Überraschende Umfragewerte
Sogar die SVP-Basis will transparentere Politikfinanzierung
Die neuen Transparenzregeln kommen im Volk gut an – primär bei der SVP-Wählerschaft. Dabei hatte die Partei im Parlament ganz anders gestimmt. Bitte beachten Sie die Korrektur am Schluss des Artikels.

Für die Schweiz ist es eine Revolution: Bei den Nationalratswahlen im kommenden Oktober müssen die Parteien erstmals offenlegen, wie viel Geld sie für den Wahlkampf ausgeben. Das Transparenzgesetz verpflichtet sie ausserdem dazu, bekannt zu geben, welche Firmen, Verbände und Privatpersonen ihre grössten Geldgeber sind.
Bisher wurde hierzulande um die Politikfinanzierung ein Geheimnis gemacht. Es war so unergründlich wie die wahre Herkunft Harry Potters. Mehrere Anläufe, das zu ändern, scheiterten – bis im Juni 2021 das Parlament einem abgeschwächten Gegenvorschlag zu einer Transparenzinitiative zustimmte.
Fast 70 Prozent Zustimmung
Jetzt zeigt sich: Die neuen Transparenzregeln finden bei den Wählerinnen und Wählern breite Unterstützung. Laut einer Umfrage von «20 Minuten» und Tamedia unterstützen 68 Prozent des Wahlvolks die neuen Bestimmungen. Nur bei den über 65-Jährigen sinkt die Unterstützung auf (immer noch hohe) 60 Prozent, bei den Jüngeren liegt sie bei rund 70 Prozent.
Auffällig ist, dass die Zustimmung in der Basis der bürgerlichen Parteien grösser ist als in der Wählerschaft von Rot-Grün. Besonders hoch ist dabei der Zustimmungswert bei den SVP-Anhängerinnen und -Anhängern: 82 Prozent unterstützen die neuen Regeln.
«Starker Elite-Basis-Gegensatz»
Das ist bemerkenswert, weil die SVP im Parlament dagegen gestimmt hatte. Nur drei von insgesamt 52 Mitgliedern der Fraktion sprachen sich für mehr Transparenz aus.
Laut dem Politologen Lucas Leemann zeigt das Umfrageergebnis «einen starken Elite-Basis-Gegensatz in der SVP». Leemann und sein Kollege Fabio Wasserfallen vom Institut Leewas haben die repräsentative Onlinebefragung durchgeführt.
SVP-Generalsekretär und Nationalrat Peter Keller sieht den Grund für die Diskrepanz in einer Falscheinschätzung: «Das eine ist das angestrebte Ziel» – die Finanztransparenz – «und das andere die monströse gesetzliche Umsetzung.» Die Monstrosität zeige sich darin, dass der Leitfaden der Finanzkontrolle zu den Transparenzvorschriften 43 Seiten umfasse.
Generell findet rund die Hälfte der Wählerinnen und Wähler, es werde zu viel Geld für den Wahlkampf ausgegeben. Einzig in der Basis der FDP ist diese Meinung etwas weniger ausgeprägt: Nur rund ein Drittel vertrat in der Umfrage diese Haltung.
Korrektur vom 3. März 2023
Bei der Umsetzung der Umfrage-Resultate beim Institut Leewas kam es zu einem technischen Fehler. Generell ist die Unterstützung der neuen Transparenzregeln demnach zwar sehr hoch. Aber die Basis von SVP, FDP und Mitte ist tendenziell kritischer als diejenige von SP, Grünen und Grünliberalen. Die richtigen Werte sind in der untenstehenden Grafik ausgewiesen. Die Fehlerquelle wurde unmittelbar nach der Feststellung durch Leewas eruiert und behoben. Tamedia, «20 Minuten» und Leewas bitten für den Fehler um Entschuldigung. (ese)
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