Rekordmeister, he!
Die Grasshoppers tun in der Super League gut daran, ihren Ruf zu verteidigen. Mit einem Abstieg in die Challenge League könnten sie in der Versenkung verschwinden.

Der Präsident sagte: «Wenn wir kein Geld finden, ist dieser Plan nicht mehr realistisch. Aber wir arbeiten weiter intensiv daran, dass wir ihn einhalten können.» Der Dreijahresplan sah vor, im letzten Jahr wieder um den Meistertitel mitspielen zu wollen.
Der Präsident sagte auch: «Wir stehen weiterhin mit ein paar Sponsoren respektive Investoren in engem Kontakt.»
Der Präsident hiess nicht Stephan Anliker, auch wenn es ganz nach Stephan Anliker tönte, als der noch im vergangenen Februar von alten Meisterträumen und neuen Finanzmitteln redete. Die Blaupause für Anliker lieferte Roger Berbig und stammte vom 21. März 2009.
Infografik: Der Weg des FCZ in die Challenge League

Zur Realität von damals gehörte noch eine Aussage von Berbig: «Tiefer als jetzt dürfen wir nicht mehr fallen.» GC lag auf dem 4. Platz, nachdem es in Bellinzona 2:6 und sein viertes Spiel in Folge verloren hatte.
Anliker würde jetzt Berbigs warnenden Satz vor dem kapitalen Auswärtsspiel morgen Sonntag in Lausanne unterschreiben: Rutscht GC nur schon einen Platz ab, ist es Tabellenletzter.
Der Ausbruch von Cabanas
Eigentlich ist es unvorstellbar, wie tief die Grasshoppers gesunken sind, bei ihren Ausgaben von gut 20 Millionen Franken und ihrer Geschichte mit 27 Meistertiteln und 19 Cupsiegen.
Was die Geschichte angeht, hat keiner unvergesslicher davon erzählt als Ricardo Cabanas. 20 Sekunden dauerte sein Ausbruch nach einem Spiel gegen Luzern, der Schiedsrichter Adrien Jaccottet zum Ziel hatte, 20 Sekunden voller Ausrufezeichen: «Das ist GC! Rekordmeister! Was meinst du eigentlich, wer du bist, he? Rekordmeister! Rekordmeister! Du bist dir gar nicht bewusst, um was es hier geht, he! Das ist Super League des Rekordmeisters! Eine Institution, he! He, Konzentration, he! Wir geben alles für einen Club! Und du? Läck du mir! Ein wenig Respekt!» GC steckte in jenem Frühjahr 2011 mitten im Abstiegskampf.
Eigentlich ist es unvorstellbar, wie tief die Grasshoppers gesunken sind.
Rekordmeister, he! Zu Cabanas' aufgeregten Zeiten hatte der Club immerhin ein Kader mit Substanz. Die Routiniers hiessen Smiljanic, Salatic, Callà und natürlich Cabanas, die Jungen Bürki, Toko, Zuber, Abrashi oder Hajrovic. Und heute? Da hat GC noch den Namen und im Frühjahr einen Schnitt von 4300 Zuschauern. Und eine Mannschaft, die nicht nur wegen der Verkäufe, sondern auch wegen diverser Fehlgriffe auf dem Transfermarkt qualitätsmässig gelitten hat. Die nur davon träumen kann, einen Roman Bürki im Tor zu haben, einen Veroljub Salatic im Mittelfeld oder einen Ricardo Cabanas als Integrationsfigur.
Heute, nach der unschönen Flucht von Kim Källström, müssten Milan Vilotic, Caio und Munas Dabbur die Gruppe tragen. Vilotic ist erst aus Bern zurückgekehrt, und das auch nur, weil er da nicht mehr gebraucht worden war. Caio ist an guten Tagen ein wunderbarer Fussballer, aber zum einen sind die guten Tage selten, und zum anderen fehlt ihm die Lust, ein Leader zu sein. Dabbur ist lediglich eine Leihgabe fürs Frühjahr, und das auch nur, weil er im Herbst in Salzburg durchgefallen ist. Er will wohl vorneweg gehen, aber mit seinem Dauerreklamieren hilft er auch nicht weiter. In Lausanne fehlt er nach fünf Einsätzen bereits wegen vier Verwarnungen.
Wo sind Strategie und System?
Bei Ausgaben von über 20 Millionen müsste mehr möglich sein als ein 9. Platz nach 25 Runden, mehr als ein Sieg aus den letzten 15 Spielen und mehr als 1:20 Punkte in der Rückrunde. Aber die Grasshoppers taumeln und stehen der Frage gegenüber, wo Strategie und System sind. Viel ist davon bei ihnen nicht zu erkennen. Ihr Gerede von der Nachwuchsförderung ist abgestanden. Von wegen Institution, he!
In den letzten sechs Jahren haben sie sich wiederholt im Abstiegskampf abgemüht. In der Saison 2010/11 waren sie noch acht Runden vor Schluss auf dem letzten Platz. Im Jahr darauf überlebten sie nur dank der Abstürze von Sion (36 Punkte Abzug) und Xamax (Konkurs). Und 2014/15 konnten sie als Achter froh sein, dass es noch Vaduz und Aarau gab.
Mit einem Budget von 20 Millionen Franken müsste mehr möglich sein als der 9. Platz und ein Sieg in 15 Spielen.
Zwischendurch gab es Ausreisser nach oben, die 2. Plätze unter Uli Forte und Michael Skibbe, den 2. Platz unter Pierluigi Tami nach der Vorrunde 2015. Nur begann die negative Entwicklung unter Tami schon im Frühjahr danach. Bis er vor drei Wochen entlassen wurde, hatte er zuvor gerade noch 11 von 43 Spielen gewonnen.
Noch schlechter als der FCZ
Heute stehen die Grasshoppers gar um einen Rang und zwei Punkte schlechter da als der FC Zürich bei seinem Abstieg vor einem Jahr. Wenigstens eines haben sie dem Nachbarn voraus: Sie haben in der Krise nicht unnötig lange mit einem Trainerwechsel zugewartet, wie das der FCZ gemacht hatte, bis er sich drei Runden vor Schluss vom überforderten Sami Hyypiä trennte.
Auf den Abstieg aus der Super League reagierte der FCZ mit einer Vorwärtsstrategie. Er leistet sich ein Budget, das unverändert gleich hoch ist wie das von GC. Seine Anhänger geniessen die Tour durch die Fussballprovinz und sorgen mit einem Schnitt von 9500 im Letzigrund für einen Rekord in der Challenge League.
Der FCZ kann aber kein Vorbild sein für die Grasshoppers. Sie haben keine Besitzer, die auch eine Liga tiefer alles bezahlen, keine Fans, die den Club tragen. Sie sind längst nicht mehr in der Stadt verwurzelt, sondern draussen in Niederhasli daheim. Sie haben Nachteile, die sie jetzt besser alles unternehmen lassen, um nicht Gefahr zu laufen, in der Challenge League zu versinken.
Wie hat Ricardo Cabanas gesagt: «Konzentration, he! Wir geben alles für den Club!»
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