Sika: Drei Gewinner und ein bitterer Nachgeschmack
Das überraschende Ende des jahrelangen Übernahmestreits ist für alle Beteiligten gut.
Der seit Dezember 2014 schwelende Übernahmestreit um den Zuger Bauchemiekonzern Sika findet ein überraschendes Ende: Der französische Industriekonzern Saint-Gobain, der Sika übernehmen wollte, löst zwar den gültigen Kaufvertrag mit der Sika-Erbenfamilie ein. Er verkauft jedoch einen guten Teil des erworbenen Aktienpakets direkt weiter an Sika. Und er verzichtet auf die vollen Stimmrechte und damit die Kontrolle am Schweizer Unternehmen.
Diese Lösung ist für alle drei Beteiligten die beste: Sika bleibt unabhängig und ein schweizerisches Unternehmen. Damit kann die Erfolgsgeschichte des Unternehmens weitergeführt werden. Sie wäre gefährdet gewesen, wenn der Zuger Bauchemiekonzern dem ungleich grösseren, aber wesentlich weniger erfolgreicheren französischen Industrieriesen Saint-Gobain einverleibt worden wäre.
Gemeinsamer Auftritt ist nun möglich
Für beide Beteiligten gut ist auch, dass sie sich auf eine tiefergehende Zusammenarbeit geeinigt haben. Das macht Sinn, beispielsweise im Autozulieferungsgeschäft: Saint-Gobain ist ein führender Autoglashersteller, Sika ist mit ihren Klebstoffen in jedem zweiten Auto vertreten. Nun kann man gegenüber der Autoindustrie gemeinsam auftreten.
Einen Gewinn aus der nun getroffenen Einigung hat Saint-Gobain auch, weil das Unternehmen mit dem Deal einen Gewinn von mehr als 600 Millionen Euro erzielt. Dieses Geld kann der französische Konzern nun gewinnbringender einsetzen, als wenn er gegen alle Widerstände stur die Übernahme von Sika durchgeboxt hätte.
Denn ob diese erfolgreich gewesen wäre, darf bezweifelt werden. Schon unter normalen Umständen sind die meisten Grossübernahmen und Fusionen nicht wirklich ein Erfolg: zu gross sind oft die kulturellen Unterschiede zwischen den beiden Unternehmen. Im Fall von Sika zeichnete sich zusätzlich ab, dass nach der Kontrollübernahme durch Saint-Gobain ein wesentlicher Teil des Managements und möglicherweise auch der Forschungsmitarbeiter das Unternehmen verlassen und es somit geschwächt hätten.
Die zweifelhafte Rolle des Staranwalts
Positiv ist das Ende des Streits schliesslich auch für die Erbenfamilie Burkard. Sie kann ihr Aktienpaket wie angestrebt verkaufen und sich auf andere Engagements konzentrieren. Sie hat sogar noch einen Zuschlag von knapp einer halben Milliarde Franken gegenüber dem ursprünglich vereinbarten Kaufpreis heraushandeln können. Dies, weil Sika in den vergangenen Jahren trotz des Übernahmekrimis geschäftlich so stark unterwegs war, dass der Aktienkurs sich seither von rund 3000 auf nun 7500 Franken mehr als verdoppelt hat.
Ein bitterer Nachgeschmack bleibt allerdings: Der ganze Streit wäre nicht nötig gewesen, wenn sich die Familie Burkard nicht von ihren Beratern hätte komplett falsch beraten lassen. Vor allem der angebliche Staranwalt Urs Schenker, der den Deal eingefädelt hatte, spielte eine zweifelhafte Rolle. Er riet der Familie, den Verkauf ihres Aktienpakets an Saint-Gobain am Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung vorbei zu organisieren. Er zog keine Investmentbank und keine Kommunikationsberater bei, sondern machte alles im Alleingang. Das war fahrlässig; Schenker führte die Familie damit in die Irre.
Die Burkards umgekehrt müssen sich vorwerfen lassen, dass sie bis zum Schluss keine Zweitmeinung einholten. Sie setzten selbst nach der bitteren Niederlage vor dem Zuger Kantonsgericht unverdrossen auf ihren Berater Urs Schenker und dessen engeres Umfeld. Das ist unverständlich: Eine Erbenfamilie verkauft für Milliarden das von ihren Vorvätern gegründete und erfolgreich aufgebaute Unternehmen und holt keine Zweitmeinung ein – kaum zu glauben. Jeder, der ein Haus baut oder eine teure Zahnoperation braucht, lässt sich von verschiedener Seite beraten. Die Burkards unterliessen dies sträflich.
Doch nun ist dies glücklicherweise passé, zum Nutzen aller drei Beteiligten. Es ist gut, dass zum Ende doch noch die Vernunft gesiegt hat.
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