

Philipp Loser
Inlandredaktor «Tages-Anzeiger»
Ja
Draussen wird es Frühling, und drinnen, in stinkenden Hallen, beginnen jene paar Eishockeyspiele (von mindestens tausend in einer Saison), die plötzlich zählen. Auf die Weltmeisterschaft freue ich mich auch schon, dann ist die Badi-Eröffnung nicht mehr weit.
Büne Huber wird wahrscheinlich vor dem Fernseher sitzen. Büne Huber, Sänger von Patent Ochsner, ist Eishockeyfan und nur Eishockeyfan. Mit Fussball hat er abgeschlossen. Ein Scheiss-Sport sei das geworden, «Pussy-Zeugs» von weichen Jungs mit tätowierten Unterarmen. «Das sind noch Manne!», rief er und zeigte Richtung Eisfeld, wo eine Eismaschine vorbeizuckelte. Es war eine kleine und heftige Tirade, abgelassen in einem Interview mit Teleclub in einer Drittelpause des zweiten Finalspiels zwischen seinem SC Bern und Lugano.
Warum zählt eine gezupfte Augenbraue mehr als eine saubere Grätsche?
Ja, Büne hat recht. Nicht mit der Eishockeysache (jetzt mal ernsthaft: Wer überlegt sich diesen Modus? Es ist Frühling!), aber mit dem Rest. Es ist die Klage aller Romantiker und enttäuschten Sehnsuchts-Fussballer: Wo sind die Typen hin? Warum zählt eine gezupfte Augenbraue mehr als eine saubere Grätsche? Was sollen das Gespucke und die Schauspielerei und das ewige Provozieren? («Tue provoziere!», rief FCB-Trainer Urs Fischer seiner Rakete Renato Steffen kürzlich bei einer Einwechslung zu. Ein Hinweis, so unnötig wie jener eines Redenschreibers von Johann Schneider-Ammann, der Chef solle nicht vergessen, etwas über «Jobs» und «Rahmenbedingungen» zu sagen.)
Ja, wo sind sie hin, die Arbeiter, die Handwerker, die ganz normalen Männer mit den krummen Beinen und Gesichtern? Typen wie Marc Zellweger, Urs Fischer (bei Zürich, nicht jetzt), Thomas Häberli und, natürlich, Beni Huggel. Wir vermissen euch! Schauen wir halt Eishockey stattdessen.
Nein, das dann doch nicht.

Florian Raz
Sportredaktor «Tages-Anzeiger»
Nein
Erst wollte ich mich – ganz alter Möchtegern-Fussballer – ins Schmusetuch kuscheln und auf meinen Unterarm-Tattoos nachlesen, wie meine Kinder heissen. Warten, dass der böse Büne-Sturm vorüberzieht. Bis sich Kollega Loser per SMS gemeldet hat: «Pussy!»
Ja, harte Hockeybuben kennen keine gendergerechten Flüche. Und neue Argumente auch nicht. Eishockey, das ist Männersport, im Fussball gibts nur Weichbecher. Diese Diskussion ist so etwas von 90er-Jahre. Zugegeben, so lustig und mit ehrlichem Feuer vorgetragen wie von Huber habe ich die alte Leier lange nicht gehört. Nur verwechselt er einiges: Schwalbenkönige fallen nicht, weil sie Warmduscher sind. Sie sind die knallharten Offshore-Anwälte des Rasens, die Wallstreet-Haie des Sports. Auf der Suche nach Gewinnmaximierung testen sie das schwächste Glied im System (den Schiedsrichter). Das ist nur liberal. Zumindest solange Finma und Fifa nicht eingreifen.
Wie macht sich ein Hockeyteam warm? Es spielt – richtig – Fussball.
Damit zum Gegenangriff: Das Eishockey hat ein Problem: Es ist – auch durch Regeländerungen – schneller und intensiver geworden. So schnell und intensiv, dass immer mehr Spieler verletzt fehlen und immer mehr nach Gehirnerschütterungen zurücktreten. Kent Ruhnke hat im TA deswegen ernsthaft mehr Schlägereien gefordert. Nicht weil es ach so männlich ist, sich zu prügeln. Sondern um Verletzungen zu verhindern, da ein fieser Check aus Angst vor Rache ausbleiben könnte.
Der Fussball steht in voller Blüte: Er ist – auch durch Regeländerungen – schneller und intensiver geworden. Das hat keine Gehirnerschütterungen zur Folge, dafür aber spektakuläre Matches und mehr Tore. Für diesen Gegenwert nehme ich sogar einen Gockel wie Cristiano Ronaldo CR7® in Kauf.
Haben Sie übrigens mal zugeschaut, wie sich ein Hockeyteam warmmacht? Es spielt – richtig – Fussball. Pussys?
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Sind Fussballer nur noch Weicheier?
Mit seiner Schimpftirade trat Büne Huber eine Grundsatzdebatte los: Wie verweichlicht ist der Fussball? Wir stellen uns die Frage auch.