Die gnadenlose Entlassung
Sport kann ein herzloses Geschäft sein. Diese bittere Erfahrung musste ein talentierter deutscher Footballer in den USA machen.
Welch knallhartes Geschäft der Sport sein kann, ist nirgends besser zu beobachten als in Nordamerika. Transfers, Löhne, Entlassungen – alles ist transparent. Derzeit läuft wieder die beliebte Serie «Hard Knocks», die jeden Sommer ein Team der National Football League (NFL) durch das Trainingscamp begleitet, ehe im September die Saison beginnt. Die Kameras sind bei jeder Einheit dabei, bei vielen Einzelgesprächen und zeichnen etwa auf, wie sich der Trainer zwischen zwei Quarterbacks für die Nummer 1 entscheidet. Oder wie er einen Neuling entlässt, weil dessen Frau ihn in seinem Zimmer besuchte.
Wie gnadenlos das Business wirklich ist, erleben momentan ohnehin die Profis der NFL. Bis Mittwoch mussten die Teams ihr Kader in einem ersten Schritt reduzieren. Aus 90 Spielern im Camp mache 75 vor dem letzten Vorbereitungsspiel. Und danach 53 für die Saison. Heisst: Die Träume von 37 mehrheitlich jungen Spielern zerschellen schon vor dem ersten Spieltag. Wer Glück und erst eine bestimmte Anzahl NFL-Spiele absolviert hat, kommt allenfalls in der Trainingsmannschaft unter. Die ganz grossen Löhne werden dort aber nicht bezahlt: 6600 Dollar sind es pro Woche.
Nach drei Monaten wieder weg
Vergangene Leistungen zählen wenig, wenn die Deadline naht, auch ein hoher Draftpick schützt nicht. Bei rund 3000 neuen Spielern jedes Jahr ist der Verdrängungskampf in der NFL immens. Das musste Björn Werner erfahren, der Verteidiger aus Berlin. Vor drei Jahren war er schon in der ersten Runde von den Indianapolis Colts gezogen worden, hatte danach aber das Pech, auf einer für ihn ungewohnten Position spielen zu müssen: als Linebacker statt als Defensive End.
Werner kam so nicht auf die Werte, die sich die Colts von ihm versprochen hatten, und im vergangenen Frühling entliessen sie ihn. Ohne einen Grund zu nennen und trotz Restlaufzeit in seinem Vierjahresvertrag – der Gesamtarbeitsvertrag zwischen Liga und Spielergewerkschaft sieht nicht einmal Abfindungen vor. Immerhin: 6,4 Millionen Dollar hat Werner in den drei Jahren verdient, vor Abzug der (üppigen) Steuern allerdings.
Nach nur drei Monaten bei den Jacksonville Jaguars strich ihn nun gestern Dienstag auch das Team aus Florida bereits wieder aus dem Kader – Werner hatte nicht einmal die erste Reduktion von 90 auf 75 Spieler überstanden. Die Entlassung fiel ausgerechnet auf seinen 26. Geburtstag. Nicht unwahrscheinlich, dass dieser auch das jähe Ende seiner Karriere markiert, sofern nicht noch ein Team zuschlägt und ihn als Free Agent verpflichtet. Die Aussichten sind aber düster, und ein Einzelfall wäre der talentierte Deutsche nicht: Die durchschnittliche Laufbahn eines NFL-Profis dauert drei Jahre.
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