Der autoritär regierte Kleinstaat, der sich gerne weltoffen und seiner Zeit voraus gibt und von Januar an Gastgeber für die Fussball-Asienmeisterschaft ist, steckt in Erklärungsnot. Zu Latifas 33. Geburtstag Anfang Dezember veröffentlichte die BBC eine Dokumentation über «das Rätsel der verschwundenen Prinzessin». Latifa ist eines von mehreren Dutzend Kindern des Premiers der Vereinigten Arabischen Emirate, der mehrere Ehefrauen hat. Vor ihrer Flucht hatte Latifa in einem 40-minütigen Video von ihrem Leben im goldenen Käfig berichtet: Sie dürfe kaum das Haus verlassen, geschweige denn ohne Aufsicht reisen, studieren oder ein Handy besitzen. Ihr Plan war es, in die USA zu fliehen, um politisches Asyl zu beantragen.
Flucht lange geplant
Bereits mit 16 Jahren hatte sie ihren ersten Fluchtversuch unternommen, danach sei sie über drei Jahre lang gefangen gehalten, gefoltert und unter Drogen gesetzt worden, berichtet Latifa in dem Video. Auch ihre ältere Schwester Shamsa habe während eines Familienurlaubs in Grossbritannien im Jahr 2000 einen Fluchtversuch gewagt und ein ähnliches Schicksal erlitten. Sieben Jahre lang habe Latifa ihre zweite Flucht geplant, heisst es in der BBC-Dokumentation. Der französische Ex-Spion Hervé Jaubert, der wegen der Unterschlagung von mehreren Millionen Dollar im Jahr 2009 in den Emiraten angeklagt worden war und damals auf spektakuläre Weise entkam, sowie ihre finnische Sportlehrerin hätten Latifa bei ihrer Flucht geholfen.
Von Oman sollte es weiter ins indische Goa gehen – doch die Jacht wurde auf offenem Meer von der indischen Marine gestoppt. «Ob sie noch am Leben ist, kann nicht mit Gewissheit gesagt werden», sagte Jaubert der BBC. Wenige Tage später brach das Herrscherhaus in Dubai sein Schweigen: Latifas Familie freue sich darauf, den Geburtstag mir ihr gemeinsam zu feiern. Die Medienspekulationen über ihren Verbleib würden «mit grösster Betrübnis» betrachtet.
Elektroschocks und Schläge
Beide Fälle zeigen, dass es sich hierbei nicht um Vater-Tochter-Reibereien handelt, sondern um schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, jenseits des glitzernden Scheins von Luxus, den die Emirate im Ausland gern verbreiten. Millionen westliche Touristen strömen jährlich ins Land, um sich auch in den Wintermonaten in Luxusresorts am Strand zu sonnen und spektakuläre Silvesterfeuerwerke zu erleben, während hinter den Palastmauern ein gänzlich anderer Wind weht – und nicht nur dort. Amnesty International wirft der Regierung vor, die Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit einzuschränken. In diesen Tagen sollte der jordanische Journalist Tayseer al-Najjar freigelassen werden, der seit drei Jahren wegen eines kritischen Facebook-Posts in den Emiraten in Haft sitzt. Doch wenn er die Geldstrafe von rund 135'000 Dollar nicht bezahlen kann, muss er im Gefängnis bleiben.
Auch aussenpolitisch stehen die Emirate häufig in der Kritik: Der Kronprinz von Abu Dhabi gilt als Mentor des saudischen Prinzen Muhammad bin Salman, gemeinsam haben sie den Krieg im Jemen begonnen. Erst vor wenigen Monaten beschuldigte Amnesty die Emirate, Kriegsverbrechen dort begangen zu haben: So hätten Antiterroreinheiten der Vereinigten Arabischen Emirate zahlreiche Menschen im Jemen verschleppt, diese ohne Rechtsgrundlage monatelang in sogenannten Geistergefängnissen weggesperrt und dort mit Elektroschocks, Schlägen und sexuellem Missbrauch zu Geständnissen gezwungen, so die Menschenrechtsorganisation.
Der Kronprinz Scheich Mohammed bin Zayed war einer der Ersten, der dem saudischen Kronprinzen nach der Affäre um die Ermordung des regimekritischen saudischen Publizisten Jamal Khashoggi seine Unterstützung zugesichert hatte. Die CIA glaubt, dass Muhammad bin Salman den Tötungsbefehl gegeben hat. Doch Mohammed bin Zayed liess sich davon wenig beeindrucken, er begrüsste seinen Verbündeten kurz vor dem G-20-Gipfel Ende November am Flughafen mit Küsschen und Umarmungen.
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