Ein Star in der tiefsten Provinz
Einst wurde Tim Tebow als Footballer weltberühmt, jetzt tingelt er durch die Baseball-Kleinstadien. Sein Team nutzt seine Medienpräsenz aus.

Stellen Sie sich vor, José Mourinho tritt vor die Medien und erklärt, dass ein U-15-Spieler nun neu bei der U-17 spielt. Das ist eigentlich eher unwahrscheinlich – nicht aber so bei den New York Mets. Sandy Alderson, der sportliche Leiter der New York Mets, verkündete, dass Tim Tebow in ein höheres Farmteam befördert wurde. Es geschieht häufig, dass Spieler eines Baseball-Teams während einer Saison befördert werden; dass allerdings der sportliche Leiter dies den Medien mitteilt, eigentlich nie. Doch Tim Tebow ist auch nicht irgendein Spieler. Der 29-Jährige ist weniger als Baseball-Spieler bekannt, eher als Quarterback der Denver Broncos und viel mehr durch das sogenannte «Tebowing», wo er sich nach Siegen hinkniet und betet.
Er startete seine professionelle Football-Karriere bei den Denver Broncos, als er 2010 beim Draft in der ersten Runde gezogen wurde. Er spielte zwei Jahre in Denver und danach noch bei drei weiteren Teams. Tebow war nie ein besonders guter Quarterback; er absolvierte nur 35 Spiele in der NFL und wäre wahrscheinlich schnell vergessen gegangen, wäre da nicht die «Tebowmania». Dieser Begriff entstand 2011, als zwei Broncos-Fans Tebows Geste nach einem Sieg gegen die Miami Dolphins auf Facebook posteten. Daraufhin wurde eine Webseite erstellt, auf die Fans Bilder hochladen konnten, auf denen sie mit der gleichen Geste zu sehen waren. Nach zweieinhalb Monaten waren bereits über 20'000 Bilder auf der Seite, und sie wurde über 2 Millionen Mal angeschaut. «Tebowing» wurde zu einem nationalen, wenn nicht sogar internationalen Begriff. 2012 wurde er eine offiziell geschützte Marke. Tebow war letztmals 2015 bei einem NFL-Club unter Vertrag und kündigte letztes Jahr an, eine Karriere in Baseball starten zu wollen.
Neue Sportart, gleicher Effekt
Es dauerte nicht lange, und Tebow unterschrieb einen Vertrag bei den New York Mets – das Team, welches letzten Monat für Aufsehen sorgte, als es sein Maskottchen, Mr Met, entliess, nachdem dieser mit obszönen Gesten für Schlagzeilen gesorgt hatte. Seit April spielt Tebow beim tiefsten Farmteam, den Columbia Fireflies, bei denen er als Schläger nur jeden fünften Ball trifft und nur drei Home Runs geschlagen hat. Zum Vergleich: Die besten Baseball-Spieler treffen jeden dritten Ball und haben in dieser Saison bereits 20 Home Runs geschlagen.
Trotz diesen schlechten Zahlen wurde Tebow zu einem höheren Farmteam befördert. Da fragt man sich natürlich, wieso die Mets das getan haben. Es ist in etwa zu vergleichen mit europäischen Fussball-Clubs, die einen Spieler aus Asien holen, um mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Dies ist den Mets, seit sie Tebow verpflichtet haben, durchaus gelungen. Es kommen viel mehr Fans zu den Spielen der Farmteams, und es gibt fast wöchentlich eine Meldung über Tebows Fortschritte. Kritiker behaupten, die Mets benützten Tebows Beförderung, um von einer unter den Erwartungen gebliebenen, schlechten Saison abzulenken.
Die Mets haben eine Bilanz von 34-41, und das Erreichen der Playoffs wird schwer. Tim Tebow wird zwar bei einigen Fans für eine kurzzeitige Ablenkung sorgen, kann allerdings die Saison nicht vergessen machen. Es ist ein nächster Schritt in der Karriere von Tim Tebow, einem Athleten, der mit wenig Leistung und Talent immer noch ein gewisses Medieninteresse mit sich bringt. Irgendwie passt es, dass die Mets in einem sportlich bescheidenen Jahr, dank eines Spielers mit bescheidenden Leistungen, dennoch die Aufmerksamkeit der Medien auf sich ziehen.
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