Und nebenbei schiesst er Tore
Nico Siegrist ist Sekundarlehrer, Stürmer des SC Kriens – und mit 13 Treffern derzeit erfolgreichster Stürmer der Challenge League. Heute fordert er mit seinen Kollegen den FC Zürich heraus.

Nico Siegrist ist für seine Mannschaft unverzichtbar, das belegen allein ein paar Zahlen. 13 der 31 Krienser Saisontore hat er erzielt, dazu 8 vorbereitet. Kein anderer Spieler der Challenge League kann eine bessere Bilanz vorweisen. Aber der Erste, der das relativiert, ist Siegrist selber: «Ja, ja, da waren vier Penaltys dabei.» Seine Handbewegung drückt aus: diese Statistik nur nicht überbewerten.
Siegrist war einmal ein Talent, das von seiner Unbekümmertheit lebte. Er war noch keine 18, als er Anfang Mai 2009 beim FC Luzern seinen Einstand in der Super League beim 4:0 gegen Aarau mit einem Treffer gab. Er liebte den Fussball, seinen Beruf, und doch merkte er früh schon, dass er seine Tage noch mit anderen Dingen ausfüllen wollte. Zeit dafür hatte er genug. Heute sagt er: «Das Kapitel Profi habe ich längst abgeschlossen.»
Er ist inzwischen 27 und Lehrer, er unterrichtet an der Sekundarschule Hitzkirch Sport, Geschichte und Geografie, studiert an der Universität Bern weiter – und nebenbei schiesst er seit 2015 regelmässig Tore für den SC Kriens. Trainieren kann er nur am Abend, und wenn ab dem kommenden Sommer die Einheiten um anderthalb Stunden auf 17 Uhr vorverschoben werden, könnte das für ihn je nach Stundenplan problematisch werden.
Löschen, aufräumen, reden
Am Verein soll es nicht liegen, wenn es um eine Lösung geht. Siegrist ist für die Krienser mehr als ein Torjäger. Als im Spiel gegen Servette ein Feuerwerkskörper ein Loch in den Kunstrasen frisst, eilt Siegrist an den Spielfeldrand, greift einen leeren Bierbecher, füllt ihn mit Schnee und setzt zu einer Löschaktion an; als die Partie vorüber ist, hilft er selbstredend beim Aufräumen mit und taucht mit Cornerflaggen unter dem Arm im Kabinengang auf; und nach der Dusche eilt er nicht fort aus dem Kleinfeld, sondern geht in der Clubbeiz Penaltystübli in die Verlängerung. Der Fan schätzt es, wenn er mit dem Routinier ein paar Worte wechseln darf. Für Siegrist ist das, was er tut, einfach normal.
Der Sportclub steckt als Tabellenachter zwar mitten im Abstiegskampf, aber ihm geht es trotzdem viel besser als noch vor fünf Jahren. 2014 war er in der Versenkung der 1. Liga verschwunden und sorgte lokal für Schlagzeilen, weil sich ein Schuldenberg von 1,5 Millionen Franken angehäuft hatte. Aber die neue Führung stoppte den Niedergang: Werner Baumgartner, ein Krienser Unternehmer, trieb als Präsident den Stadionneubau voran. Und Bruno Galliker übernahm das Amt des Sportchefs und Geschäftsführers. Das Duo päppelte einen Verein auf, der wertvolle Ausbildungsarbeit leistet: Der Nachwuchs zählt 530 Junioren.
2018 war das Jahr der Rückkehr in die Challenge League und des Einzugs ins neue Kleinfeld, das über 900 Sitz- und 2600 Stehplätze verfügt und im Besitz der Luzerner Pensionskasse ist. Sie übernahm die Mehrheit der Kosten von 22 Millionen Franken. Für die erste Mannschaft steht in dieser Saison ein Budget von 1,35 Millionen Franken bereit, womit auch geklärt ist: Ein Profibetrieb kann nicht finanziert werden. Und darum kommt es schon einmal vor, dass sich ein Spieler für eine Partie abmelden muss, wie zum Beispiel Daniel Fanger, der für den Weltskiverband FIS im Marketing arbeitet. Immerhin reichen die Mittel, um die Geschäftsstelle aufzustocken – von 1,6 auf 2,2 Stellen.
Der Trainer ist gesperrt
Es herrschen keine luxuriösen Bedingungen, und dennoch stellt Bruno Berner erfreut fest: «Es hat noch nie einer gejammert. Wir wollen nicht unnötig Energie verschwenden mit Dingen, die sich sowieso nicht ändern lassen.» Berner ist der 41-jährige Trainer, der die zweite Saisonhälfte unter das Motto gestellt hat: «Berge versetzen, Grenzen verschieben.»
Nun steht der ehemalige Nationalspieler mit seinem Team vor einem ungewöhnlichen Donnerstag: Am Tag, an dem in der Innerschweiz die Fasnacht losgeht, steht für Kriens im Letzigrund der Cup-Viertelfinal beim FC Zürich an. «Das ist für uns keine Belastung, sondern ein ganz einfaches Spiel», sagt er, «wer erwartet von uns schon das Weiterkommen?» Einfluss nehmen kann Berner allerdings nicht mehr, wenn das Spiel beginnt: Nach seinem Platzverweis im Achtelfinal gegen Rapperswil ist er gesperrt und muss auf der Tribüne Platz nehmen.
Für den Einzug in den Viertelfinal überweist der Verband eine Prämie von 25 000 Franken, im Fall eines Halbfinals wären es 50 000 Franken. Welcher Betrag es auch sein wird: Er fliesst vollumfänglich in die Mannschaftskasse. «Den Bonus haben sich die Spieler verdient», sagt Galliker. Und: «Wir rechnen uns in Zürich schon etwas aus.»
Das Schlusswort gehört Nico Siegrist: «Freude haben, im Letzi spielen zu dürfen, und alles reinhauen, was wir haben. Wir werden nicht chancenlos sein.»
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