Film-Highlights der WocheSie schlafen in einem berühmten Bett
In «Bergman Island» begibt sich ein Ehepaar auf die Spuren von Regisseur Ingmar Bergman. Dazu haben wir weitere Kino- und Streaming-Empfehlungen.

Bergman Island
Drama von Mia Hansen-Løve, F/S/B/D 2021, 112 Min.
Mit den Filmen von Mia Hansen-Løve kann man die einen jagen und die anderen bezaubern. Von «Un amour de jeunesse» (2011) bis «L’avenir» (2016) mit Isabelle Huppert schafft sie eine delikate Atmosphäre, einen sommerlichen Bilderreigen. Unter vermeintlich simplen Vorfällen verbergen sich kompliziertere Sehnsüchte. Anders gesagt, es passiert halt nicht viel, auch in «Bergman Island» nicht.
Die Französin hat das Drama unter dem Eindruck ihrer Scheidung gedreht, und gibt es dafür einen passenderen Ort als Fårö, wo Ingmar Bergman verschiedene seiner Filme drehte und wo er starb? Auf der Insel kommen Chris (Vicky Krieps) und Tony (Tim Roth) an, ein Paar von zwei Filmemachern, beide stecken in einer milden kreativen Krise. Die Aussicht, in jenem Bett zu schlafen, das in Bergmans «Szenen einer Ehe» zu sehen war, macht die Situation nicht besser. Jedenfalls entfremden sich die beiden voneinander, während sie die Schauplätze von Bergmans Meisterwerken aufsuchen.
Parallel läuft das Drehbuch, mit dem Chris gerade hadert, als Film-im-Film ab; es handelt von einer Frau (Mia Wasikowska), die nach Fårö kommt und eine alte Liebe wieder trifft. Wir haben es also mit einer Autofiktion dritter Ordnung zu tun und auch mit einer Betrachtung der touristischen Bergman-Besichtigung. Aber daher kommt das Leise als Drama von unerfüllten Träumen und Lebenslügen. Ganz Anti-Bergman, kein Sturm, sondern ein leichter Wind. Man muss ihn einfach spüren. (blu)
Xenix
Cha Cha Real Smooth
Komödie von Cooper Raiff, USA 2022, 107 Min.
Er sieht aus wie der kleine Bruder von Robert Pattinson – einfach mit etwas grösseren Zähnen. Der 25-jährige Texaner Cooper Raiff, der noch vor ein paar Jahren für Uber Eats Essen auslieferte, legt jetzt mit «Cha Cha Real Smooth» seinen zweiten Spielfilm vor, den er selbst geschrieben hat und in dem er die Hauptrolle spielt: Andrew ist 22 und gondelt orientierungslos durchs Leben. Manchmal managt er Bar-Mizwa-Partys, an einer davon lernt er die zehn Jahre ältere Domino (Dakota Johnson) kennen und empfiehlt sich als Aufpasser für deren autistische Tochter Lola (Vanessa Burghardt).
Was wie ein Mix aus «The Graduate» und «Rain Man» anmutet, wird hier zur Coming-of-Age-Geschichte zwischen Humor und Herzschmerz. Raiff schafft es, den Film in ein bemerkenswertes Gleichgewicht der Ungleichheiten zu bringen, was Familie, Zukunftsängste und Fürsorge betrifft. «Cha Cha Real Smooth» gewann den Publikumspreis in Sundance und wurde darauf von Apple TV für 15 Millionen Dollar gekauft. Er gilt manchen bereits als Klassiker der Tiktok-Generation. (Mehr zum Thema und zu Cooper Raiff gibts hier.) (zas)
Auf Apple TV
White Building
Drama von Kavich Neang, Kambodscha 2021, 90 Min.
Der Bau, auf den sich der Titel bezieht, war ein grosser Wohnkomplex in Phnom Penh. Regisseur Kavich Neang wuchs selbst dort auf, neben Drogendealern, Sexarbeiterinnen und Künstlern. Er drehte bereits einen Dokfilm darüber, wie die letzten Familien auszogen, bevor 2017 alles abgerissen wurde («Last Night I Saw You Smiling»). Jetzt schildert er das Ende vom White Building noch einmal als Spielfilm. Und gibt einen packenden Einblick ins gegenwärtige Kambodscha, wo sich Buddhismus und Popkultur mischen. Die Hauptstadt ändert sich unaufhaltsam: Rund um die zerfallenen Gebäude sind längst supermoderne Wolkenkratzer in die Höhe geschossen.
Im Zentrum steht ein Alter Ego des Regisseurs, Samnang (Piseth Chhun). Der junge Mann träumt davon, Hip-Hop-Tänzer zu werden, aber rund um ihn bricht alles zusammen: Sein bester Freund wandert nach Frankreich aus, sein Vater erkrankt schwer und die Mietervereinigung schafft es nicht, sich zusammenzuraufen. (ggs)
Ab Fr 1.7. auf Filmingo
The Lake
Comedyserie von Julian Doucet, Kanada 2022, 8 Folgen
Was Leichtes für die Sommertage gefällig? Dann ist diese erste kanadische Amazon-Serie die perfekte Wahl, denn sonniger und scharfzüngiger gehts nicht: Justin (Jordan Gavaris), offensichtlich schwul und gerade aus Australien nach Kanada zurückgekehrt, will sich in den Ferien erstmals um seine leibliche Tochter kümmern, die dunkelhäutige Billie (Madison Shamoun). Doch das Elternhaus am See hat inzwischen Justins Stiefschwester (Julia Stiles) zusammen mit ihrer Familie übernommen.
Da kommts bald zu allerlei unterhaltsamen Clashs, bei denen man sich mal im Kanustechen übt oder einen Spieleabend sabotiert – reichlich Alkohol und zahlreiche Liebschaften inklusive. Mag sein, dass das nicht für einen Originalitätspreis reicht, aber die Figuren sind scharf gezeichnet und die Dialoge kommen geflogen wie Screwball-Salven. Fürs heisse Bingewatchen sind das optimale Voraussetzungen. (zas)
Vertigo
Psychothriller von Alfred Hitchcock, USA 1958, 129 Min.
Im Hitchcock-Thriller verliebt sich ein Ex-Polizist (James Stewart) in eine Frau (Kim Novak), deren Suizid er wegen seiner Höhenangst nicht verhindern kann. Später begegnet er einer Verkäuferin, die der Toten unheimlich ähnlich sieht. «Vertigo» erhielt seinerzeit gemischte Kritiken, heutzutage gilt er als Meisterwerk – nicht zuletzt wegen seines eindringlichen Soundtracks, den Bernard Herrmann komponierte. Das Tonhalle-Orchester spielt nun seine Musik live zum Film. (ggs)
Do 30.6. / Fr 1.7., 19.30 Uhr, Tonhalle
How I Met Your Father
Comedyserie von Isaac Aptaker und Elizabeth Berger, USA 2022, 10 Folgen
Die New Yorkerin Sophie (Hilary Duff) erlebt ein selten wunderbares Date, eingefädelt über die Kennenlern-App Tinder. Doch muss der Angebetete noch am selben Abend nach Australien. Sie sei völlig verzweifelt über die Brooklyn Bridge gelaufen, erzählt Jahre später die ältere Version von Sophie ihrem Sohn. Sie hatte sich vorher eingeredet, an genau dem Abend «the one» zu treffen – und siehe da: Genau das passierte offenbar.
«How I Met Your Mother» kriegt ein Spin-off: «How I Met Your Father». Dieses ist wie das Original aufgebaut: Eine ältere Person erzählt ihren Kindern in der Zukunft, wie sie in der Gegenwart ihr «significant other» kennen gelernt und was für verrückte Sachen sie auf dem Weg so alles erlebt hat. Man verrät nicht zu viel, wenn man sagt, dass auch die Wohnung vorkommt, in der die Originalserie spielt. Das ist der Grund, warum die Neuauflage funktioniert: Wohnung und Bar sind nur hin und wieder zu sehen; die Referenzen sind eindeutig, aber eben nicht omnipräsent. Man spürt den Vibe des Originals, den Grundgeschmack, und doch ist es keine plumpe Fortsetzung, sondern eine neue Kreation. (SZ)
Auf Disney+
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