Sind Kuhglocken Tierquälerei?
In dieser Rubrik beantworten unsere Redaktoren die am häufigsten gegoogelten Fragen.

Die Schweiz hat kein offizielles Nationaltier. Doch seit eh und je ist die Kuh auf der Alp mit einer massiv gegossenen Glocke um den Hals ein heimlicher Favorit. Warum sonst würde der Flughafen Zürich im Terminal E all seine Gäste mit dem Glockengeläut begrüssen oder verabschieden. Und warum sonst hätten in den Souvenirläden die gefleckten, die braunen, aber lustigerweise auch die rot-weissen Kühe aus Holz ein Glöckchen um.
Die Idylle ist perfekt. Das Klischee für immer und ewig zementiert. Kuh und Glocke sind untrennbar, haben eine lange Tradition, an der es nichts zu rütteln gibt. Der vertraute Anblick verkörpert ein Gefühl von Heimat und Sehnsucht nach den Bergen. Es ist ein Sinnbild für eine heile Welt. Ohne Schadstoffe und ohne Hightech. Natur pur.
Doch macht einer Kuh der ständige ohrenbetäubende Lärm nichts aus? Natürlich nicht, werden nun die Befürworter sofort lauthals rufen. Es sei schon immer so gewesen. Ihr gehe es gut. Keine Frage. Man sehe es doch. Das wahre Glück auf vier Beinen mitten im saftigen Grün. Und dazu noch die beruhigende Musik, bei denen allen Städtern das Herz aufgeht. Leider hat noch niemand die Sprache der Kuh während des Gebimmels wissenschaftlich genau analysiert, um herauszufinden, ob vielleicht unterschiedliche Lautstärken, Stimmlagen und «Muuh»-Dehnungen einen Hinweis auf ihr tatsächliches Wohlbefinden geben.
Vor drei Jahren untersuchte jedoch ein Team an der ETH Zürich erstmals an 19 Kühen auf der Weide, ob eine Glocke mit einem Gewicht von 5,5 Kilogramm das Verhalten der Tiere ändert. Einige bekamen eine funktionsfähige Glocke, andere eine «stille» Glocke ohne beweglichen Klöppel – und diejenigen aus der Kontrollgruppe keine. Das Fazit: Durch das Tragen der Glocke, ob funktional oder nicht, verkürzte sich während der drei Messtage die Wiederkauzeit und Fressdauer frappant. Kein Wunder. Der Lärm betrug in einer Distanz von 20 Zentimetern zwischen 90 und 110 Dezibel, etwa so laut wie ein Presslufthammer. Aber auch das Gewicht könnte für die Veränderung verantwortlich sein.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Es bleibt am besten alles, wie es schon immer war. Doch ist es nicht an der Zeit, eine neue Ära einzuläuten? Kann der Landwirt eine im Nebel verloren gegangene oder abgehauene Kuh heutzutage nicht auch ohne das Gebimmel wiederfinden? Um sie zu «tracken», hängt er ihr einen GPS-Chip um, den sie als Peilsender um den Hals trägt. Und die legendären Glocken könnten sich die Leute ins Wohnzimmer stellen. Als Erinnerung an die schöne alte Zeit.
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