Eine Zeitreise der Wut
Trump auf persönlichem Rachefeldzug, sinkende TV-Quoten beim jungen Publikum und gleich reihenweise verletzte Superstars – Football, der beliebteste Sport in den USA, leidet.

Man könnte meinen, dass ihn das Thema irgendwann langweilt. Wie ihn alles irgendwann langweilt. Tut es aber nicht, Donald Trump gibt in seinem persönlichen Feldzug gegen die National Football League keine Ruhe. Mit Salven von Tweets versucht er seit Wochen, die populärste Liga des Landes zu diskreditieren. «Die NFL ist führungslos», kritisierte er vor wenigen Tagen, nachdem sich die Teambesitzer geweigert hatten, den Spielern vorzuschreiben, wie sie vor Partien der Nationalhymne zu lauschen haben. Stehend (also patriotisch, wie Trump findet). Oder kniend oder sitzend (ergo unpatriotisch).
Warum? Ein mögliches Motiv ist Rache, nachdem Trump während Jahrzehnten vergeblich versucht hatte, sich in die NFL einzukaufen. 1981 bemühte er sich um die Baltimore Colts und offerierte 50 Millionen Dollar – das Team wurde stattdessen nach Indianapolis gezügelt. Als Trump kurz darauf die New Jersey Generals erstand, die in der konkurrenzierenden U.S. Football League antraten, zog er sofort gegen die NFL vor Gericht und klagte auf Schadenersatz. 2014 schliesslich scheiterte Trump beim Versuch, die Buffalo Bills zu übernehmen. Pikant: Wäre der Deal zustande gekommen, hätte Trump auf eine Präsidentschaftskandidatur verzichtet.
Sinken die Quoten, feiert Trump
Nun aber hat er dieses Amt inne, und wettert und twittert unbeirrt gegen die Liga an, seit sich die Proteste der vor allem, aber nicht ausschliesslich schwarzen Spieler ausgeweitet haben. Keinem Thema nimmt er sich fleissiger an. Trump sprach schon davon, den Clubs ihre Steuervorteile zu streichen, die deshalb salonfähig sind, weil sich jede Stadt gerne mit einem Footballteam schmückt. Wird von Woche zu Woche bekannt, dass die TV-Quoten immer noch sinken, feiert das Trump genüsslich.
Und es stimmt ja: Wie deutlich die Ratings der Liveübertragungen zurückgehen, ist alarmierend für eine Liga wie die NFL, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Umsatz im kommenden Jahrzehnt von derzeit 14 auf 25 Milliarden Dollar zu steigern. Gegenüber der Saison 2015 hat die Liga in den ersten sieben Spieltagen mehr als 18 Prozent der Zuschauer verloren. 15,1 Millionen sehen pro Partie noch zu.
Dass das Tief mit den protestierenden Spielern zusammenhängt, machen Trump und seine Gefolgsleute glauben. Der Einfluss ist aber unklar. Zwar sind über 80 Prozent der Footballfans weiss, und der Sport ist dort besonders stark, wo Trump vor einem Jahr die Präsidentschaftswahl gewann – im Rost-Gürtel zwischen Chicago und Pittsburgh genauso wie im Bibel-Gürtel von Texas bis North Carolina. Trotzdem empfanden 68 Prozent der Teilnehmer an einer repräsentativen und landesweiten Umfrage des TV-Senders HBO Trumps Attacken gegen die Spieler als deplatziert.
Die Gefahren schrecken ab
Generell ändert sich das Sehverhalten in Sachen Livesport, vor allem das des jüngeren Publikums. Eine Rolle spielen auch die anhaltend schlechten Nachrichten über frühere Footballprofis, die als Folge unzähliger Kollisionen an der neurodegenerativen Erkrankung CTE leiden oder gar daran verstarben. Football wird zunehmend als Risiko wahrgenommen, an den Schulen sinkt die Zahl der Spieler, während der Fussball massiv Anteile gewinnt.
Wie gefährlich der Sport ist, zeigt sich besonders eindrücklich in dieser Saison. Der NFL fehlt derzeit eine Vielzahl Stars wegen schwerer Verletzungen. So erlitt Green Bays Quarterback Aaron Rodgers einen Schlüsselbeinbruch und Odell Beckham von den New York Giants einen Bruch des Sprunggelenks. Für den besten Spielmacher der Liga und einen der spektakulärsten Passfänger ist die Saison gelaufen. Mit Julian Edelman (New England), J. J. Watt (Houston), Ryan Tannehill (Miami), Sam Bradford (Minnesota) oder Greg Olsen (Carolina) fallen weitere Schlüsselspieler lange Zeit aus, und zuletzt erwischte es mit Carson Palmer von den Arizona Cardinals einen weiteren Quarterback heftig.
Donald Trump dagegen glaubt unverändert, dass «Football zu weich geworden ist». Regeln, die den Einsatz des Helms in einem Tackling einschränken, hält er für so überflüssig wie das «concussion protocol», ein Prozedere bei Gehirnerschütterungen. An die Adresse der Liga-Verantwortlichen sagte er: «Ihr ruiniert diesen Sport.»
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