Tipps für SkifahrerSo schön ist Carlo Jankas Winterwunderwelt
Vier Skiberge, tolle Abfahrten und viel Platz auf den Pisten: Das Wintersportgebiet von Obersaxen und Vella im Bündnerland hat enormes Potenzial.

Am Piz Sezner herrscht prächtiges Winterwetter. Auf der Sonnenterrasse kommen wir ins Zögern: Sollen wir schon abfahren? Und wenn ja, in welche Richtung? Nach Obersaxen/Meierhof hinunter, unserem Ausgangsort? Wir entscheiden uns für Vella, für die andere Seite des Gebirgszugs, fürs Val Lumnezia, das Tal des Lichts. Nach ein paar Metern vergessen wir das Ziel. Selbstvergessen gleiten wir den sanften Hängen entlang.
Fünfzehn Kilometer verspricht die Abfahrt. Gelegentlich tauchen Alphütten auf, die verstreut, jede für sich und doch nicht allein, in der Winterlandschaft stehen. Je länger wir unterwegs sind, desto weicher wird der Schnee – die Piste befindet sich auf der Sonnenseite der Skischaukel in der Surselva. Irgendwann taucht ein Alpbeizli auf. Später ein Stall, vor dem Leute picknicken, schöner kann es an diesem Skitag kaum werden. Darum wollen wir auch nicht gleich wieder auf den Berg, sondern sehen uns zuerst in Vella um.

Im Dorfzentrum das Backhäuschen
Wettergegerbte Häuser umstehen das palastähnliche Schloss der Familie de Mont im historischen Zentrum von Vella. Die Wohnhäuser und Ställe gruppieren sich um ein putziges Backhäuschen neben dem Schloss. Die Einwohnerinnen kamen alle zwei Wochen hierher, um gemeinsam Brot zu backen. Die Leute von Vella arbeiteten auch bei der Bewirtschaftung der Alpen zusammen. Sie liessen ihre Tiere von Heulager zu Heulager ziehen – jene Hütten, die uns bei der Abfahrt auffielen.
In Pleif bei Vella thront die grösste Kirche des Tals: Sogn Vintschegn, dem heiligen Vinzenz geweiht. Im Schiff hängt ein monumentales Gemälde, von der Adelsfamilie de Mont respektive der lokalen Rosenkreuzer-Bruderschaft bestellt und bezahlt: die Seeschlacht von Lepanto. Auch dürfen die sonst traditionell links sitzenden Frauen in dieser Kirche auf der rechten Seite Platz nehmen. Ein Vorrecht, das die Frauen errangen, weil sie in einer Schlacht im Tal eine wichtige Rolle spielten.
Einige Gebäude in Vella sind mit dem Namen Peter Zumthor verbunden. Der Architekt und ehemalige Denkmalpfleger trug viel zum Erhalt des Dorfes bei. Er hat auch die 500-jährige Casa d’Angel im nahen Lumbrein umgestaltet, heute Museum und Kulturzentrum. In einer Kammer wird der riesige Bergkristall vom Piz Regina ausgestellt, der nicht nur Kinderaugen zum Leuchten bringt. Im Stock darüber informiert eine Ausstellung zum Thema Wölfe. Seitdem die Raubtiere vermehrt in den Tälern auftauchen, sind sie ein viel diskutiertes Thema.
Ab Vella kann man gut auch zu Fuss die Winterwelt geniessen. Der Rundwanderweg Senda d’unviern Triel führt in drei bis vier Stunden via Badesee Davos Munts zum Aussichtspunkt Triel (Restaurant) und über Morissen zurück nach Vella. Die Skiberge erreicht man mit der Sesselbahn nach Hitzeggen. Von dort aus sieht man das nächste Ziel, den Piz Mundaun, und weit im Tal dahinter die Stadt Chur. Die Bündner Rigi ist bekannt für ihre fantastische Rundsicht vom Piz Terri bis ins Rätikon und hinüber zum Splügenpass. Dort türmt sich gerade eine markante Wolkenwand, eine Föhnmauer.

Die körperlichen Kräfte lassen sich auf der Skischaukel Vella/Obersaxen gut dosieren. Auf jedem der vier verbundenen Skiberge Piz Mundaun, Hitzeggen, Stein und Piz Sezner kann man zwischen Abfahrten aller Schwierigkeitsgrade wählen. Heimelige ältere und einladende neue Gasthäuser bieten Möglichkeiten zur Rast. Behaglichkeit ist angesagt, keine Massenabfertigung.
Eldorado für Kinder
«Wohin sind denn die vielen Leute verschwunden?», fragt ein junges Paar, das zuvor einige Minuten bei der Talstation des Sessellifts anstehen musste. Auf der Piste sind nur vereinzelte Skifahrerinnen und Skifahrer zu sehen. «Jede der vier Bahnen ab Vella, Valata, Misanenga und Meierhof trägt in der Stunde 2000 Personen den Berg hoch, und von jedem Gipfel führt ein halbes Dutzend Pisten ins Tal. Die Wintersportler verteilen sich gut», erläutert Markus Good, Geschäftsführer der Bergbahnen.
Ab Stein ist sportliches Fahren angesagt. Wir wählen die Carlo-Janka-Piste. Der Skirennfahrer stammt aus Obersaxen. Als wir nach der schwarz markierten Abfahrt in Kartitscha ankommen, bemerken wir, dass die Piste von unten steiler wirkt als von oben – umso besser! Obersaxen gilt als traditionsreicher Ort für ambitioniertes Skifahren. Hier ist ein grosser Skiclub zu Hause. So wie früher Carlo Janka verbessern Kinder und Jugendliche unter professioneller Anleitung ihre Skitechnik.
Obersaxen und Vella zählen zu den klassischen Familiendestinationen mit preiswerten Unterkünften sowie Skischulen und Anlagen für Anfänger. Die Kleinsten wagen erste Schritte im Umfeld von Zauberteppichen in Chummenbühl, Vella oder Cuolm Sura. Können sie selbstständig auf den Brettern stehen, wechseln sie zum Beispiel zum Übungslift in Kartitscha, wo die Eltern vor dem Bergrestaurant die Sonne geniessen und den Kindern zuschauen. Sind die jungen Skisportlerinnen sicher unterwegs, finden sie in der Geländekammer am Piz Sezner grossartige Abfahrten.
Am Ende des Tages gehts nochmals auf den Sezner, den höchsten Punkt. Diesmal nehmen wir die Piste ganz links, die in einem weiten Bogen zum Bergrestaurant Wali hinunterführt. Nach ein paar Hundert Metern wählen wir zum ersten Mal die Panoramafunktion der Kamera: Rundum leuchten weisse Gipfel – unglaublich. Als Meierhof nach langer Abfahrt auftaucht, ist klar: Diese Skiregion bietet viel mehr, als man erwartet.
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