Personalmangel in MulhouseSpital suspendiert 169 Ungeimpfte – und wechselt in den Krisenmodus
Seit Mitte September muss das Gesundheitspersonal in Frankreich zwingend geimpft sein. Wer der Pflicht nicht nachkommt, muss gehen. Im Elsass führt dies zu Problemen.

Anderthalb Jahre nach der ersten Coronawelle, die Mulhouse besonders hart getroffen hatte, sind die Spitäler der elsässischen Stadt und ihres Umlands wieder in einem Krisenmodus – wenn auch nicht in einem derart akuten wie damals.
Wohl aber gab die regionale Spitalgruppe GHRMSA am Dienstag bekannt, dass man einen Krisenplan aktiviert und nicht dringliche Operationen verschoben habe. «Das Ziel dieser aussergewöhnlichen Massnahme ist es, die kontinuierliche Versorgung so gut wie möglich zu gewährleisten», erklärt die Gruppe in einem Communiqué.
Grund für die kritische Lage ist diesmal nicht etwa eine stark steigende Zahl an Covid-Patienten, sondern der abrupt gesunkene Personalbestand: 169 Mitarbeiter der Krankenhausgruppe wurden freigestellt, weil sie dem in Frankreich geltenden Impfobligatorium keine Folge leisteten.
So müssen im westlichen Nachbarland bestimmte Berufsgruppen wie Feuerwehrleute, Betreuer oder Pflegekräfte – anders als in der Schweiz – zwingend gegen Covid geimpft sein. Die französische Regierung hatte ihnen bis zum 15. September Zeit gegeben, um sich mindestens eine Impfdosis verabreichen zu lassen.
«Man stellt uns vor die Tür, ohne uns anzuhören.»
Gleichwohl sorgt der Fall für Aufsehen. In Frankreich ist nämlich von keiner anderen bedeutenden Klinik bekannt, dass sie wegen der Impfpflicht hätte auf den «Plan blanc» umstellen müssen. Zudem hat am Mittwoch vor dem Spital Émile Muller in Mulhouse eine Protestgruppe ihrem Unmut über die Suspendierungen Luft gemacht. «Man stellt uns vor die Tür, ohne uns anzuhören und ohne uns verstehen zu wollen», klagte eine Frau in der Tagesschau des Senders France 2. Demonstranten trugen symbolisch weisse Kittel zu Grabe. Dazu wurde im Chor «Liberté! Liberté!» gerufen – eine Parole, die auch bei Massnahmen- und Impfgegnern in der benachbarten Schweiz beliebt ist.
Die französischen Behörden zeigen sich davon unbeeindruckt. Wer ungeimpft sei, könne vorerst nicht an seinen Arbeitsplatz zurückkehren, lässt das regionale Gesundheitsamt wissen.
Simon Bordier ist Nachrichtenredaktor und Kulturjournalist bei der «Basler Zeitung». Er begann 2013 als freier Autor bei der «Luzerner Zeitung», 2015 stiess er zur BaZ.
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