Einsam durch heulende Meere
Die Schweizer Dominique Wavre und Bernard Stamm starten heute an der französischen Atlantikküste zur Vendée Globe, der härtesten Segelregatta rund um die Welt.

Um exakt 13.02 Uhr donnert heute vor Les Sables d'Olonne an der französischen Atlantikküste der Startschuss zur siebten Vendée Globe über das Wasser. 20 Skipper aus acht Nationen starten diesmal auf ihren 18,28 m langen und rund 8,5 Tonnen schweren Jachten. Darunter die beiden Schweizer Dominique Wavre und Bernard Stamm.
Für den 57-jährigen Genfer Dominique Wavre ist es der vierte Start zur mythischen Vendée Globe, der 48-jährige Waadtländer Bernard Stamm ist zum dritten Mal dabei. Das Format ist simpel: «Ein Skipper, ein Boot, ein Planet, nonstop.» Während knapp dreier Monate oder mehr segeln die Konkurrenten auf ihren Hightech-Jachten ohne fremde Navigationshilfe über drei Ozeane: den Atlantik, den Indischen und den Pazifischen Ozean. Die 45'000 Kilometer lange Route führt durch die härtesten und verlassensten Gegenden der Weltmeere, durch die sagenumwobenen Brüllenden Vierziger zwischen dem 40. und 50. Breitengrad. Und je weiter die Fahrt Richtung Heulende Fünfziger geht, desto kälter wird es. Schneestürme beeinträchtigen die Sicht, Gefahr droht durch Eisberge. In diesen Gebieten fahren keine Cargoschiffe, fliegen keine Helikopter des Seenotrettungsdienstes.
Versinkende Hoffnungen
«Das Meer entscheidet, wen es durchlässt und wen nicht», sagt Wavre. Er weiss, wovon er spricht. Bei seinen beiden ersten Vendée-Teilnahmen vor acht und zwölf Jahren kam er auf die Plätze vier und fünf. Bei der letzten Austragung ging er mit einem neuen Boot an den Start und zählte zum erweiterten Kreis der Favoriten, fiel wegen Elektronikproblemen aber bereits nach dem Start zurück. Später zwang ihn ein Schaden am sogenannten Kielkopf, der Halterung, die den Kiel mit dem Bootsrumpf verbindet, zur Aufgabe. Und Landsmann Stamm kollidierte mit einem Frachter – wegen dieser bizarren Havarie musste er ebenfalls in den Hafen zurück, um den Bugspriet zu reparieren.
Später zwangen Materialprobleme an der Steuerruderbefestigung auch ihn zur Aufgabe. Die zwei Schweizer strandeten damals auf den Kerguelen-Inseln im südlichen Indischen Ozean. Der Rücktransport der havarierten Boote kostete beide ein Vermögen. Nur 11 der damals 30 gestarteten Boote kamen ins Ziel, die Sicherheitsfrage wurde erneut zum grossen Thema. Denn der Trend ist seit Jahren ungebrochen: Die Limiten werden ausgereizt, immer leichter und damit fragiler die Hightech-Boote gebaut. Welche Entwicklung die Vendée Globe erlebte, zeigen zwei Siegerzeiten. Der Franzose Titouan Lamazou, Gewinner der ersten Ausgabe (1989/90), kam nach 109 Tagen und knapp 9 Stunden ins Ziel. Sein Landsmann Michel Desjoyeaux benötigte 18 Jahre später bei der letzten Vendée Globe 25 Tage weniger, er war nach 84 Tagen und 3 Stunden wieder in Les Sables d'Olonne, dem Start- und Zielort.
Für Stamm, zweimaliger Sieger der Around Alone, einer Weltumsegelungsregatta mit Zwischenstopps, blieb die Vendée Globe bisher ein Rennen ohne Glück. Noch nie konnte er es beenden. Er gehört zu den sechs Seglern, die mit einem neuen Boot an den Start gehen, seine Cheminées Poujoulat wurde erst 2011 auf Kiel gelegt. «Diese Boote fordern dich extrem», sagt Stamm, «physisch und mental. Von Beginn weg waren wir mit unserem Projekt im Rückstand, und das hat eine optimale Vorbereitung beeinträchtigt.»
Entscheidend ist: Hält das Boot?
Im Gegensatz zu Stamm zählt Wavre, der älteste und auch erfahrenste Teilnehmer, nicht zum grossen Kreis der Favoriten. Sein vier Jahre altes Boot Mirabaud ist modifiziert worden, natürlich mit einem neuen Kiel, mit einer neuen Schutzhaube über dem Cockpit, einem neuen Mast, und die Radsteuerung wurde auf Pinnensteuerung umgebaut. «Die neuste Generation der Boote ist bis zu 400 kg leichter gebaut, das ist ein grosser Vorteil», sagt Wavre. «Die Frage ist aber immer dieselbe: Hält das Boot bis ins Ziel?»
Erstellt: 10.11.2012, 15:55 Uhr
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