EHC Kloten: Kevin ändert alles
Die Zürcher Hockeyclubs kämpfen auf und neben dem Eis um eine neue Identität. Die nächsten Monate werden weisen, wohin die Reise für sie geht.

Wenn der EHC Kloten eine Aktie wäre, müsste hier eine Kaufempfehlung stehen. Tabellenletzter und 6 Punkte Rückstand auf den nächsten Konkurrenten, mit nicht einmal zwei Toren pro Match die klar schwächste Offensive der Liga: Schlechter geht es Anfang November kaum, alles kann eigentlich nur besser werden.
Das ist die Ausgangslage, mit der Kevin Schläpfer den ersten grossen Trainingsblock in Angriff nimmt mit dem Team, das er seit 14 Tagen führt. Mit dem er zwei Spiele nach Penaltys gewann, ehe er im Derby erstmals das Gefühl einer Klotener Niederlage erlebte. Ein Gefühl, mit dem sie beim EHC zuletzt nur allzu oft gerungen haben. Und das der temperamentvolle Baselbieter nun wieder verwandeln soll in positive Energie, beherztes Auftreten – und vor allem Punkte.
Denn trotz der grossen Lücke zu Platz 11: Nur zwei Punkte weiter vorne lockt schon der erste Playoff-Rang. Das Saisonziel ist immer noch erreichbar, über die Hälfte der Qualifikation bleibt ja noch zu spielen.
Es gibt keinen besseren Mann als Schläpfer, um diese Botschaft zu verkaufen. In erster Linie an die Spieler, die auf dem Eis über Sieg oder Niederlage entscheiden. Aber auch ans Umfeld, an Sponsoren, Supporter, das zahlende Publikum und die breitere Öffentlichkeit. Schläpfer, von allen nur Kevin genannt, hat sich seinen Ruf als Motivator und volksnahe Identifikationsfigur redlich verdient.
Der EHC wird nicht mehr als Vorstadtclub mit verblasstem Ruhm und sparwütigem Besitzer gesehen.
Und der EHC hat sich mit dem 48-Jährigen ein völlig neues Gesicht gegeben. Nach der Freistellung von Trainer Tirkkonen und Sportchef Müller wird er nicht mehr als Vorstadtclub mit verblasstem Ruhm und sparwütigem Besitzer gesehen. Sondern als Kevins coole Kämpfertruppe. Es ist mehr als eine erwünschte Nebenwirkung, dass seit Mitte September nie mehr so viele Zuschauer an den Schluefweg kamen wie zu den Heimspielen mit Schläpfer.
Das Konfliktpotenzial im Club ist nicht kleiner geworden
Die ketzerische Frage aber lautet: Wie lange hält dieser Effekt an? Und was passiert, falls sich die erhoffte Wirkung gar nicht weiter einstellt? Wie reagiert dann eine Clubführung, die im Gegensatz zu Schläpfers letztem Arbeitsort Biel nicht grenzenlos loyal ist, sondern – zuletzt im Fall von Sportchef Müller – auch radikale Massnahmen ergreift? Verkörpert wird diese Mentalität von Besitzer Hans-Ulrich Lehmann, und spüren musste sie in diesem unruhigen Klotener Herbst sogar der ehemalige Präsident Philippe Gaydoul, der sich via Betreibung mit einer Millionenforderung des EHC konfrontiert sieht.
Das Konfliktpotenzial im Club ist jedenfalls nicht kleiner geworden. Einerseits, weil Schläpfer so ziemlich das Gegenteil eines ruhenden Pols ist. Andererseits, weil die Arbeit des Sportchefs nun durch eine Kommission übernommen werden soll, deren Zusammensetzung noch immer unbekannt ist. Oder nicht kommuniziert wurde, was aufs Gleiche hinausläuft. Denn wer ist nun verantwortlich, dass ein Transfer zustande kommt oder nicht, dass ein Spieler geht oder bleibt? Das ist keine Frage des Know-hows – davon gibt es in Kloten mehr als genug –, sondern der Verantwortlichkeiten. Leisten kann man sich ein solches Vakuum in der wichtigsten Transferzeit im Grunde nicht.
Wenn also der EHC eine Aktie wäre, gäbe es im November 2017 auch gute Gründe, einem Kaufimpuls zu widerstehen. Doch zu Klotens Glück lebt der Sport von den Emotionen des Moments, und die sind durchaus positiv. Allein der Name Schläpfer steht für die Vision eines neuen, schwungvollen EHC. Da könnte man glatt vergessen, dass in Kloten schon vor einem Jahr dank eines neuen Trainers Aufbruchstimmung herrschte. Tirkkonen hiess der und ging mit der zweitbesten Offensive der Liga auf Rang 5 in die Länderspielpause.
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