Rollen in der Causa Özil beim DFB jetzt Köpfe?
Mesut Özil erhebt schwere Vorwürfe: die Verantwortlichen, die möglichen Konsequenzen.
«So viel mehr als ein Rücktritt», schreibt die «Zeit» zum Abschied von Mesut Özil aus der deutschen Nationalmannschaft. In einer dreiteiligen Botschaft rechnet der Mittelfeldspieler mit Medien, Sponsoren und vor allem dem Deutschen Fussball-Bund (DFB) ab. Er wirft ihnen Doppelmoral und Rassismus vor.
Grindel stark unter Druck
Am schärfsten wird Reinhard Grindel attackiert – der DFB-Präsident fiel zu seiner Zeit als Politiker durch rechte Aussagen auf. Beispielsweise sagte das frühere Mitglied des Deutschen Bundestags, Multikulti halte er für einen Mythos und eine Lebenslüge. Und, dass der Islam in Deutschland zu fest verwurzelt sei. Özil erinnert in seinem Statement daran und bezeichnet diese Aussagen als «unentschuldbar und unvergessen».
Gemeinsam mit anderen äusserst direkten Vorwürfen dürfte in den nächsten Tagen eine Frage zentral werden, die von der «Zeit» bereits gestellt wurde: «Wie soll ein DFB-Präsident, der von Multikulti nicht allzu viel zu halten scheint, anständig einen Verband führen, in dem jeder fünfte Kicker Eltern oder Grosseltern hat, die nicht aus Deutschland stammen?» Und: «Selbst wenn er in Sonntagsreden fortan nun Vielfalt beschwören sollte, warum hat sich Grindel dann nicht vor Mesut Özil gestellt?»
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Das sagen die deutschen Medien zu Özils Rücktritt
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Während beispielsweise sich die Schweden nach rassistischen Beleidigungen in Richtung von Mittelfeldspieler Jimmy Durmaz geschlossen hinter ihren Mitspieler stellten, liess der DFB seinen Weltmeister von 2014 allein. Teammanager Oliver Bierhoff prangerte nach dem blamablen WM-Aus in der Vorrunde Özil öffentlich an: «Wir haben Spieler bei der deutschen Nationalmannschaft bislang noch nie zu etwas gezwungen, sondern immer versucht, sie für eine Sache zu überzeugen. Das ist uns bei Mesut nicht gelungen. Und insofern hätte man überlegen müssen, ob man sportlich auf ihn verzichtet.» Dafür wurde Bierhoff von einigen Medien hart kritisiert.
Rücktritt von der DFB-Spitze gefordert
Nach den jüngsten Ereignissen sorgt sich der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, um die Integration für Migranten in der DFB-Elf, wie er schreibt: «Vielfalt in der Nationalmannschaft war ein tolles Vorzeigeprojekt, was durch unfähige Führungskräfte nun zu scheitern droht.» Deshalb fordert Sofuoglu, dass die gesamte DFB-Spitze zurücktritt. «Damit ein echter Neuanfang für die deutsche Nationalmannschaft denkbar ist.»
Auch für den grünen Politiker Cem Özdemir, der Özil für sein Foto mit Erdogan öffentlich rügte, sind Bierhoff und Grindel verantwortlich für viele Anfeindungen in Richtung des Fussballers: Ihr peinliches Agieren habe Raum gelassen für eine unsägliche Debatte von rechts. Es sei fatal, wenn junge Deutschtürken jetzt den Eindruck bekommen, sie hätten keinen Platz in der deutschen Nationalelf.
Tatsächlich scheint nach der härtesten öffentlichen Abrechnung eines Nationalspielers eine Rückkehr zur Normalität ohne weiteres nahezu unmöglich. Ob Grindel nun allerdings freiwillig zurücktritt, erscheint mindestens ebenso fraglich. Schliesslich käme es einem Schuldeingeständnis gleich. Ein Eingeständnis, auf äusserst schwere Vorwürfe.
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