Sie rannten durch Pflotsch und Sturm
Am 41. Silvesterlauf kämpfen die 20'000 Läuferinnen und Läufer auch gegen das Wetter. Die Helfer sind im Dauereinsatz.
Am Ende des langen, herausfordernden Sonntags überwog die Dankbarkeit. Dass es bei 20'444 Läuferinnen und Läufern, die am Silvesterlauf in der Zürcher City gestartet waren, nur gerade ein halbes Dutzend Bagatellverletzungen gegeben hatte und niemand hatte hospitalisiert werden müssen. Dass der Anlass trotz widriger Bedingungen und dank dem Grosseinsatz der städtischen Räumungsdienste stattfinden konnte. Dass die Eliteläuferinnen und -läufer, die von Berufes wegen auf ihre Gesundheit angewiesen sind, es sich leisten konnten, nicht volles Risiko zu nehmen, da es wichtigere Wettkämpfe als dieses Ausscheidungsrennen gibt. Und schliesslich: Dass für den Verein Zürcher Silvesterlauf ein äusserst schwieriges Jahr positiv zu Ende geht.
Am frühen Nachmittag hatte OK-Präsident Bruno Lafranchi in seiner bekannt ironischen Art festgestellt, es mache nun wenigstens den Anschein, dass es am Abend, wenn es ans Aufräumen gehe, trocken sei. Aber auch dies kam –wie vieles an diesem Tag – anders. Die Jüngsten waren über Mittag mit ihren Müttern und Vätern noch in einer Winterpracht unterwegs. Der Schnee schluckte alle überflüssigen Geräusche, die Kinder staunten über die ungewohnte Szenerie, schnappten nach Luft und Flocken und schenkten dem Anlass ein paar unbeschwerte Stunden.
Gekommen waren längst nicht alle, die sich angemeldet hatten (24'115). Die Daheimgebliebenen verpassten einen Schneetag der anderen Art, die 19'988 Klassierten werden noch lange davon erzählen. Und im Publikum war zu hören: «Die mached das alli freiwillig.» Oh, ja! Und offenbar mit einigem Vergnügen.

Dann plötzlich war es vorbei mit Winterpracht. Noch bevor die Elite zu ihrem Ausscheidungsrennen ums Fraumünster startete, wurde es wärmer. Der Regen verwandelte die da gewesene Herrlichkeit in ein Pflotschgebiet, in dem nur die Cleversten mit Spikes liefen. So führte der Kilchberger Michael Ott das Rennen lange souverän an – weil er «die engen Kurven gleich wie sonst» laufen konnte.
Dennoch musste er sich überholen lassen. Patrick Ereng siegte vor Halbmarathon-Europameister Tadesse Abraham, dessen Erinnerungen noch frisch sind: «Ich hätte die Kraft wohl gehabt, an die Spitze zu laufen. Aber ich wollte kein Risiko eingehen, meinen Ermüdungsbruch holte ich mir vor einem Jahr – und ich habe 2018 grosse Ziele.» Dann will der Fünfte des New York Marathon in Berlin erneut an der EM glänzen.
Absperrgitter um Absperrgitter fiel, kleinere Zelte lernten fliegen.
Während er sich in die Wärme des Stadthauses verzog, leisteten die Frauen in ihrem Rennen Überzeit. Als sich Cynthia Kosgei und ihre Gegnerinnen im Ziel wähnten und sich die Kenianerin als Siegerin fühlte, liess die Rennleitung die Athletinnen überraschend weiterlaufen. Es kam zum Zusammenprall (ohne Folgen), denn in Gegenrichtung war bereits die nächste Kategorie gestartet.
Als dann der Regen nachliess und Hoffnung machte, erreichten sturmartige Böen die Stadt. Diese erschwerten nicht nur das Laufen zusätzlich, sondern begannen gleich mit den Abräumarbeiten. Absperrgitter um Absperrgitter fiel, kleinere Zelte lernten fliegen, Start-, Ziel- und andere Bögen mussten sicherheitshalber weichen.
Mit dem «Umzug» der Fun-Kategorien durch die weihnächtliche Altstadt endete am späteren Abend ein Anlass, der den Verein Zürcher Silvesterlauf enorm gefordert hatte und in belastender Art auch zum vergangenen Jahr passte. Mit den Todesfällen von Reto Caminada und Franz Kälin hatte der fünfköpfige Vorstand gleich zwei seiner Mitglieder verloren. Die Krebsdiagnose bei OK-Präsident Lafranchi schockte den Verein zusätzlich. Dankbar war dieser gestern nicht nur für eine Veranstaltung ohne gravierende Zwischenfälle, sondern auch für eine abgeschlossene, zuversichtlich stimmende Chemotherapie.
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