Vonn und der Traum vom Geschlechterkampf
Die Amerikanerin will im November 2018 gegen die Männer fahren. Was die FIS jetzt antwortet.
322 Tage nach ihrem letzten Weltcup-Einsatz kam Lindsey Vonn in Altenmarkt-Zauchensee zu ihrem Comeback. In der Abfahrt klassierte sie sich als 13. Dass sie bald wieder zuoberst aufs Podest fährt, daran zweifelt niemand. Doch kaum zurück, nannte sie ein anderes, grösseres Ziel. Es ist nicht das erste Mal.
Vonn möchte im November 2018 beim Weltcup in Lake Louise das Männerrennen fahren. «Ich trainiere immer mit Männern. Sie pushen mich, eine bessere Skifahrerin zu sein. Ich fahre immer am besten, wenn ich gegen sie fahre», sagte Vonn in einem Interview mit der «Denver Post». Die Idee ist nicht neu. Schon 2012 bemühte sich Vonn um eine Starterlaubnis im Männerrennen von Lake Louise. Die FIS erlaubte dies damals aber nicht. Nun will die 32-Jährige mit US-Alpindirektor Patrick Riml zusammensitzen, um einen Vorschlag auszuarbeiten, den er im Frühling der FIS vorlegen kann. In den USA hat sie Rückendeckung, US-Verbandspräsident Tiger Shaw steht ebenfalls hinter der Idee.
Auch die Veranstalter in Lake Louise sind nicht abgeneigt, würde ein solches Rennen doch grosse Aufmerksamkeit generieren. In Lake Louise fahren Männer und Frauen seit Jahren auf der fast gleichen Strecke. Zudem ist es eine Gleiterstrecke, Gefühl und Finesse sind da genauso wichtig wie Kraft. Und Vonn fühlt sich im kanadischen Winterresort wohl. 18 ihrer 76 Weltcupsiege hat sie da gefeiert. «Ich weiss, dass ich nicht gewinnen werde», sagt Vonn. «Doch ich habe genügend Weltcup-Rennen gewonnen, mir genügend Respekt erarbeitet, um diese Möglichkeit zu erhalten.»
«Bei uns fahren Frauen gegen Frauen»
So begeistert aber die Amerikaner ob dieser Idee sind, so wenig amüsiert ist die FIS. Renndirektor Atle Skårdal äusserte sich gegenüber der «Denver Post» abweisend: «Ich sehe das Interesse nicht. Für mich ist es ein sinnloser Vergleich. Es macht nichts, ob sie eine Sekunde zurück oder eine halbe Sekunde voraus ist. Bei uns fahren Frauen gegen Frauen und Männer gegen Männer. Für mich spielt es keine Rolle, welches Geschlecht schneller oder langsamer ist. Nur weil eine Fahrerin das will, heisst es nicht, dass es auch eine gute Idee ist. Ich kenne keinen anderen Sport, der in diese Position gebracht wurde.»
Doch da hat der Norweger nicht genügend weit gedacht. In der Geschichte des Sports kam es immer wieder vor, dass Frauen gegen Männer antraten. Die wohl berühmteste Episode, der «Battle of the Sexes», war zwar ein einmaliges Exhibition-Spiel – die US-amerikanische Tennisspielerin Billie Jean King schlug da den ehemaligen Wimbledon-Sieger Bobby Riggs 6:4, 6:3, 6:3. Doch in anderen Bereichen, wie beispielsweise dem Automobilsport, treten Frauen immer wieder gegen Männer an. Die Amerikanerin Danica Patrick fuhr 7 Jahre Indycar, 2008 gewann sie als erste Frau ein Rennen. Nun fährt sie Nascar.
Auch im Golf startete die Schwedin Annika Sörenstam 2003 an einem Männerturnier. Sie schaffte den Cut zwar nicht, nennt die Erfahrung aber trotzdem eines der Highlights ihrer Karriere. «Wenn du zu einem bestimmten Punkt kommst, brauchst du etwas, das dich noch mehr motiviert», sagte Sörenstam in der «Denver Post». Sie kann Vonns Wunsch gut nachvollziehen.
Gut: Es genügt mir, mit den Männern zu trainieren
Bei Vonns Konkurrentinnen und Trainingskollegen sind die Meinungen unterschiedlich. Steven Nyman, der schon oft mit Vonn trainierte, würde das Duell gerne annehmen: «Im Training mit uns war sie sehr schnell. Die Topfahrer schlug sie nicht, aber die Jungen liess sie einige Male hinter sich. Sie hat Speed, ich sagte es von Anfang an. Ich glaube, sie kann in die Top 30 fahren.»
Lara Gut, Vonns Rivalin und im vergangenen Winter härteste Konkurrentin im Rennen um den Gesamtweltcup, trainiert ebenfalls mit Männern. Sie sagt: «Es ist ihre Entscheidung, ihr Plan, ich habe damit nichts zu tun. Ich habe keine Meinung dazu. Ich werde weiterhin Frauenrennen fahren, lasse mich aber gerne von den Männern inspirieren. Ich habe schon viel mit Männern trainiert, ich möchte nicht gegen sie fahren. Es genügt mir, mit ihnen zu trainieren.»
Alexandra Meissnitzer, zweifache Weltmeisterin und mittlerweile Co-Kommentatorin bei ORF, hat eine pointiertere Meinung: «Die Männer können nur verlieren. Wenn Vonn viel langsamer ist, dann sagt jeder: ‹Gut, das haben wir erwartet.› Aber keiner will der sein, der von einer Frau geschlagen wird. Darum wird es nicht passieren.»
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