Schätzung der StadtSo teuer wäre Gratis-ÖV in Zürich
Kein Ticket für Tram, Bus und Zug: Davon träumen die Zürcher Juso. Eine Berechnung des Stadtrats lässt nun aufhorchen.

Was kostet ein sozialistischer Traum? Auf diese Frage liefert der Zürcher Stadtrat jetzt eine Antwort.
Aber von vorne. Die Stadtzürcher Juso haben Ende August ihre Gratis-ÖV-Initiative lanciert und somit einen alten Traum der Linken wiederbelebt – jenen von Bussen und Trams, die die Bevölkerung kostenlos durch die Stadt Zürich kurven. Die Idee fand offenbar Anklang. Die Jungsozialistinnen hätten die notwendigen 3000 Unterschriften beisammen, sagt Anna Luna Frauchiger, Co-Präsidentin der Juso.
Zum Ende der Unterschriftensammlung ist, pünktlich wie ein VBZ-Tram (sofern gerade kein Schnee liegt), die Antwort des Stadtrats zur Initiative eingetroffen. Allerdings nicht in Form einer offiziellen Stellungnahme zum Juso-Anliegen.
Paralleler Vorstoss im Gemeinderat
Parallel zur Initiative hatten nämlich die SP-Politikerin Simone Brander und ihr Parteikollege Pascal Lamprecht einen Vorstoss im Gemeinderat eingereicht. Darin wollten sie von der Stadtregierung wissen: Welche Mehrkosten würden der Stadt entstehen, wenn der öffentliche Verkehr für alle innerhalb der Zone 110 kostenlos wäre?
Die Antwort: 314'309'000 Franken. Jährlich.
Diese Zahl entspreche den Ticketerträgen aus dem Jahr 2018 und würde somit «grob die entfallenden Einnahmen» darstellen. Der Stadtrat unterstreicht, dass den «sehr hohen Einnahmeausfällen» vergleichsweise «geringfügige Einsparungen» gegenüberstünden. So listet die Stadt die Kosten für den Ticketverkauf (rund 14,5 Millionen Franken) oder für die Billettkontrollen (rund 8,9 Millionen) auf.
«Ein kostenloser öffentlicher Verkehr in der Stadt Zürich ist aufgrund übergeordneter gesetzlicher Grundlagen nicht möglich.»
Ein Teil dieser Kosten würde aber auch dann weiter bestehen, wenn das Stadtgebiet, also die Zone 110, gratis wäre, so der Stadtrat. Zum Beispiel jene, die für Billettverkäufe von Tickets anfallen, die über die Stadt hinaus gültig sind. «Wie gross die Einsparungen effektiv wären, lässt sich anhand der vorhandenen Daten nicht abschätzen», heisst es in der Antwort.
Juristisch heikel
Erst im vergangenen Sommer erklärte das Bundesgericht die «Züri autofrei»-Initiative der Juso für ungültig (lesen Sie hier mehr dazu). Und auch beim jüngsten, in Initiativform gegossenen Juso-Traum droht juristisches Ungemach. Der Stadtrat schreibt deutlich: «Ein kostenloser öffentlicher Verkehr in der Stadt Zürich ist aufgrund übergeordneter gesetzlicher Grundlagen nicht möglich.»
Erstens halte die Bundesverfassung fest, dass die Tram-, Bus- und Zugpassagiere einen angemessenen Teil der Kosten bezahlen sollten. Zweitens liege die Tarifhoheit im Kanton Zürich beim ZVV. Drittens sei im kantonalen Gesetz über den öffentlichen Personenverkehr der «Grundsatz der Wirtschaftlichkeit des Verkehrsangebots» verankert. Es bräuchte also Gesetzesänderungen, um in der Stadt Zürich das Gratistram einzuführen, argumentiert der Stadtrat.
Die Juso suchen nun einen Termin mit der Stadtverwaltung und reichen ihre Initiative voraussichtlich noch im Februar ein.
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