Software-Panne lässt Raiffeisen Hypo-Zins falsch berechnen
Die Rechnungen einiger Eigenheim-Kunden fielen zu tief aus oder der Betrag wurde ihnen nicht verrechnet.

Die Bank Raiffeisen hat derzeit gleich mehrere Baustellen. Das drittgrösste Institut der Schweiz arbeitet die Ära unter ihrem Ex-Chef Pierin Vincenz auf, besetzt den Verwaltungsrat neu und muss sich auch noch mit Dieben herumschlagen: In Basel wurden Tresorfächer der lokalen Raiffeisenbank ausgeräumt. Hinzu kommt noch eine besonders heikle Aufgabe: Die Bank führt derzeit ein neues Informatiksystem ein.
Es ist eines der wichtigsten Projekte des zuletzt unter Druck geratenen Raiffeisen-Chefs Patrik Gisel und soll dafür sorgen, dass die Bank ihr mehr als 20 Jahre altes Informatiksystem ablösen kann. Schritt für Schritt soll die neue Software bei den regionalen Raiffeisenbanken eingeführt werden. Das klappt aber allerdings nicht so, wie es sich die Zentrale in St. Gallen vorgestellt hat.
Rechnungen zu tief
Bei den ersten Banken, die mit der neuen Informatik arbeiten, kam es zu Fehlern bei der Berechnung der Hypothekarzinsen. Eine Raiffeisen-Sprecherin bestätigt dies: «Es gab bei wenigen Fällen ein Berechnungsproblem.» Derzeit sei die Bereinigung der Panne im Gang. Die Rechnung sei bei den meisten betroffenen Kunden zu tief ausgefallen oder der Betrag wurde ihnen nicht verrechnet. Ob die Kunden nun die ausstehende Summe nachbezahlen müssen, gab die Bank nicht bekannt. Die vom Fehler betroffenen Raiffeisenbanken würden ihre Kunden über das Vorgehen informieren, so die Sprecherin.
Damit unterläuft der Bank ein Fehler in ihrem Kerngeschäft. Denn kein anderes Institut setzt so stark auf die Hypotheken wie die Genossenschaftsbank. Ihr Marktanteil liegt bei 17,5 Prozent. Im letzten Jahr betrug der Zuwachs des Instituts bei der Immobilienfinanzierung mehr als 4 Prozent. Der Schweizer Markt legte nur um 3 Prozent zu. Raiffeisen gewann also auf dem Schweizer Hypothekenmarkt weiter an Bedeutung.
500-Millionen-Projekt
Die Einführung der neuen Informatik beschäftigt die Bank seit Jahren, und sie kostet viel Geld – rund 500 Millionen Franken sollen es sein. Das Projekt Rainbow ist für Raiffeisen so wichtig, dass sich die Bank sogar mit 10 Prozent am Lieferanten, dem Zürcher IT-Unternehmen Avaloq, beteiligte und mit der Firma ein Joint-Venture gründete. Vor kurzem hat Raiffeisen den Anteil an Avaloq wieder verkauft.
In diesem Jahr sollte es endlich so weit sein und die Resultate der Investitionen spürbar werden. Ursprünglich sollten alle rund 250 Raiffeisenbanken in der Neujahrsnacht auf die neue Software wechseln. Doch die Bank überarbeitete den Plan, wie der Finanzblog «Inside Paradeplatz» schrieb. Zuerst sollten nur 60 Banken umgestellt werden. Raiffeisen wollte das Risiko mit der gleichzeitigen Umstellung aller Banken auf einen Schlag nicht eingehen, damit die neue Software kontrolliert eingeführt werden kann.
Lehren aus der Umstellung
Doch das Vorhaben wurde noch einmal angepasst. Bislang haben 22 Raiffeisenbanken tatsächlich auf die neue Software gewechselt. Darunter befinden sich grössere und kleinere Institute aus unterschiedlichen Sprachregionen. Um welche Banken es sich handelt, gibt die Raiffeisen nicht bekannt.
Bei diesen 22 Genossenschaftsbanken zeigt sich nun, dass die Umstellung einen grösseren Aufwand mit sich bringt, als zunächst angenommen wurde. «Die Einführung der ersten Tranche mit 22 Banken per 1. Januar brachte wertvolle Erkenntnisse des Systems im Bankalltag», so eine Sprecherin.
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Die Erfahrungen aus der Umstellung sollen erst umgesetzt werden, um dann bei den Banken ein System einzuführen, das besser auf die Raiffeisenbanken abgestimmt sei. «Die weiteren Bankenmigrationen sind an Auffahrt und an Pfingsten geplant», so die Sprecherin. Auf das Budget soll dies aber keinen Einfluss haben. Es könne eingehalten werden, so die Sprecherin weiter.
Damit sind die kommenden Feiertage für die Bankeninformatiker gestrichen. Postfinance führt am Osterwochenende ihre neue Bankensoftware ein. Wie Raiffeisen ist auch Postfinance eine für die Schweiz systemrelevante Bank.
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