Sieben Planeten wie die Erde
Astronomen haben neue erdähnliche Planeten entdeckt. Eine sensationelle Entdeckung – und neuer Schub für die Suche nach ausserirdischem Leben.
Es war eine Sensation, als die Genfer Astronomen Michel Mayor und Didier Queloz am 6. Oktober 1995 die Entdeckung des ersten Planeten bekannt gaben, der um eine ferne Sonne kreist. 51 Pegasi b ist sein Name. Seither wurden Tausende weitere Exoplaneten entdeckt, manche von ähnlicher Grösse wie die Erde.
Nun ist einem internationalen Forscherteam eine Entdeckung gelungen, die Queloz als ebenso wichtigen Meilenstein einordnet wie die Entdeckung von 51 Pegasi b: Astronomen haben sieben Exoplaneten aufgespürt, die um den relativ nahe gelegenen Zwergstern Trappist-1 kreisen. Wie die Forscher im Fachmagazin «Nature» schreiben, befinden sich alle Planeten in der bewohnbaren Zone ihres Sterns, wo flüssiges Wasser vorhanden sein könnte – die Voraussetzung für Leben, wie wir es kennen.
«Dies ist eine sehr wichtige Entdeckung», sagt Hans Martin Schmid vom Institut für Astronomie der ETH Zürich, der nicht an der Studie beteiligt ist. «Trappist-1 wird in nächster Zeit eines der wichtigsten Objekte sein, um mehr über erdähnliche extrasolare Planeten zu erfahren. Es ist eine Art Rosetta-Stein der Astronomie.»
Grosse Beachtung für Trappist-1
Neben Queloz, der heute sowohl an der Sternwarte Genf als auch an der University of Cambridge arbeitet, ist Brice-Olivier Demory vom Center for Space and Habitability der Universität Bern der zweite Schweizer im 30-köpfigen Autorenteam. Demory hat gemeinsam mit anderen Astronomen aus den Daten des Spitzer-Weltraumteleskops der US-Weltraumbehörde Nasa die Masse der sieben Planeten berechnet: «Es hat sich gezeigt, dass alle Planeten etwa gleich schwer sind wie die Erde», sagt Demory. «Diese erdähnlichen Planeten sind nun unsere besten Kandidaten bei der Suche nach extraterrestrischem Leben.»
Bereits im Oktober 2016 hatten Yann Alibert und Willy Benz von der Universität Bern auf Basis von Computersimulationen vorhergesagt, dass Zwergsterne wie Trappist-1 häufig von erdgrossen Planeten begleitet sein sollten. Das hat sich nun bestätigt.
Trappist-1 findet schon seit einiger Zeit grosse Beachtung. Das hat mit der Tatsache zu tun, dass er fast zehnmal kleiner ist als die Sonne. Läuft ein relativ kleiner Planet vor einem Zwergstern wie Trappist-1 vorbei, sinkt dessen Leuchtkraft messbar ab. Bei einem grossen Stern wie der Sonne ist dieser Transiteffekt nur bei sehr grossen Planeten wie Jupiter oder Neptun zu beobachten, nicht aber bei kleinen, erdähnlichen Himmelskörpern.
Bereits letztes Jahr hat ein Forscherteam unter Beteiligung von Demory und Queloz drei erdgrosse Planeten bei Trappist-1 aufgespürt. Nach dieser Entdeckung richteten die Astronomen eine ganze Armada von Teleskopen in Chile, Marokko, Hawaii, La Palma und Südafrika auf den 39 Lichtjahre von der Erde entfernten Zwergstern. Zudem nahm das Nasa-Weltraumteleskop Spitzer Trappist-1 für 20 Tage ins Visier. Innerhalb weniger Monate beobachteten die Forscher 34 Planetentransits, aus denen sie die Existenz von vier weiteren Planeten ableiten konnten.
Die Masse der Planeten liess sich dank einer Besonderheit sehr gut abschätzen: Die Umlaufzeiten der sechs inneren Planeten sind gerade so, dass sie sich gelegentlich fast wie an einer Perlenkette aufreihen – sie treffen sich quasi wie die unterschiedlich schnell laufenden Zeiger einer Uhr um Punkt zwölf. Während zum Beispiel der innerste Planet achtmal um Trappist-1 kreist, umrundet der zweite Planet den Stern fünfmal, der dritte dreimal und der vierte zweimal. Diese Planeten befinden sich in einer sogenannten Bahnresonanz. Immer wenn sie sich besonders nahe kommen, sind sie auch den gravitativen Einflüssen der jeweils anderen Planeten besonders stark ausgesetzt, was die Umlaufzeiten um den Stern ein wenig verändert. Durch die Beobachtung der zeitlich verschobenen Transits konnten die Astronomen, darunter Demory, die Masse der Planeten berechnen.
Infografik: Trappist-1 im Vergleich mit unserem Sonnensystem

Die Tatsache, dass der Zwergstern Trappist-1 viel schwächer leuchtet als die Sonne, hat noch einen weiteren Vorteil: «Es wird nun erstmals möglich sein, die Atmosphäre von erdähnlichen Exoplaneten zu untersuchen», sagt Queloz. «Das ist wirklich ein Meilenstein und der Beginn einer äusserst spannenden Phase in der Planetenforschung.» Schliesslich ist es vor allem die Atmo- sphäre eines Planeten, die aufgrund der dort vorhandenen Moleküle Hinweise auf Leben geben könnte. «Wenn Sie mich vor 20 Jahren gefragt hätten, ob wir die Atmosphäre von erdähnlichen Exoplaneten untersuchen können, dann hätte ich geantwortet: Das ist zumindest mein Traum», sagt Queloz.
Tatsächlich haben die Astronomen bei den inneren beiden Planeten von Trappist-1 bereits mit dem Weltraumteleskop Hubble nach einer Atmosphäre gesucht. «Wir wurden aber nicht fündig», sagt Demory. «Dennoch konnten wir ausschliessen, dass deren Atmosphäre aus dichtem Wasserstoff oder Helium besteht, sonst hätten wir sie entdeckt.» Ob die Atmosphären Wasserdampf und andere Moleküle enthalten, ist aber nicht ausgeschlossen. «Mit dem James Webb Space Telescope, das nächstes Jahr startet, werden wir das herausfinden können», sagt Queloz. «Bisher konnten wir bei den erdähnlichen Planeten nur spekulieren, ob sie eine Atmosphäre besitzen und woraus sie besteht. Nun können wir diese Frage erstmals wissenschaftlich angehen.»
Demory gibt jedoch zu bedenken, dass noch völlig unklar ist, wie sich Leben in der Atmosphäre eines fernen Planeten bemerkbar macht. «Wir wissen zwar, dass Ozon und Sauerstoff in der Erdatmosphäre klare Zeichen für das irdische Leben sind», sagt Demory. «Aber das bedeutet nicht, dass Sauerstoff und Ozon in der Atmosphäre eines extrasolaren Planeten zwingend auf Leben deuten.» Zudem könnte Leben auf extrasolaren Planeten ganz anders aussehen als hier auf der Erde und folglich andere Spuren in der Atmosphäre hinterlassen.
Neues Teleskop der Uni Bern
Demory erwartet jetzt ein regelrechtes Wettrennen um die Entdeckung weiterer Zwergsterne und deren Planeten. Die Erfolgschancen stehen gut: «Schon seit einigen Jahren mehren sich die Hinweise, dass erdähnliche Planeten in unserer Galaxie relativ häufig sind», schreibt der Astronom Ignas Snellen von der Leiden University in einem Kommentar in «Nature». «Doch die aktuelle Studie deutet an, dass sie möglicherweise noch viel häufiger sind als bisher gedacht.»
Die sieben Wunder von Trappist-1 (Englisch). Video: Nasa/JPL-Caltech
Auch die Schweiz möchte die Jagd intensivieren. So bauen die Universitäten Bern und Genf sowie die Schweizer Initiative für Forschung in der Planetenwissenschaft (NCCR PlanetS) mit internationalen Partnern unter Leitung von Demory derzeit für 1,3 Millionen Franken das Teleskop Saint-Ex. «Damit werden wir speziell diese ultrakalten Sterne anschauen und nach Transits suchen», sagt Demory. Die Nasa möchte noch dieses Jahr den Transiting Exoplanet Survey Satellite (Tess) in den Orbit schicken und damit nicht nur, aber auch Planeten bei Zwergsternen aufspüren.
Und in zwei bis drei Jahren, hofft Queloz, sollte das James Webb Space Telescope Resultate zur Atmosphäre der Trappist-1-Planeten liefern. «Jetzt beginnt die Reise zur Entdeckung von Leben im Universum», sagt Queloz. «Wir wissen natürlich nicht, ob wir Leben finden. Aber wir werden es versuchen.»

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