Kampf gegen Abzocker und Bremser
Supervisor Andreas Egli erklärt die vielen Rückzieher am French Open. Und sagt, weshalb er es begrüsst, dass Langsamspieler wie Nadal bald mit einer Uhr auf dem Platz zur Eile getrieben werden.

Immer wieder läutet sein Handy, knattert es in seinem Funkgerät, während er im Spielerrestaurant Novak Djokovics Partie am Bildschirm verfolgt. Andreas Egli ist einsatzbereit, in wenigen Sekunden könnte er auf dem Court stehen. Langweilig wird es dem Supervisor aus Weggis an seinem 100. Grand-Slam-Turnier ohnehin nicht. Frühmorgens kommt er auf die Anlage, spätabends sinkt er ins Bett. Und dann hat sich der in Spanien lebende 54-Jährige zu Beginn des French Open auch noch an der rechten Hand verletzt, auf einer nassen Treppe rutschte er aus. «Ich müsste sie röntgen lassen, aber das schiebe ich vor mir her», sagt er.
Wie alle Offiziellen ist auch Egli dieses Jahr wegen Regeländerungen besonders gefordert. So können seit Anfang Jahr Spieler massiv gebüsst werden, wenn sie in der ersten Runde aufgeben – sofern es sich um eine alte Verletzung handelt. In Wimbledon war es 2017 in der Startrunde gleich zu acht Forfaits gekommen – viele Spieler waren nur angetreten, um das Preisgeld abzuholen.
Am Deutschen Mischa Zverev wurde am Australian Open, wo er im Startspiel aufgab, ein Exempel statuiert: Seine Busse von 45'000 Dollar war fast so hoch wie das Preisgeld. Inzwischen gibt es einen neuen Passus, der verhindern soll, dass Startspiele zur Farce werden. Spielerinnen und Spieler haben die Möglichkeit, ihren Platz vor der 1. Runde mit einem ärztlichen Zeugnis einem Lucky Loser zu überlassen, erhalten dann aber immer noch die Hälfte des Erstrundenpreisgelds, in Paris immerhin 20'000 Euro. Acht Männer und zwei Frauen, darunter Timea Bacsinszky, nahmen diese Chance wahr. Nicht aber der Deutsche Peter Gojowczyk, der bei 1:6, 0:2 aufgab und hart gebüsst wird.
Sieben Minuten bis zum Start
Seit Anfang Jahr drohen den Spielern bereits saftige Bussen, ehe der erste Punkt gespielt ist. Die Zeit, die ihnen bis zum ersten Game zur Verfügung steht, wurde verkürzt und limitiert. Sobald beide Spieler auf dem Platz sind, haben sie eine Minute Zeit, bis sie am Netz stehen müssen, zur Seitenwahl. Danach beginnt die Uhr bei fünf Minuten rückwärtszulaufen für das Einspielen, worauf ihnen noch eine Minute bis zum Spielbeginn bleibt. Zeitüberschreitungen können mit bis zu 20'000 Dollar geahndet werden. Diese Regel hilft gemäss Egli auch den Fernsehanstalten: So können sie den Spielbeginn präziser planen.
Gegen diese Neuerung hat auch Rafael Nadal nichts einzuwenden: «Von mir aus kein Problem, denn das hat keinen Einfluss auf das Spiel», sagt er. Viel schwerer tut sich der Weltranglistenerste damit, dass am US Open erstmals in einem Grand-Slam-Hauptturnier eine «shot clock» eingesetzt wird. Auf Uhren laufen, für alle sichtbar, die 25 Sekunden ab, die Spielern zwischen den Ballwechseln maximal zur Verfügung stehen.
Getestet wurde dies schon in New York, Melbourne und Paris, allerdings in der Qualifikation. Überschreitet ein Aufschläger die Zeit, wird er beim ersten Mal verwarnt, danach verliert er jedes Mal einen ersten Aufschlag, er darf also nur einmal servieren. Ist der Rückschläger zu langsam, gibt es für ihn erst eine Verwarnung, dann einen Punktabzug.
Egli begrüsst wie die meisten Offiziellen diese Neuerung. «Sie zwingt die Schiedsrichter, aktiv zu werden, wenn alle sehen, dass die Uhr auf null steht.» Mit der jetzigen Lösung ohne sichtbare Uhr können sie bei Zeitüberschreitungen toleranter sein, je nach Charakter.
Carlos Bernardes und Carlos Ramos, zwei der besten Profirefs, gehören zu den Konsequenteren, die sich schon bisher nicht davor scheuten, selbst Nadal –einen chronischen Zeitüberschreiter – zu sanktionieren. Damit setzten sie sich allerdings oft dessen Zorn aus. Der Spanier erwirkte 2015 sogar, dass Bernardes einige Zeit seine Partien nicht mehr leiten durfte. Nadal ist denn auch einer der grössten Gegner der «shot clock». «Damit wir gut spielen können, muss man uns etwas atmen lassen, wir sind keine Maschinen», kommentierte er einmal. Und fügte sarkastisch an: «Wenn man keine grossartige Show mehr will, ist das natürlich eine grosse Verbesserung.»
«Zum Glück nicht mehr Ref»
Noch sind Fragen offen: Wann genau beginnt die Uhr zu laufen? Was passiert, wenn Ballkinder falsch stehen oder Zuschauer stören? Und Egli weist noch auf einen anderen Punkt hin: Getestet wurde die Uhr erst auf kleinen Courts. «Wenn in grossen Stadien ein langsamer Spieler gegen einen Liebling der Zuschauer spielt, könnte es geschehen, dass diese beginnen, laut mitzuzählen: acht, sieben, sechs, fünf . . .» Im Fed-Cup oder Davis-Cup, so Egli, wäre dieses Szenario wohl verbreitet. «Aber zum Glück bin ich ja nicht mehr Schiedsrichter.»
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