So bringt die ETH Objekte zum Schweben
Ein schwebender Zahnstocher oder ein frei fliegender Instant-Kaffee: Forscher der ETH Zürich lassen Objekte auf der Schallwelle surfen. Die Methode verspricht Erfolg in der Industrie.

Ganz ohne faulen Zauber haben Forscher der ETH Zürich einen Zahnstocher in der Luft schweben lassen und frei fliegenden Instant-Kaffee aufgelöst. Der Trick: Die Objekte werden von Schallwellen getragen – eine Methode, die zahlreiche industrielle Anwendungen verspricht.
Die Forscher um Daniele Foresti vom Labor für Thermodynamik konnten diverse Objekte und Flüssigkeiten nämlich nicht nur schweben lassen, sondern sie auch auf einer zweidimensionalen Ebene kontrolliert bewegen, berichten sie im Fachblatt «Proceedings of the National Academy of Sciences» (PNAS).
Die Arbeit ist mehr als Taschenspielerei: Häufig wäre es von Vorteil, Partikel oder Flüssigkeitströpfchen in der Luft und ohne Kontakt zu einer Oberfläche manipulieren zu können. Denn einige chemische Reaktionen und biologische Prozesse werden von Oberflächen beeinflusst, und manche Substanzen zerfallen beim Kontakt, schrieb die ETH in einer Mitteilung.
Auf Schallwelle surfen
Kontaktfreie Manipulationen in der Luft gelangen bisher aber nur mit Magneten, elektrischen Feldern oder dem Auftrieb von Flüssigkeiten. Dies schränke die Auswahl von Materialien zur Untersuchung jedoch stark ein, erklärte Studienleiter Dimos Poulikakos in der Mitteilung. Flüssigkeiten müssten etwa magnetisch sein und Tröpfchen unlösbar, wie Öl in Wasser.
Mit Schallwellen könnten hingegen verschiedenste Objekte zum Schweben gebracht werden, solange ihr maximaler Durchmesser nicht grösser ist als die halbe Wellenlänge der Schallwelle. Auf dieser «surft» das Objekt – ähnlich wie ein Tischtennisball auf dem Luftstrahl eines Gebläses.
Luftiger Instant-Kaffee
Indem sie mehrere Schall-Sender und Reflektoren parallel nebeneinander schalteten, konnten die Forscher die schwebenden Objekte kontrolliert von einem Modul zum anderen bewegen. Erstmals seit der Entdeckung der Kraft des Schalls, dem Schalldruck, vor über 100 Jahren gelang damit die Manipulation von in der Luft schwebenden Dingen.
Testfall war ein Krümel Instant-Kaffee, den Foresti mit einem Wassertropfen zu – allerdings kaltem – Kaffee zusammenführte. Der Physiker experimentierte auch mit einer Leuchtfarbe versehenen Tröpfchen, die beim Verschmelzen aufleuchteten, was er mit einem Video dokumentierte. Aber auch Tropfen aus Wasser, Kohlenwasserstoffen und verschiedenen Lösungsmitteln brachten die Forscher mit Ultraschallwellen erfolgreich zum Fliegen.
Anwendung in Chemie und Pharma
Da sich damit mehrere Objekte gleichzeitig bewegen lassen, sehen die Forscher zahlreiche industrielle Anwendungen für ihre Methode, etwa in der Materialverarbeitung, Biochemie und Pharmaindustrie. Chemische Substanzen könnten zum Beispiel schrittweise und ohne störende Oberflächen miteinander zur Reaktion gebracht werden.
Doch Vorsicht: Ist der Schalldruck grösser als die Oberflächenspannung des Tropfens, wird dieser explosionsartig atomisiert – was aussieht wie ein Meteoriteneinschlag in Miniatur.
SDA/rbi
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