Sommaruga lobt Präventionsprojekte
Der Besuch der Justizministerin zementiert Zürichs Vorreiterrolle in der Extremismusprävention.

Am Donnerstagnachmittag um 15.20 Uhr kam Bundesrätin Simonetta Sommaruga aus dem Knast. Die Justizministerin besuchte die Justizvollzugsanstalt Pöschwies, um sich mit eigenen Augen ein Bild davon zu machen, wie ihr vor zwei Monaten verabschiedeter Nationaler Aktionsplan zur Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus (NAP) im Kanton Zürich umgesetzt wird. «Einmal sehen ist besser als dreimal hören», erklärte eine sichtlich stolze Regierungsrätin Jacqueline Fehr den Besuch.
Nicht zu Unrecht: Simonetta Sommaruga war voll des Lobes für den Kanton Zürich. «Der Kanton hat nicht gewartet, sondern war bereits sehr aktiv», sagte die Bundesrätin vor den Medien. Sommarugas Aktionsplan gegen Extremismus fokussiert nicht auf Repression, sondern auf die Prävention von Radikalisierung bei Jugendlichen. Mit 26 Massnahmen sollen gefährdete Jugendliche und junge Erwachsene früh erkannt und betreut werden.
Imam im Gefängnis
Im Zürcher Gefängnis Pöschwies ist seit neuem ein an der Universität Bern ausgebildeter Imam als Gefängnisseelsorger angestellt. Im letzten Jahr sah sich Regierungsrätin Jacqueline Fehr der Kritik ausgesetzt, dass Imame islamistisches Propagandamaterial ins Gefängnis geschleust haben sollen. Fehr machte Zweifel an diesen Informationen geltend, sagte jedoch: «Wir haben sie zum Anlass genommen, alles zu überprüfen. Heute können wir sagen: Wir wissen, wer bei uns arbeitet.» Die Imame seien institutionell eingebunden und dahingehend ausgebildet, Religion nicht als einziges identitätsstiftendes Merkmal, sondern als eines unter vielen zu begreifen. «Der islamische Extremismus wurzelt in einer Gewaltdisposition, die vorgängig in einem Menschen angelegt ist», sagte Fehr. Die Religion oder Ideologie diene alleine als Legitimationsrahmen der Gewalt. Dank «Octagon», einem vom Forensiker Jérôme Endrass entwickelten Risikoforschungs-Tool, könne man in Zürich nun gefährliche Extremisten von weniger gefährlichen differenzieren und entsprechend behandeln.
Weiter lobte Bundesrätin Sommaruga die Extremismus-Fachstellen in den Zürcher Städten. «Andere, gerade kleinere Kantone haben hier noch Nachholbedarf», sagt André Duvillard später, der als Delegierter des Sicherheitsverbunds Schweiz mit Sommaruga mitgereist war. Welche Kantone konkret Nachholbedarf haben, erfuhr man nicht. In den Städten Bern, Biel und Genf wurden bereits ähnliche Fachstellen für Extremismus wie in Zürich und Winterthur eingerichtet.
«Mit Fachstellen wie in Winterthur wissen Angehörige jetzt, wohin sie sich bei Anzeichen wenden müssen»
Winterthur galt als Jihadisten-Hochburg der Schweiz. Fakt ist, dass viele Fälle von Jugendlichen bekannt wurden, die von hier aus in den Irak oder nach Syrien in den Jihad reisten. Genauso wie aus Arbon und Lausanne. «Mit Fachstellen wie in Winterthur wissen Angehörige oder Bezugspersonen jetzt, wohin sie sich bei Anzeichen wenden müssen», sagte der Winterthurer Stadtrat Nicolas Galladé, unter dessen Federführung die Winterthurer Fachstelle entstanden ist.
Die Fachstelle war der letzte Programmpunkt von Sommarugas Zürich-Besuch. Es sei klar, dass solche Phänomene mehr in Städten auftreten, und ebenso klar, dass in ebendiesen Zentren nun auch die Lösung für die Probleme gesucht würde, sagte Galladé. Genaue Zahlen, wie viele Risikopersonen im Kanton leben, gibt der Bund nicht bekannt.
Ein therapeutisches Programm
Quantitativ kann der Erfolg der Präventionsmassnahmen bisher nicht evaluiert werden. «Wichtig ist aber der Wissenstransfer und das interdisziplinäre Netzwerk», sagte Regierungsrätin Fehr. Und dieses sei vorhanden.
Im Zentrum für Kinder- und Jugendforensik der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich wurde ein therapeutisches Deradikalisierungsprogramm entwickelt. Gefährdete Jugendliche sollen lernen, sich mit ihren extremistischen Einstellungen kritisch auseinanderzusetzen.
Der Justizvollzug im Kanton Zürich sieht zudem Anpassungen in der Untersuchungshaft vor. Der Prozess von der U-Haft bis hin zur Freilassung soll als ganzheitlich betrachtet werden mit dem Hauptziel eines deliktfreien späteren Lebens – auch bei Extremismus-Anfälligen.
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