Seine Spielerei mit den Memes geriet ausser Kontrolle
Auf sein Meme folgte die Schlägerei: Jetzt warnt Zeki Bulgurcu vor exzessivem Social-Media-Konsum.

Eine Massenschlägerei, ein 15-Jähriger, der niedergestochen wurde. Was am vergangenen Wochenende zwischen Jugendlichen aus Dietikon ZH und Spreitenbach AG im Shoppingcenter Tivoli passierte, bleibt schwer fassbar.
Zuvor hatten sich die Jugendlichen online angefeindet. Unter anderem war es eine Bildcollage, ein sogenanntes Meme, die die beiden Gruppen angestachelt hatte. In dieser verglich der Komiker Zeki Bulgurcu Spreitenbach mit dem New Yorker Problemviertel Bronx. Doch Jugendliche aus Dietikon sagten, sie seien es, die den Titel «Bronx» verdient hätten. Es kam zum blutigen Showdown.
Ein Bild mit einer frechen Aussage, das eine Massenschlägerei mitverursachte? Tatsächlich sind Memes bei Teenagern und jungen Erwachsenen so wichtig wie Whatsapp, Instagram oder Youtube.
Bildstrecke: Einige Memes von Zeki Bulgurcu
Der Erste, der diese Spielerei auf Mundart adaptiert hat, war Zeki Bulgurcu. Heute ist er einer der erfolgreichsten Schweizer Komiker. Sein Instagram-Kanal «Swissmeme» hat nicht weniger als 734'000 Follower. Bulgurcu betreibt weitere Kanäle auf Instagram, Youtube und Facebook. Wie gross seine Reichweite tatsächlich ist, bleibt wegen Fake-Konten und Mehrfachnutzern schwer abzuschätzen. Der Comedian selber sagt lapidar: «Irgendwas zwischen einer und zwei Millionen.»
In seinen Memes greift der 29-jährige Basler mit türkischen Wurzeln Alltagssituationen auf: Unterschiede Mann-Frau, Vergleiche zwischen Schweizer Dialekten, Szenen aus der Berufslehre. Er, der selber eine Lehre im Detailhandel absolviert hat, weiss, wie die Jugendlichen ticken. «Ich zeige den jungen Menschen, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine sind», sagt Bulgurcu.
Der Witz bei seinen Memes liegt darin, Bilder in einen anderen Kontext zu setzen: Auf die Frage: «Wieso trinksch du jede Tag Kaffi? Stirbsch du ohni?», antwortet der US-Schauspieler Nicolas Cage in einem seiner Memes: «Nei… aber du vilicht.»
Er formuliert dieselbe Kritik wie Mark Zuckerberg und Bill Gates
Kontroverse Themen wie Politik und Religion vermeidet Bulgurcu. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet er mit einem Meme eine Schlägerei mitverursacht hat. «Ich bedaure das, fühle mich aber nicht als Schuldiger», sagt er. «Auf Social Media haben die Menschen weniger Hemmungen. Sie sagen Dinge, die sie im realen Leben nie sagen würden.» Er meint die Drohungen und Beleidigungen, die Jugendliche aus Spreitenbach und Dietikon vor der Schlägerei online ausgetauscht hatten. Und leider sei sein Meme benutzt worden, um zu provozieren.
Und dann sagt Zeki Bulgurcu, der seine ganze Karriere und Berühmtheit Instagram, Youtube und Facebook verdankt: «Die Jugendlichen verbringen heute viel zu viel Zeit auf Social Media.» Er selber habe als Jugendlicher Fussball gespielt, sei oft bis abends draussen gewesen. Es ist die gleiche Kritik, die Internetpioniere wie Mark Zuckerberg oder Bill Gates formulieren. Auch sie kontrollieren streng, dass ihre Kinder nicht zu viel Zeit am Computer verbringen.
Video: Ein Meme auf Snapchat löst die Schlägerei aus
Bulgurcus Karriere begann in einer unruhigen Nacht. Er konnte an einem Abend vor sechs Jahren nicht einschlafen. Um drei Uhr morgens fing er damit an, Memes zusammenzubasteln – auf Schweizerdeutsch. Bald wurde er zu dem, was die Fantastischen Vier für den deutschen Hip-Hop wurden: Ein Pionier für eine Jugendbewegung. Er hatte Erfolg, kündete seinen Job.
Heute ist der Internet-Star Teilzeit als Social-Media-Manager beim Privatsender 3+ angestellt. Mit Memes verdient er gemäss eigenen Aussagen kein Geld. Aber Kunden wie Ovomaltine oder Huawei wollen von seiner Community profitieren. Sie lassen Beiträge erstellen, in denen ihr Produkt erwähnt wird. Wie viel er damit verdient, will Bulgurcu nicht sagen. Die Geschäfte scheinen aber gut zu laufen: Bislang hat er die Videos alleine produziert. Jetzt denkt er daran, Leute zu engagieren, die ihn bei Drehs unterstützen.
Und die Spreitenbach-Geschichte? Wird ihn nicht aufhalten. Vergangene Woche postet er eine Abwandlung seines Spreitenbach-Memes: «Bangkok is the most beautiful city in the world. In Switzerland we call this Luzern.» Seinen Beitrag kommentiert er: «Ich hoffe, das gibt keine Schlägerei.»
Erstellt: 09.03.2019, 22:16 Uhr
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