Sonntagsarbeit soll im Homeoffice erlaubt sein
Bürgerliche Politiker wollen die Arbeitszeitvorschriften lockern. Die Gewerkschaften sehen den Arbeitnehmerschutz bedroht.

Der Aargauer FDP-Nationalrat Thierry Burkart sorgt sich um die Gestaltungsfreiheit der Arbeitnehmenden im Homeoffice. Diese würden durch die gesetzlichen Bestimmungen zu stark eingeschränkt und könnten ihre Arbeitszeit nicht wirklich frei, ihren Bedürfnissen entsprechend, organisieren. Das geltende Gesetz sei auf die klassische Büroarbeitszeit ausgerichtet und passe nicht zum flexiblen Modell des Homeoffice. Das will Rechtsanwalt Burkart nun ändern. Mit einer im vergangenen Dezember eingereichten parlamentarischen Initiative verlangt er eine Lockerung diverser Arbeitszeitvorschriften.
So soll etwa das sonntägliche Arbeitsverbot fallen. Eine Arbeitgeberin würde demnach künftig keine behördliche Bewilligung mehr benötigen, damit ihre Mitarbeitenden auch am Sonntag von zu Hause aus arbeiten können. Auch die tägliche elfstündige Ruhezeit solle im Homeoffice nicht so streng gehandhabt werden müssen. Wer innerhalb der Ruhezeit schnell etwas erledige, wie etwa eine E-Mail schreiben, verstosse damit nicht gleich gegen das Gesetz. Und schliesslich will Burkart auch den maximalen Zeitrahmen für die Arbeit lockern. Heute ist die tägliche Arbeitszeit auf einen Zeitraum von 14 Stunden zu beschränken; künftig sollen es 17 Stunden sein.
Diese Ausdehnung sei gerade zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf unerlässlich, so Burkart. Das erlaube es, längere Pausen einzulegen, um die Kinder zu betreuen und die Arbeit trotzdem innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraums zu erledigen. Burkart betont, dass die Lockerungen nur gelten sollen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, «die ihre Arbeitszeit zu einem namhaften Teil selber festsetzen können», was allerdings, wie er auf Anfrage anfügt, bei denen mit Homeoffice meist der Fall sei.
«Anpassung an teilweise schon Gelebtes»
Mit seinem Vorhaben stösst der FDP-Politiker bei den Vertretern der Arbeitnehmenden erwartungsgemäss auf Widerspruch. Das Arbeitsrecht weise zwar Lücken auf, sagt Luca Cirigliano vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund. So sei zum Beispiel nicht geklärt, wie der Gesundheitsschutz bei Homeoffice kontrolliert werden könne oder wer die Kosten von Material und Geräten tragen müsse. Doch statt diese Lücken zu schliessen, soll nun der Arbeitnehmerschutz gelockert werden: «Das geht gar nicht», sagt Cirigliano. Auch bei der Arbeit in den eigenen vier Wänden stünden die Arbeitnehmenden in einem Abhängigkeitsverhältnis. Zudem sei das Risiko, dass sich die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verwischten, gerade bei Homeoffice besonders gross. Dadurch erhöhe sich die Verfügbarkeit der Arbeitnehmenden und somit auch die Gefahr von Stress und Burn-out.
Initiant Burkart weist zwar die Risiken einer ausgedehnten Verfügbarkeit nicht von sich, der Grund dafür liege aber in den neuen Technologien, die es ermöglichten, ständig erreichbar zu sein. Die von ihm verlangten Lockerungen der Arbeitszeitvorschriften änderten daran nichts. Sie seien letztlich nur «eine Anpassung an teilweise schon Gelebtes». «Dieser Realität müssen sich auch die Gewerkschaften stellen, sonst kann man Homeoffice gleich ganz verbieten.» Die Chancen für Burkarts Anliegen stehen gut: Mehr als die Hälfte aller Nationalrätinnen und Nationalräte haben die Initiative mit unterzeichnet.
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