Sozialdetektive im Kanton ZürichGolta erteilt SVP und FDP eine Absage: «Resultat ist kein Ruf nach Verschärfungen»
Die Zürcherinnen und Zürcher haben die gesetzliche Grundlage für Sozialdetektive mit knapp 68 Prozent angenommen. Die Stimmbeteiligung lag bei 50 Prozent.
Das Wichtigste in Kürze:
Die Zürcherinnen und Zürcher sprachen sich am Sonntag für eine gesetzliche Grundlage für Sozialdetektive aus. Die Zustimmung betrug 67.7 Prozent.
Alle 162 Gemeinden haben das Gesetz angenommen.
Die Stimmbeteiligung lag bei 50,1 Prozent.
Lesen Sie hier alles, was Sie über die Vorlage wissen müssen.
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Die Auszählung ist in allen 162 Gemeinden abgeschlossen und das Resultat könnte nicht deutlicher sein: rund 68 Prozent der Zürcherinnen und Zürcher wollen eine gesetzliche Grundlage für Sozialdetektive. Es gab keine Gemeinde, die die Vorlage abgelehnt hatte. Darauf macht auch Sicherheitsdirektor Mario Fehr an einer Pressekonferenz aufmerksam: «Die 49 Gemeinden, die gegen die Vorlage das Referendum ergriffen haben, konnten ihre eigene Stimmbevölkerung nicht davon überzeugen.»
Die neuen Regeln für Sozialdetektive treten am 1. Juli in Kraft. Ab dann müssen auch jene Gemeinden, die ihren Sozialdetektiven bisher mehr Kompetenzen gaben, diese Regeln einhalten.
Der Regierungsrat kann diese Gemeinden zwar nicht zwingen, künftig auf spontane Observationen oder GPS-Tracker zu verzichten. Weil die Sozialhilfeempfänger sich ab diesem Datum aber problemlos gegen die Gemeinden wehren können, geht der Regierungsrat davon aus, dass die Gemeinden von sich aus die neuen Regeln einhalten.
Der Stadtzürcher Sozialvorsteher Raphael Golta (SP) zeigt sich zufrieden mit dem Abstimmungsresultat: «Wir können mit diesem Gesetz arbeiten, es ist ein guter Kompromiss, der breit abgestützt ist. Details wie die Frage, ob GPS-Tracker erlaubt sind oder ob eine vorgängige Bewilligung beim Bezirksrat nötig ist, sind aus unserer Sicht nicht matchentscheidend. Wichtig ist, dass wir nun eine klare Rechtsgrundlage haben.»
Auch er erteilt den Verschärfungsforderungen von FDP und SVP eine Absage: «Aus diesem Abstimmungsresultat lässt sich keine Legitimation für Verschärfungen ableiten. Es gibt wichtigere Fragen in der Sozialhilfe, auf die wir unsere Energie richten sollten.» Dazu gehöre etwa das Problem, dass Ausländerinnen und Ausländer auf Sozialhilfe verzichten, weil sie um ihre Aufenthaltsbewilligung fürchten.
Jeannette Büsser (Grüne), die sich im Kantonsrat für Sozialdetektive ausgesprochen hat, spricht von einem «ganz klaren Ja zur Limitierung von Observationen». Aus dem Abstimmungsresultat könne keinesfalls abgeleitet werden, dass die Stimmberechtigten eine Verschärfung wünschten, im Gegenteil: «Die Bevölkerung will keine unkontrollierte Überwachung.» Sie erhofft sich vom Gesetz auch Transparenz, wie viel überhaupt observiert wird. Das sei wichtig, in den letzten Jahren hätten etliche Gemeinden Sozialdetektive eingesetzt, obwohl die Rechtsgrundlage dafür fehlte.
Kantonsrätin Linda Camenisch, (FDP, Bülach) zeigt sich ebenfalls zufrieden mit dem Ergebnis. Zwei Drittel der Stimmbürgerinnen und -bürger hätten gezeigt, dass sie Sozialhilfebetrug ahnden möchten. «Leider ist das Gesetz so, wie es jetzt vorliegt, ein zahnloser Papiertiger. Das haben die Stimmberechtigten offenbar zu wenig verstanden.»
Schon vor der Abstimmung kritisierte Camenisch die Bewilligungspflicht beim Bezirksrat. Sie sagt: «Die Verlierer sind die Gemeinden, die das Referendum ergriffen haben. Sie müssen künftig <Bittibätti> beim Bezirksrat machen, wenn sie einen Sozialdetektiv einsetzen wollen.»
Camenisch geht darum davon aus, dass die wenigsten Gemeinden zu Sozialdetektiven greifen werden: «Vielmehr werden sie künftig öfter eine Strafanzeige einreichen.» Eine sofortige Verschärfung des Gesetzes hält sie jedoch für falsch. «Wir sollten zuerst genau analysieren, wie das Gesetz in der Praxis funktioniert.»
SVP-Kantonsrat Claudio Schmid sieht die Niederlage als Sieg an: «Die Stimmbürger wollen Sozialdetektive.» Er kündigt an, die SVP werde dranbleiben und im Kantonsrat Verschärfungen fordern, vor allem GPS-Tracker. Wenn das nicht erfolgreich sei, werde die SVP eine Volksinitiative lancieren.
Nachdem 108 von 162 Gemeinden ausgezählt wurden, zeichnet sich das Ja immer deutlicher ab. Noch immer stimmen alle Gemeinden für eine Gesetzesgrundlage. Es gibt keine Gemeinde, die die Vorlage abgelehnt hat. Das knappste Ergebnis verzeichnete die Gemeinde Marthalen, wo «nur» 51,65 Prozent der Vorlage zugestimmt haben. Die Auszählung der Stadt Zürich fehlt jedoch noch.
Nachdem 70 Gemeinden ausgezählt wurden, zeichnet sich ein klares Ja zur Gesetzesgrundlage für Sozialdetektive ab. Bisher gibt es noch keine Gemeinde, die die Vorlage abgelehnt hat. Der Ja-Stimmenanteil liegt bei 66 Prozent, erste Hochrechnungen gehen jedoch von einer Zustimmung von 69 Prozent aus. So hoch war der Zuspruch zu einer Vorlage zuletzt bei der Velo-Initiative, damals betrug sie 70,5 Prozent.
Die Stimmbeteiligung im Kanton Zürich liegt bei 49 Prozent. Damit ist sie fast gleich gross wie bei der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative (50,5 Prozent). Die tiefste Stimmbeteiligung unter den 55 ausgezählten Gemeinden weist mit 38 Prozent Höri auf. Kurz darauf folgt mit 39 Prozent Weiach. Beide Gemeinden gelten als SVP-Hochburgen, haben die Vorlage jedoch trotz dem SVP-Nein angenommen. Die höchste Stimmbeteiligung hat mit 66 Prozent die Gemeinde Dättlikon im Bezirk Winterthur.
Laut ersten Hochrechnungen wird das Gesetz über Sozialdetektive wuchtig angenommen: 68.5 Prozent sagen Ja. Ausgezählt sind mittlerweile 40 Gemeinden, wobei keine Gemeinde das Gesetz bisher abgelehnt hat. Dies, obwohl SVP und Grüne die Vorlage bekämpft haben.
Resultate von 31 Zürcher Gemeinden liegen nun vor. Bisher haben alle Gemeinden das Gesetz über die Sozialdetektive angenommen. Der Anteil Ja-Stimmen liegt bei 65 Prozent. Die Stimmbeteiligung liegt bei 49 Prozent.
Die Gemeinde Bachs im Bezirk Dielsdorf nimmt die gesetzliche Grundlage für Sozialdetektive mit einem Ja-Anteil von 58 Prozent an. Dies, obwohl die SVP mit einem Wähleranteil von 47 Prozent die stärkste Partei ist und diese ein Nein empfohlen hat. Besonders interessant: Seit 2019 sind in Bachs die Grünen mit fast 20 Prozent vertreten - das ist der höchste Wähleranteil der Grünen im ganzen Kanton. Auch diese haben ein Nein empfohlen.
Die ersten 16 Gemeinden sind ausgezählt. Alle nehmen die gesetzliche Grundlage für Sozialdetektive an. Der Ja-Anteil liegt bei 66 Prozent. Die Stimmbeteiligung beträgt rund 50 Prozent. Noch sind aber zu wenige Gemeinden ausgezählt. Die erste Hochrechnung wird um 12:15 erwartet.
Die neuen Bestimmungen sehen vor, dass Sozialämter und -behörden ihre Klienten verdeckt observieren lassen dürfen, wenn ein konkreter Verdacht besteht. Der Knackpunkt der Vorlage: Jede Überwachung müsste im Voraus vom Bezirksrat genehmigt werden.
Gegen die Vorlage stellen sich SVP und FDP, weil sie ihnen zu wenig weit geht. Auch AL und Grüne sind gegen das Gesetz, der Grund dafür liegt aber politisch auf der anderen Seite: Sozialhilfebezüger sollen nicht unter Generalverdacht gestellt werden.
Für die Vorlage sprechen sich CVP, EVP und GLP aus. Zähneknirschend stellt sich auch die SP auf ihre Seite, weil sie bei einem Nein ein schärferes Gesetz befürchtet.
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