Finanzplanung des Kantons ZürichSo gross wird das Corona-Loch in der Kantonskasse
Finanzdirektor Ernst Stocker budgetiert für 2022 ein Minus von 310 Millionen Franken – und ist trotzdem zuversichtlich.

Das Corona-Loch in der Zürcher Staatskasse scheint weniger gross zu werden als bisher gedacht. Der Regierungsrat schätzt die Auswirkungen der Pandemie zuversichtlicher ein als noch vor einem Jahr, wie die am Freitag von Regierungsrat Ernst Stocker (SVP) vorgelegte Finanzplanung zeigt.
Dies hat vor allem einen Grund: die massiv erhöhten Ausschüttungen der Nationalbank. Aber auch bei den Steuereinnahmen erwartet der Regierungsrat in den kommenden vier Jahren 200 Millionen Franken mehr als noch vor einem Jahr. Dies, weil laut Stocker sehr viele Firmen und Personen durch die Pandemie nicht finanziell geschädigt worden sind. So sei in der Stadt Zürich rund ein Drittel der Privatpersonen bereits im Rentenalter. Stocker sagte dazu: «Die Branchen und die Privatpersonen, die grosse Einbussen erlitten, zählten schon vor der Krise nicht zu den grössten Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern.»
Keine Steuererhöhung
Gleichwohl budgetiert der Regierungsrat 2022 ein Minus von 310 Millionen Franken. Auch in den Folgejahren erwartet er rote Zahlen. Insgesamt rechnet Stocker über die acht Jahre der Finanzplanung (vier zurückliegende und vier kommende Jahre) mit einem Verlust von 750 Millionen Franken. Gesetzlich ist vorgeschrieben, dass dieser Wert nicht im Minus liegen darf.
Allerdings zeigte sich der Finanzdirektor auch in diesem Punkt zuversichtlich. Er habe Signale, dass der Rechnungsabschluss fürs laufende Jahr deutlich besser ausfalle als erwartet. Auch hier nannte er als Grund die Ausschüttung der Nationalbank und tendenziell tiefere Ausgaben bei der Corona-Hilfe.
Aus diesem Grund beantragt der Regierungsrat dem Parlament für die nächsten zwei Jahre keine Steuererhöhung. Der Staatssteuerfuss soll bei 100 Prozent bleiben. Damit wäre er schon 20 Jahre lang stabil.
Stark wachsende Erträge
Wegen der kommenden mageren Jahre wird das Eigenkapital bis im Jahr 2025 von 10,6 auf 8,7 Milliarden Franken sinken. Auch der Selbstfinanzierungsgrad sinkt, im laufenden Jahr auf 16 Prozent. Anschliessend steigt er nach Stockers Prognosen bis 2025 wieder moderat auf 46 Prozent an. Der Kanton muss seine Investitionen also in den nächsten Jahren zu einem grossen Teil fremdfinanzieren, und die Verschuldung wird auf über 8 Milliarden Franken steigen. Ein Niveau, das laut Stocker letztmals vor rund 20 Jahren erreicht war.
Der Aufwand erhöht sich im kommenden Jahr um knapp 700 Millionen Franken. Hauptgrund sind zusätzliche Zahlungen an die Gemeinden. Es geht um erhöhte oder neue kantonale Beiträge an die Ergänzungsleistungen und an die Gemeindestrassen.
Bis 2025 rechnet die Regierung mit 1,2 Milliarden höheren Ausgaben. Die Erträge steigen in der gleichen Zeitspanne um 1,6 Milliarden Franken – wegen der erwarteten Nationalbankgelder und höherer Steuererträge.
Neues Härtefallprogramm
Für die von Corona besonders hart getroffenen Kleinunternehmen kündigte Stocker eine vierte Härtefall-Runde an. Bewerben können sich ab 31. August Firmen mit einem Jahresumsatz von maximal 5 Millionen Franken, die über 70 Prozent ihres Umsatzes verloren haben. Sie sollen neu bis zu 30 Prozent eines Jahresumsatzes als nicht zurückzuzahlenden Beitrag beantragen können. Bewerben können sich auch Firmen, die bereits Corona-Geld erhalten haben. Die bisherigen Auszahlungen werden eingerechnet. Laut Stocker reicht das Geld aus den bisher bewilligten Krediten dafür aus.
Parteien mit Steuerfussantrag einverstanden
Bei den Parteien stösst der Antrag auf einen gleich bleibenden Steuerfuss auf eine noch nie dagewesene Einigkeit: Es sind alle einverstanden. Selbst die SVP verzichtet auf die Forderung nach einer Steuersenkung. Die Grünen wollen aber mehr Geld für den Umweltschutz, die GLP für Informatik und die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, und die SP verlangt generell mehr Investitionen. SVP, FDP und Mitte kritisieren das starke Ausgaben- und Stellenwachstum, und die Vereinigten Personalverbände verlangen 1,5 Prozent mehr fürs Personal. Die Regierung bietet lediglich 0,4 Prozent.
Daniel Schneebeli ist Redaktor im Ressort Zürich. Er ist Kantonsratsberichterstatter und schreibt vorwiegend über politische Themen und Personen. Seit 1989 ist er im Journalismus tätig, zuerst beim «Zürcher Unterländer», ab 1996 beim «Tages-Anzeiger».
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